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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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Nordende der Insel an, weit ab vom Schloss und den Bootsschuppen, die vermutlich streng bewacht wurden.
    Dort zu landen wäre verrückt gewesen. Nun sprangen sie ins flache Ufergewässer, um die Saints Bay das letzte Stück zu schieben und zu ziehen. Einmal stolperte Alexander und fiel so hart auf einen Felsen, dass der Neoprenanzug einen Riss bekam und er sich das linke Knie aufschlug. Dann war es vollbracht, sie zogen das Boot ans Ufer.
    «Ein kleines Wunder, dass wir heil durchgekommen sind!»
    Alexander setzte sich auf einen der vom Wasser gerundeten Steine und atmete tief durch.
    Spartaco zuckte mit den Schultern, als sei dies seine leichteste Übung gewesen. «Auf dieses Wunder mussten wir doch hoffen.»
    Sie zogen das Boot in eine enge Felsspalte, wo die Wellen nicht genügend Kraft hatten, es zu entführen. Zudem boten die steil aufragenden Klippen einen guten Sichtschutz.
    Das Schloss war von hier unten nicht zu sehen. Zuvor, beim Durchqueren der natürlichen Sperre aus Meeresfelsen, hatten sie geglaubt, ein paar brennende Lichter im Schloss zu erkennen, doch das konnte auch das Funkeln der Sterne gewesen sein.
    Sie nahmen ihre Ausrüstung an sich und gingen zu der Uferhöhle, deren Lage sie sich genau eingeprägt hatten.
    Nachdem sie am frühen Nachmittag von Sark zurückgekehrt waren, hatte Spartaco die Filme noch am Hafen zur Entwicklung gebracht, bei Guemsey Photographics an der Glategny Esplanade. «One Hour Film Processing» war nicht zu viel versprochen. Beim sorgfältigen Betrachten der Fotos hatten sie ihren Weg auf das Plateau von Brecqhou gefunden: einen streckenweise zum Meer hin offenen Klippenkamin, der unten in eine offene Höhle mündete.
    Als sie in die Höhle eintauchten, schalteten sie erstmals ihre Handscheinwerfer ein. Das vom Wasser geglättete Felsgestein glitzerte im Licht noch viel eindrucksvoller als der künstliche Schmuck der Edelsteinkapelle. Sie standen bis zu den Knien im Nass, und jeder Schritt wurde von einem Plätschern begleitet.
    Am Kamin endete die Höhle.
    «Schwein gehabt», sagte Alexander, als er den Kopf in den Nacken legte und weit über sich den Sternenhimmel erblickte.
    «Es geht tatsächlich bis oben durch. Und der Schacht ist eng genug.»
    «Über fünfzig Meter, das ist kein Sonntagsspaziergang», meinte Spartaco. «Geh du voran.»
    Es war das erste Mal, dass er Alexander duzte, und damit war seine Aufforderung ein zweifacher Vertrauensbeweis. Als zweiter Mann trug er das doppelte Risiko. Stürzte Alexander ab, würde er den Italiener unweigerlich mit sich reißen. Hätte einer unten gewartet, bis der andere oben war und ein Seil herunterlassen konnte, wäre zu viel kostbare Zeit vergangen. Ihr Zeitplan war eng, sie mussten Brecqhou noch bei Dunkelheit wieder verlassen, wollten sie unentdeckt bleiben. Den Platz im Boot, den ihr Gepäck eingenommen hatte, würde dann Elena ausfüllen. Hoffentlich!
    Zunächst sah es allerdings so aus, als würde Alexander keine zehn Meter weit kommen. Den Rucksack vor den Bauch geschnallt, den Rücken gegen die eine Kaminwand und die Füße gegen die gegenüberliegende gestemmt, schob er sich Stück für Stück nach oben – bloß um immer wieder abzurutschen. Besorgt sah Spartaco zu, wie er sich vorbeugte und seine Stiefel aufschnürte.

    «Es geht nur mit nackten Füßen», erklärte Alexander.
    Und er behielt Recht. Mit den bloßen Füßen fand er genügend Halt. Immer weiter arbeitete er sich nach oben und fünf Meter unter ihm folgte Spartaco auf dieselbe mühselige Weise. Die Muskeln schmerzten, doch der näher rückende Sternenhimmel spornte sie an.
    Hin und wieder, wenn der Kamin sich auf der Seeseite öffnete und Alexander unter sich die felsige Küste erblickte, wurde ihm bewusst, in was für einer gefährlichen Höhe sie kletterten.
    Ein zynischer Gedanke kam ihm: Er musste seinem Vater für das Bergsteigen in den Berner Alpen dankbar sein. Ohne Markus Rosins hartes Training hätte er das hier kaum geschafft.
    Die Stimme seines Vaters klang ihm in den Ohren, als wäre es gestern gewesen: Nur nicht aufgeben, Sohn, ich werde aus dir einen Mann machen!
    «Kommt nur weiter, Leute, gleich habt ihr’s hinter euch!» Die Stimme kam nicht aus seiner Erinnerung, sondern von der oberen Öffnung des Kamins, von der Alexander keine zehn Meter mehr entfernt war. «Behaltet die Hände an der Felswand!
    Das ist besser für eure Sicherheit, in doppelter Hinsicht.» Der Mann sprach Englisch mit einem starken Akzent.
    Erschrocken

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