Der Engelspapst
jedem Luxushotel Ehre gemacht hätte.
«Danach», antwortete der andere ohne jeden Funken Humor.
Die drei blieben im Zimmer, folgten ihm aber wenigstens nicht ins Bad. Sein aufgeschlagenes Knie brannte, als es mit der Seife in Berührung kam. Die belebende Dusche tat unendlich gut und für kurze Zeit vergaß er seine ausweglose Lage. Vielmehr fühlte er sich wie ein Urlauber am Morgen eines verheißungsvollen Tages.
Ein Elektrorasierer lag bereit und er benutzte ihn. Er war Soldat und überzeugt davon, dass die äußere Erscheinung das innere Befinden beeinflusste, wie es auch umgekehrt der Fall war. Die Kriegsgeschichte hatte nur selten eine zerlumpte Armee mit hoher Kampfmoral gesehen. Er wusste nicht, was ihn in diesem unwirklichen Schloss erwartete, aber er wollte dem Unbekannten in bestmöglicher Verfassung entgegentreten.
Auch das üppige englische Frühstück, das er mit einer Kanne heißen Kaffees hinunterspülte, belebte Alexanders Kräfte. Er aß ohne Appetit, aber mit großem Hunger. Nachdem er die saubere Kleidung angezogen hatte, war er von seinen Bewachern ein Stockwerk tiefer in diesen kleinen Salon mit Meerblick gebracht worden. Die junge Frau, die ihn lächelnd nach seinen Frühstückswünschen fragte, ließ einmal mehr den Eindruck entstehen, es handele sich hier um einen Urlaubsaufenthalt.
Wäre sie nicht völlig ungeschminkt gewesen und hätte sie nicht ein schlichtes schwarzes Kleid mit dem Totus-Tuus-Wappen getragen, hätte sie glatt als Bedienung in einem der zahlreichen Touristenhotels auf der nahen, fernen Insel Guernsey durchgehen können.
Als Alexander die restlichen Bohnen auf seinem Teller mit Gabel und Messer zusammenschob, rief der Mann mit dem markanten Kinn: «Achtung, der General!»
Die drei Wachen nahmen, zur Tür gewandt, Haltung an.
«Stehen Sie bequem», sagte der Eingetretene beiläufig und steuerte den Tisch an, an dem Alexander saß. «Bohnen, Speck, Würstchen, Rührei und Toast. Du hast schon immer ein kräftiges Frühstück geschätzt, Alexander.»
«Ein richtiger Mann braucht ein richtiges Frühstück.» Er starrte den anderen an. «Hast du mir das nicht eingetrichtert, Vater?»
Sollte er erschüttert sein? Überwältigt? Hätte er das Gefühl haben müssen, der Boden schwanke unter seinen Füßen? Sollte er aufspringen und den Vater, den er zehn lange Jahre für tot gehalten hatte, umarmen?
Er war weder überwältigt noch erfreut. Seit sie das Treffen in der Edelsteinkapelle belauscht hatten, war ihm klar, dass Markus Rosin lebte und ganz bewusst keinen Kontakt zu ihm aufgenommen hatte. Umarmungen wollte er nicht von seinem Vater – er wollte Antworten.
Auch Markus Rosin traf keine Anstalten zu einer herzlichen Begrüßung. Steif wie eh und je stand er da, äußerlich kaum verändert. Kein Gramm überflüssiges Fett schien an seinem sehnigen Körper zu hängen. Nur das Gesicht war etwas faltiger, und das streichholzkurze Haar war grau geworden. Er trug ähnliche Kleidung wie die drei Wachen. An seinen Schultern prangte zusätzlich der weiße Krebs. Bewaffnet war er nicht.
«Ihr könnt gehen», sagte er zu seinen Männern. «Ich rechne nicht mit Schwierigkeiten.»
«Wie Sie befehlen, General», erwiderte der Kirk-Douglas-Verschnitt.
Alexander sagte, jetzt auf Deutsch: «Als wir uns zuletzt gesehen haben, warst du noch Oberst. Wer hat dich befördert?
Bestimmt nicht die Schweizergarde oder die Schweizer Armee.»
Markus Rosin zog sich einen Stuhl heran und setzte sich Alexander direkt gegenüber. «Auf meinen Posten wird man nicht befördert, sondern gewählt.»
«Wer hat dich gewählt, die Köpfe von Totus Tuus?»
«Respekt, mein Sohn, du bist gut informiert.»
«War nicht weiter schwer.» Alexander deutete auf das Kreuz, das die linke Brust seines Vaters zierte. «Was hast du als General von Totus Tuus für Pläne? Willst du ein neues Kreuzfahrerheer aussenden, um die Welt im Sinne deines Ordens zu bekehren?»
«Die militärische Hierarchie ist bei einer so großen Organisation sehr hilfreich. Doch wir verfolgen keine militärischen Ziele. Bekehrung tut Not, gerade in wirren Zeiten wie den unseren, aber nicht mit Waffengewalt.»
«Nicht mit Waffengewalt?» Alexander stieß ein heiseres, bitteres Lachen aus. «Und wie nennst du das, was ihr mit dem Papst gemacht habt? Den Anschlag auf der Piazza Farnese? Von den Morden an Onkel Heinrich und Tante Juliette, an Pater Borghesi, Ovasius Shafqat und anderen ganz zu schweigen!
Waren das friedliche
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