Der Engelspapst
gezücktem Dolch.
«Ihr, Rosin, und die Kurtisane? Und weshalb habt Ihr ein blutiges Schwert in der Hand?»
Ich erklärte es ihm in kurzen Worten und er ließ uns eintreten.
Es war ein großer Raum, angefüllt mit den unterschiedlichsten Werkzeugen: Hämmer, Meißel, Feilen, Sägen und dergleichen mehr. Die Gerätschaften waren in der Mehrzahl klein und zierlich, wie Goldschmiede oder Graveure sie benutzen.
An einem großen Tisch am Fenster saß ein weißhaariger Mann und hielt einen Smaragd in einer fein gearbeiteten Goldfassung gegen das Licht.
«Unsere Zusammenarbeit hat sich bewährt, Meister Cellini», sagte er mit heiserer Stimme. «Wer das Original nicht gesehen hat und nur aus der Beschreibung kennt, wird die Fälschung nicht bemerken.»
«Fälschung?», fragte ich ungläubig und starrte Cellini an. «Das ganze Abenteuer nur, um einen falschen Smaragd herzustellen?»
«Nein, der Stein ist echt», erklärte Cellini. «Ein echter Smaragd, aber mit einer falschen Gravur.»
Er trat zu dem Tisch und nahm dem Weißhaarigen den Edelstein aus der Hand, um ihn in die Schatulle zu legen, die ich erstmals im päpstlichen Speisesaal der Engelsburg gesehen hatte.
Ein zweiter Smaragd in dem mit rotem Samt ausgeschlagenen Kasten, in Farbe, Form und auch in der goldenen Einfassung dem anderen vollkommen gleich, wie mir schien. Cellini klappte den Deckel rasch zu, sodass mir ein zweiter Blick verwehrt blieb. Er zog eine dünne Kette mit drei Schlüsseln hervor und verriegelte die drei Schlösser der Schatulle.
«Seid Ihr so in Eile?», wunderte der Weißhaarige sich. Er schien Caterina und mich erst jetzt zu bemerken und deutete eine Verbeugung an. «Meister Lorenzo, Edelsteinschleifer, zu Euren Diensten.»
«Nach allem, was ich von meinem Begleiter gehört habe, drängt die Zeit», unterband Cellini weitere Förmlichkeiten.
«Unsere Vorsichtsmaßnahmen waren leider nicht ausreichend.»
«Wir haben alles erledigt», sagte Meister Lorenzo, und auf seinem faltigen Gesicht zeigte sich Befriedigung. «Bis auf meinen Lohn.»
«Den sollt Ihr sofort erhalten», erwiderte Cellini und rammte den Dolch, den er noch in der Rechten hielt, dem Alten in die Brust.
Mehrmals drehte er die Klinge herum. Lorenzo starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an, während er von seinem dreibeinigen Schemel auf den Boden rutschte.
«Tot», stellte Cellini befriedigt fest. «Er hätte einen besseren Lohn verdient, aber er wusste zu viel.»
«Gehört das auch zum Auftrag Seiner Heiligkeit?», fragte ich angewidert.
«Zum Auftrag des Heiligen Vaters gehört vollständige Geheimhaltung. Die war nicht länger gegeben, nachdem unsere Feinde Meister Lorenzos Haus kennen. Sie hätten ihn ausgefragt. Sei es unter Zwang oder gegen Entlohnung, irgendwann hätte er ihnen geantwortet. Es ist nicht gut, zu viele Fremde einzuweihen.»
Bei den letzten Worten starrte er Caterina an. Langsam ging er auf sie zu, den Dolch zum Stoß bereit. Meine Schwertspitze an seiner Brust hielt ihn auf.
«Noch einen Schritt, Cellini, und Ihr erhaltet denselben Lohn wie Meister Lorenzo!»
Er sah mich wütend an. «Ihr stellt Euch gegen den Papst, Schweizer?»
«Nein, nur gegen Euch.»
«Aber ohne mich ist die Mission Seiner Heiligkeit nicht auszuführen.»
«Warum nicht? Ich denke, Eure Arbeit hier ist erledigt. Was noch bleibt, ist, die Schatulle zurück zu Papst Clemens zu bringen, habe ich Recht? Das vermag ich ebenso gut wie Ihr.»
Die Wut in Cellinis Antlitz wich einem dünnen Grinsen. «Hüte sich ein jeder vor den Schweizern, wenn sie zu denken beginnen. Und zu lieben.»
Er trat zurück, reinigte seine Klinge an Lorenzos Hemdsärmel und steckte den Dolch in das verborgene Futteral. Dann verstaute er die Schatulle in einem Lederbeutel an seinem Gürtel und sagte:
«Verschwinden wir, bevor es hier ungemütlich wird!»
Vor dem Haus lagen noch die beiden Toten. Nicht weit davon entfernt nahmen wir eine Gondel, die uns auf schnellstem Weg zum deutschen Speicherhaus bringen sollte. Das Fugger’sche Schiff wartete darauf, uns zurück nach Rom zu bringen.
«Ich frage mich, woher die Kerle wussten, dass wir in Venedig sind», sagte Cellini mit düsterer Miene. «Vielleicht hat jemand von der Besatzung unseres Schiffes geplaudert.»
«Es könnte auch der Faktor gewesen sein», warf Caterina ein.
«Am Morgen unserer Abreise, als ich Euch wecken ging, sah ich den Faktor Schauer das Haus verlassen. Er tat sehr geheimnisvoll und hatte sein Gesicht unter einer
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