Der Engelspapst
nicht Hand an sie gelegt.»
«Sie kannten die Kleine also?»
«Ich hatte mich mit ihr am Ponte Sisto verabredet. Als ich ankam, muss sie schon unter der Brücke gehangen haben.»
«Glück für Sie, dass Sie dafür einen Zeugen haben.» Bazzini brachte das reichlich übellaunig hervor.
Alexanders fragender Blick huschte zwischen den beiden Kommissaren hin und her. «Wer ist der Zeuge?»
Bazzini wandte sich zur Tür. «Bringen Sie die beiden rein.»
Einer der Uniformierten verließ das Büro und kehrte kurz darauf in der Begleitung eines Mannes und einer Frau zurück.
Der große kräftige Mann war Alexander unbekannt, die Frau, die einen gestreiften Blazer und schwarze Jeans trug, nicht.
«Sie sind meine Zeugin?», fragte Alexander und starrte sie verblüfft an.
«Nein, er», sagte Elena Vida und zeigte auf ihren Begleiter.
Der trug das dunkle Haar in einer offenen Lockenmähne, die ihn wie den Helden aus einem alten Sandalenfilm aussehen ließ.
Mit seinem kräftigen Körperbau und dem breiten, unbewegten Gesicht erinnerte er Alexander an Victor Mature in Samson und Delilah.
«Spartaco Negro, ein Mitarbeiter von mir.»
«Ich kenne Signor Negro nicht und weiß nicht, wie er meine Unschuld bezeugen kann.»
«Ich habe Sie beobachtet», sagte Negro mit volltönender Stimme.
«Wann?»
«Den ganzen Nachmittag und Abend, von der Piazza Navona bis zum Ponte Sisto.»
«Was? Warum?»
«Auftrag von Elena.»
Nach drei Sekunden des Verdauens sprang Alexander auf und fuhr die Journalistin an: «Sie haben mir nachspioniert? Sie trauen mir wohl nicht!»
Sie blieb ruhig. «Ich traue Ihnen so weit, wie Sie mir vertrauen, Alexander. Von Ihrer Verabredung mit dem Mädchen haben Sie mir nichts erzählt. Im Übrigen sollten Sie froh sein, dass ich misstrauisch war. Ohne Spartacos Aussage stünden Sie jetzt unter Mordverdacht.»
«Die Zeit in der Zelle hat mir gereicht. Wieso hat es überhaupt so lange gedauert?»
«Signorina Vida und Signor Negro haben sich erst kürzlich bei Commissario Donati gemeldet», erklärte Bazzini gereizt. Auch er schien über den Ablauf der Dinge wenig erfreut.
«Elena hatte mich beauftragt, also musste ich ihr erst berichten», sagte Negro.
«Und ich habe beschlossen, mich an Commissario Donati zu wenden», fügte Elena hinzu. «Weil ich wusste, dass Sie mit ihm bekannt sind, Alexander.»
«Sehr fürsorglich», brummte Bazzini. «Nur gut, dass Signor Rosin einen Bekannten bei der römischen Polizei und nicht bei der in Peking hat. Sonst hätten wir noch ein paar Tage auf Signor Negros Aussage warten dürfen. Apropos Aussage, haben Sie die zu Protokoll gegeben?» Er starrte Negro an.
«Ist gerade geschehen, Signor Commissario.»
«Dann können Sie und Ihre fürsorgliche Auftraggeberin jetzt gehen.»
Elena trat einen Schritt vor und funkelte Bazzini an. «Aber ich möchte hören, was Alexander zu sagen hat.»
«Ja, selbstverständlich doch, Signorina.» Bazzini stand auf und bedachte sie mit einem falschen Lächeln. «Ist Ihnen dieses Büro genehm oder wünschen Sie für das Verhör eine Suite im Hassler? Vielleicht möchten Sie auch, dass wir das Fernsehen informieren, damit die Weltöffentlichkeit die Vernehmung live erleben kann?»
Elena ließ sich nicht provozieren. «Ich sehe keinen Grund für Ihre Häme.»
«Ich auch nicht mehr, sobald Sie und Ihr Freund mein Büro verlassen haben. Buon giorno!»
Auf seinen Wink hin geleiteten die beiden uniformierten Polizisten Elena und Negro hinaus. Elenas letzter Blick galt Alexander. Täuschte er sich oder las er Besorgnis darin?
Bazzini wandte sich zu ihm um. « Jetzt können Sie loslegen, Signor Rosin. Was wollten Sie von der Toten?»
«Ich wollte nur etwas von der lebenden Raffaela Sini. Sie war die Freundin von Marcel Danegger.»
«Wer ist das?»
«Der Mann, der erst Signor Rosins Onkel und Tante und dann sich selbst erschossen hat, wenn der Bericht aus dem Vatikan stimmt.» Zum ersten Mal ergriff Donati das Wort.
Bazzini nickte. «Die Freundin des Mannes also, der Ihre Angehörigen ermordet hat. Was zur Hölle wollten Sie von ihr, Rosin?»
«Ich wollte mit ihr sprechen, um zu verstehen, warum Danegger das getan hat.»
«Warum schon?» Bazzini setzte sich wieder auf den Schreibtisch. «Dienstliche Gründe, sagt man.»
«Sagt man, eben. Ich wollte es genauer wissen.»
«Und deshalb haben Sie sich zu später Stunde an einem so romantischen Ort mit der Kleinen verabredet?»
«Sie hat Ort und Zeit vorgeschlagen», erwiderte
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