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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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in dieser kritischen Phase nicht noch mehr auf den Pelz rückt. Er steckt seine Nase in unsere Angelegenheiten, ohne auf unserer Seite zu stehen.»
    «Wir sollten versuchen, ihn auf unsere Seite zu ziehen», entgegnete der Anführer. «Das ist deine Aufgabe, Bruder Utz.»
    «Ich werde mich bemühen, sie zu erfüllen, Haupt der Zwölf.»
    Es war die Stimme von Utz Rasser, die Alexander eben einen Schauer über den Rücken gejagt hatte.
    Er fühlte sich verraten und verkauft, hatte er Utz doch für seinen besten Freund gehalten. Nun ahnte er, dass er die ganze Zeit getäuscht worden war.
    «Alexander Rosin ist vielleicht ein Problem, aber bei weitem nicht das drängendste», mischte sich eine weitere Stimme ein. «Der Anlass unserer außerordentlichen Zusammenkunft ist der Mann, der den Heiligen Stuhl besetzt und sich Papst Custos nennt.»
    «Der Usurpator ist der Antichrist», rief die Stimme eines alten Mannes.
    «Davon müssen wir leider ausgehen», sagte düster der, der zuvor gesprochen hatte, und Alexander erkannte den Staatssekretär des Vatikans, Domenico Kardinal Musolino. «Und wenn er morgen auf der Generalaudienz seine Ankündigung verwirklicht, besteht kaum noch eine Aussicht, ihn vom Stuhl Petri zu verjagen.»
    «Wie sollen wir das verhindern?», fragte die alte Stimme, und auch zu ihr fiel Alexander ein Gesicht ein, das des Kardinalprotodiakons Gianfranco Tamberlani.

    «Ich werde es verhindern.» Das war zweifellos Riccardo Parada, der Sicherheitschef des Vatikans. Energisch fuhr er fort:
    «Der, der sich Heiliger Vater nennt, wird die Audienzhalle nicht erreichen, nicht lebend. Ich habe bereits entsprechende Vorkehrungen getroffen und brauche nur das Einverständnis des Zirkels.»
    «Wann … soll es geschehen?», fragte die monotone Stimme von Monsignore Wetter-Dietz.
    «Kurz bevor er die Audienzhalle betritt», antwortete Parada.
    «Also in der Öffentlichkeit?» Wetter-Dietz klang erschrocken.
    «Etwa ein Attentat?»
    «Warum nicht?», entgegnete Parada. «Wenn ein Papst so kurz nach seiner Wahl stirbt, wuchern die Gerüchte sowieso in alle nur denkbaren Richtungen. Das Wort ‹Attentat› wird in jeder Zeitung und jeder Nachrichtensendung fallen. Warum nicht gleich ein Attentat inszenieren und die Schuld durch fingierte Indizien den Feinden des Glaubens in die Schuhe schieben?»
    «Der Glaube hat viele Feinde», versetzte Musolino mit leichtem Sarkasmus.
    «Ich spreche von den Moslems. Gardien hat die Aussöhnung mit dem Islam angekündigt. Den strenggläubigen Anhängern des Propheten Mohammed schmeckt das ebenso wenig wie uns.
    Was liegt näher, als der Welt einen radikal fundamentalistischen Moslem als Papstmörder zu präsentieren?»
    «Ein guter Gedanke», lobte das Haupt der Zwölf. «Und ein guter Plan, falls er funktioniert.»
    «Dafür verbürge ich mich», sagte der Generalinspektor des Vigilanzakorps.
    «Wer ist dafür, dass wir Bruder Riccardo mit der Bereinigung dieser Angelegenheit betrauen?», fragte das Haupt der Zwölf und erhielt ein vielstimmiges «Ich» zur Antwort. «Dann ist es beschlossen, dass Bruder Riccardo uns von dem Teufel im Papstrock befreien soll!»
    Dann ist es beschlossen, dass Bruder Riccardo uns von dem Teufel im Papstrock befreien soll!

    Der Satz hallte Alexander noch in den Ohren wider, als sie das unterirdische Labyrinth längst verlassen hatten und in einem Café am Corso Vittorio Emanuele saßen. Draußen floss träge der Autoverkehr dahin. Geschäftsleute im Anzug oder eleganten Kostüm und mit Kamera und Stadtplan bewaffnete Touristen eilten an den großen Fenstern vorüber. Dicke Regentropfen klopften schwer und dumpf gegen die Scheiben. Die Welt hatte ihn und Elena wieder, aber sie kam ihm unwirklich vor. Sie hatten soeben eine andere Welt kennen gelernt, die nur ein paar Meter unter ihnen lag. Dort hatten ein paar Männer über das Schicksal der oberen Welt beratschlagt. Und entschieden.
    Die Erinnerung an die Stimmen, die er erkannt hatte, schnürte ihm die Kehle zu. Obwohl er sehr durstig war, rührte er sein Bitter Lemon kaum an. Er konnte einfach nicht. Die Gesichter der Männer, der Verschwörer gegen den Papst, die im Vatikan einflussreiche Posten innehatten, zogen an ihm vorüber: Der neue Kommandant der Schweizergarde, der Sicherheitschef, der Staatssekretär, der Kardinalprotodiakon und Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, der Pressesprecher – die Verschwörer schienen an alles gedacht und alle wichtigen Posten besetzt zu haben.
    Aber die

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