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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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wäre ich nicht hier.»
    Als sie hinter der nächsten Krümmung des Stollens in Deckung gingen, sagte Alexander dem Commissario, wie sehr er seine Gelassenheit bewundere.
    «Sie täuschen sich, Rosin, in Wahrheit bin ich sehr aufgeregt.
    Ich brenne darauf zu erfahren, was hinter der Trennwand liegt.»
    Im nächsten Moment drückte er auch schon auf den Knopf des handtellergroßen Funksenders.
    Der Sprengzünder empfing das Signal, und die Druckwelle der Explosion rollte durch den Stollen. Ob der dumpfe Donner ein paar Meter weiter oben gehört wurde, war schwer zu sagen.
    Staub drang in Augen, Nasen und Münder. Die Männer spuckten und husteten.
    Alexander reinigte sein Gesicht mit einem Taschentuch und spürte dabei ein schmerzhaftes Ziehen seiner um die Nase herum angeschwollenen Haut. Vor ihrer Fahrt zum Largo di Torre Argentina hatte Orlandi ihm den grellweißen Verband abgenommen. Das hautfarbene Pflaster, das jetzt auf der Nase klebte, fiel bei flüchtigem Hinsehen kaum auf.
    Langsam schoben die sechs Männer sich um die Biegung und richteten ihre Scheinwerfer auf die Geröllwand. Als der Nebel aus aufgewirbeltem Staub sich verzogen hatte, entdeckte Donati als Erster das Loch in der Wand. Es hatte nur einen halben Meter Durchmesser, aber es war ein Loch.
    Mit bloßen Händen erweiterten sie es, ganz vorsichtig Stein für Stein, damit nicht loses Geröll nachrutschte. Endlich war die Öffnung groß genug, dass sie sich hindurchzwängen konnten.
    Einer nach dem anderen schob erst den Rucksack mit der Ausrüstung und dann sich selbst durch die Lücke. Und dann standen sie in dem Raum, in dem der Zwölferzirkel seine geheimen Treffen abhielt, in der Edelsteinkapelle.

    Ovasius Shafqat fragte sich, ob Jean-Pierre Gardien wirklich am Leben war. Vielleicht verliehen ihm nur die unablässig summenden und piependen Geräte, an die er angeschlossen war, den Anschein von Leben. Der Papst lag noch genauso still und –
    scheinbar? – leblos im Bett wie einige Stunden zuvor, als die Ärzte ihn totgesagt hatten.
    Am liebsten hätte Shafqat sich noch einmal über ihn gebeugt, sich mit ihm verbunden, um ihn aus dem Koma zu reißen. Doch dieser Wunsch war unsinnig. Er allein war viel zu schwach, seine Kräfte reichten an die Gardiens nicht heran. Der Papst war der Stärkste von ihnen, ein Ausnahmefall. Schon sein erster Kontakt zu dem vermeintlich Toten, dessen letzte Lebensenergien er geweckt hatte, hatte Shafqat völlig entkräftet.
    Nur gemeinsam konnten die Auserwählten ihrem Bruder helfen.
    «Sie sollten endlich schlafen gehen, Don Shafqat», sagte der selbst hoffnungslos übermüdete Dr. Secchi. Unter den Augen des Arztes hatten sich tiefe Ringe eingegraben, fast noch schwärzer als seine kräftig sprießenden Bartstoppeln.
    «Sie auch», erwiderte der Ire.
    Secchi lächelte schwach. «Sie haben Ihre Arbeit getan, ich noch nicht. Apropos, wie haben Sie das hingekriegt?»
    «Fragen Sie bei Ihrem nächsten Gebet den heiligen John Kemble, Doktor.»

    «Das werde ich. Und ich werde ihn bitten, jeder Intensivstation auf dieser Welt eine solche Hand zu spenden.»
    Shafqat sah auf das schwarze Zifferblatt seiner Armbanduhr.
    Einige Minuten nach Mitternacht; er musste aufbrechen. Nur ungern ließ er Gardien allein. Aber solange Secchi Wache hielt, würde der Papst sicher sein – hoffte er.
    «Sie haben Recht, Doktor, etwas Schlaf könnte mir nicht schaden. Gute Nacht. Und stopfen Sie nicht zu viele Pillen in sich rein, um wach zu bleiben.»
    Secchi versprach es, und Shafqat verließ nach einem letzten Blick auf den Bewusstlosen die Krankenstation. Allerdings suchte er nicht seine kleine Wohnung im Apostolischen Palast auf. Zielstrebig durcheilte er das weitläufige Gebäude und trat durch eine versteckte Tür, die eigentlich hätte verschlossen sein müssen und die er schon vor Stunden mit einem Dietrich geöffnet hatte, auf die Piazza del Forno hinaus.
    Im Schatten der Sixtinischen Kapelle blieb er stehen und atmete tief durch. Der kühle Wind, der vom Tyrrhenischen Meer nach Rom herüberwehte, tat ihm gut und trocknete den Schweiß auf seiner Stirn. Hinter ihm ragte der Apostolische Palast auf, ein finsterer Riesenklotz in wolkenverhangener Nacht. Vor ihm verband sich die üppige Bepflanzung der vatikanischen Gärten mit den verschiedenen Gebäuden, die wie zufällig hingesetzt wirkten, zu einem undeutlichen Gespinst ineinander verschlungener Formen. Ein paar Laternen beleuchteten die Straßen und Plätze des kleinen

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