Der Engelspapst
geschlafen!»
Ilaria hatte den letzten Riemen geöffnet und lächelte ihn an.
«Das hat Ihnen gut getan, nicht wahr? Der Professor hat Ihnen ein starkes Schlafmittel gegeben, weil er meinte, das sei bei Ihrer physischen und psychischen Erschöpfung das Beste.» Sie rückte das Tablett zurecht. «Und jetzt frühstücken wir ordentlich!»
Er verspürte nicht den geringsten Hunger. Dafür bedrängten ihn hundert Fragen. «Was ist mit Elena? Ist der Papst wirklich tot? Und der Attentäter, ist er …»
«Später», säuselte Ilaria. «Das können Sie alles später klären, Signor Rosin. Jetzt wollen wir frühstücken.»
Sie goss aus einem verzierten Kännchen dampfenden Tee in eine Tasse mit demselben Dekor. Wütend schlug er sie ihr aus der Hand. Die Schwester taumelte zurück und riss dabei das ganze Tablett zu Boden. Die teure Kanne zersprang. Brötchen, Margarine, Marmelade, Wurst und Käse verteilten sich auf dem Parkett.
«Ich habe keinen Hunger! Begreifen Sie das?»
«Ich schon.» Sie machte einen Schmollmund. «Aber dass der Professor dafür Verständnis aufbringen wird, bezweifle ich.»
«Rufen Sie ihn her und fragen Sie ihn!», verlangte Alexander.
Die Unterhaltung mit Schwester Ilaria brachte ihn nicht weiter; er hoffte, dass Orlandi seine Fragen beantworten würde.
«Wie Sie wünschen, Signore.»
Sie griff nach dem Hörer des Telefons, das neben seinem Bett an der Wand hing.
Er stand langsam auf und bekämpfte ein Schwindelgefühl, das die Wände ins Kreiseln bringen wollte. Beiläufig stellte er fest, dass er einen blauen Pyjama trug. Auf nackten Füßen wankte er durch das luxuriöse Krankenzimmer zum Fenster. Vor einem Wandspiegel, eingefasst in einen aufwendig geschnitzten Rahmen, blieb er stehen. Im ersten Augenblick glaubte er, eine Mumie glotze ihn aus dem Spiegel an. Sein Gesicht war bandagiert. Nur Augen, Mund und ein Stück Nase schauten hervor.
Als seine Hände unwillkürlich zum Gesicht fuhren, sagte Ilaria streng: «Lassen Sie das besser! Professor Orlandi wird Ihnen schon sagen, wann Sie den Verband abnehmen können.
Übrigens wird er gleich hier sein. Sie legen sich am besten wieder hin.»
Aber er ging weiter zum Fenster und blickte auf den Vorplatz der ominösen Privatklinik. Der Park dahinter sah chaotisch aus.
Der Sturm hatte Äste geknickt und abgerissen, Bäume und Buschwerk halb entlaubt. Der unbefestigte Platz war ein Meer aus Schlamm, durch das sich Reifenspuren zogen. Bei seiner Ankunft hatte ein halbes Dutzend Wagen dort geparkt, jetzt waren es doppelt so viele. Donatis Fiat befand sich nicht darunter. Es war noch immer stark bewölkt. Das Unwetter hatte sich nicht verzogen, sondern nur eine Pause eingelegt. Vor dem Haus stand Jupiter Fulgur und schwang den zerstörerischen Blitz.
Zwei Männer betraten den Raum, Orlandi und Donati.
«Hinlegen oder wenigstens ins Bett setzen, aber nicht mit nackten Füßen hier herumstehen!», befahl der Professor.
Alexander gehorchte, um langwierige Diskussionen zu vermeiden. Orlandi schickte Ilaria, die inzwischen das verschüttete Frühstück und die Scherben aufgesammelt hatte, hinaus.
«Sie haben wohl ein paar Fragen», meinte der Professor.
«Aber sagen Sie mir erst, wie es Ihnen geht.»
«Ein leichtes Schwindelgefühl, und mein Gesicht ist ganz taub.»
«Wunderbar», befand Orlandi. «Dann ist alles normal.»
Alexander konnte nicht länger an sich halten und fragte: «Hat man Elena gefunden?»
Donati trat an sein Bett und setzte eine betrübte Miene auf.
«Leider nicht. Sie und der Attentäter sind spurlos verschwunden. Die Kollegen haben nur den Ü-Wagen gefunden.»
«Etwa wieder an der Stazione Termini?»
«Nein», antwortete der Commissario. «Der Wagen stand verlassen auf dem Hinterhof einer stillgelegten Schreinerei am Westhang des Gianicolo. Ich komme gerade aus dem Präsidium.
Zum Glück stehe ich nicht unter Verdacht. In dem Chaos und bei dem Wolkenbruch gestern hat sich niemand das Kennzeichen meines Wagens gemerkt.»
«Wie schön für Sie!», brummte Alexander.
Er machte sich schwere Vorwürfe, weil er Elena nicht aus der Sache herausgehalten hatte. Aber wie hätte er das tun können?
Obwohl er sich immer wieder sagte, dass Elena sich ohnehin nichts vorschreiben ließ, fühlte er sich verantwortlich für das, was mit ihr und Spartaco geschehen war. Er erkundigte sich nach Negro.
«Er ist mit einem blauen Auge davongekommen», sagte Donati. «Genauer ausgedrückt, mit einem leichten Streifschuss am
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