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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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rohen Händen dirigierten, ihn brachten. Doch war er sich ziemlich sicher, dass seine Kerkerzelle im Keller des trutzigen Schlosses lag. Es war über mehrere Treppen in die Tiefe gegangen, wo es kalt und feucht war. Den Sack und die Handschellen hatten sie ihm erst in der Zelle abgenommen. Hier gab es keine Möglichkeit zu fliehen.
    Wände, Boden und Decke bestanden aus rohem Felsgestein.
    Eine Holzpritsche mit einer kratzigen Wolldecke stellte die ganze Einrichtung dar, es gab weder ein Fenster noch künstliches Licht. Die schwere Eisentür hätte einem Hochsicherheitstrakt zur Ehre gereicht. Ohne ein weiteres Wort hatten die bewaffneten Fremden ihn hier allein gelassen.
    Die drei Männer, die jetzt hereinkamen, gehörten zu denen, die ihn hergebracht hatten. Sie trugen schwarze Hosen und Jacken.
    Auf der linken Brustseite der Jacken prangte ein weißes Kreuz, dessen Balken oben und rechts von Querstrichen begrenzt wurden. Wie zwei übereinandergelegte Ts, die sich im 90-Grad-Winkel kreuzten. Oder wie zwei Taukreuze, die in der Offenbarung des Johannes das Siegel Gottes waren, das Zeichen der Erlösung. Im oberen rechten Feld zwischen den Balken war ein Krebs abgebildet. Das Tier, das den Panzer wechseln konnte, galt als Symbol der Auferstehung Christi. Das Doppel-T-Kreuz war ganz offensichtlich das Wappen von Totus Tuus.
    Die Männer sahen allerdings nicht aus, als würden sie das ewige Leben bringen – eher den schnellen Tod. Pistolentaschen hingen an ihren Hüften. Einer hatte die Waffe gezogen und zielte auf Alexander; es war eine Glock-Automatik. Groß und muskelbepackt erinnerte der Mann ihn entfernt an Spartaco.
    Die beiden anderen kannte er. Gegen den Dunkelhäutigen mit der wallenden Lockenpracht und dem breiten Mund hatte er auf der Baustelle in den Albaner Bergen gekämpft. Dem Kerl mit dem kantigen Gesicht und dem Kirk-Douglas-Kinn war er schon zweimal begegnet. Der hatte auf der Piazza Farnese auf ihn und Donati geschossen und im Vatikan auf den Papst. Und er war Elenas Kidnapper.
    Alexander sprang von der Pritsche, trat ihm entgegen und schrie: «Was habt ihr mit Elena gemacht? Wo ist sie?» Auf Englisch, weil auch die Totus-Tuus-Männer die Sprache benutzt hatten.
    Der Muskulöse stieß die Glock warnend nach vorn. «Maul halten und mitkommen!»
    Die beiden anderen nahmen ihren Gefangenen in die Mitte, und der Muskelmann marschierte hinterher. Alexander zweifelte nicht daran, dass ihm ein Fluchtversuch nichts als einen Schuss in den Rücken einbringen würde. Also ging er mit und fühlte bei jedem Schritt den kalten Stein. Barfuß und in dem zerschlissenen Neoprenanzug gab er vermutlich ein reichlich kurioses Bild ab.
    Seine ursprüngliche Befürchtung, dass es vom Kerker geradewegs in die Folterkammer gehen würde, bestätigte sich nicht. Der Weg führte treppauf. Elektrische Wandleuchten erhellten die Gänge und Treppen. Der Strom musste auf dieser Insel mit eigenen Generatoren erzeugt werden. Nach mehreren Treppen schlug ihnen helles Tageslicht entgegen, woran Alexander erkannte, dass er viele Stunden geschlafen hatte. Die Treppe mündete in einen Gang mit dick verglasten Bogenfenstern. Der Blick ging nach Norden hinaus. Jenseits von Brecqhous gewellter Landmasse lag das Meer, das diesen Flecken Erde von allem abschloss, von den Gesetzen der Menschen und von möglicher Hilfe. Den Schatten nach zu urteilen, musste es ungefähr neun oder zehn Uhr vormittags sein. Da seine Wächter ihm in der Nacht mitsamt seiner Ausrüstung auch die Armbanduhr abgenommen hatten, konnte er nur mutmaßen.

    Weitere Treppen führten zwei Stockwerke nach oben. Überall gab es Gemälde, Skulpturen und Kronleuchter – genau die Pracht, die der äußere Anblick des Schlosses versprach.
    Alexander hatte anderes im Kopf und sah nur flüchtig hin, hegte aber keinen Zweifel daran, dass es sich bei den Kunstwerken um Originale handelte. In einem geräumigen, behaglich eingerichteten, aber für seinen Geschmack zu plüschigen Zimmer wartete ein Stapel frischer Kleider auf ihn. Obenauf lagen eine dunkle Baumwollhose und ein weiter Wollpullover.
    Vor dem Bett stand ein Paar leichter Leinenslipper.
    «Das können Sie anziehen, nachdem Sie sich frisch gemacht haben», sagte der Mann mit dem eingekerbten Kinn und zeigte auf eine offene Tür, die in ein marmorgekacheltes Bad führte.
    «Und wann gibt’s Frühstück?» Alexander fand die Situation grotesk. Er wurde behandelt wie ein Schwerverbrecher, aber in ein Zimmer gebracht, das

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