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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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konzentriert gewesen, Maegwin durch die Kraft seines Willens zum Leben zu zwingen, als dass er darauf geachtet hätte. Er umklammerte die kalte Hand der jungen Frau, als könnte er ihr etwas von seiner eigenen Fieberhitze abgeben.
    Jirikis Gesicht war blutig. »Ihr seid verletzt«, sagte der Graf.
    »Nur ein Schnitt.« Eine wegwerfende Handbewegung. »Eolair, Eure Männer haben tapfer gekämpft.«
    Eolair drehte sich ein wenig, dass er sprechen konnte, ohne den Hals zu verrenken, ließ jedoch Maegwins Finger nicht los.
    »Und die Belagerung ist vorbei?«
    Jiriki zögerte einen Moment mit der Antwort. Plötzlich empfand Eolair bei all seiner Trauer Furcht.
    »Wir wissen es nicht«, sagte der Sitha schließlich.
    »Was heißt das?«
    Jiriki und sein Volk strahlten zu allen Zeiten eine innere Ruhe aus, die sie von Eolair und den anderen Sterblichen unterschied; jetzt aber war der Sitha sichtlich beunruhigt.
    »Sie haben den Bergfried versiegelt. Die Rote Hand ist noch darin. Sie haben ein großes Wort der Verwandlung gesungen, und es gibt keinen Eingang mehr.«
    »Keinen Eingang? Wie kann das sein?« Eolair malte sich riesige Felsblöcke aus, die hinter der Tür aufgeschichtet waren.
    »Kann man denn die Türen nicht aufbrechen?«
    Der Sitha bewegte in einer vogelähnlichen Geste der Verneinung den Kopf. »Die Türen sind da, aber der Turm ist nicht mehr dahinter.« Er runzelte die Stirn. »Nein, das ist missverständlich. Ihr würdet mich für wahnsinnig halten, wenn ich es so ausdrückte, da ja das Gebäude unzweifelhaft noch an seinem Platz steht.« Er lächelteschief. »Ich weiß nicht, ob ich es Euch erklären kann, Graf. In keiner Menschensprache gibt es die richtigen Worte dafür.« Wieder unterbrach er sich. Eolair staunte, einen der Sithi so verwirrt zu sehen … so menschlich. »Sie können nicht hinaus, wir aber auch nicht hinein. Mehr braucht man eigentlich nicht zu wissen.«
    »Aber ihr habt die Mauern gesprengt. Könntet Ihr nicht auch die Steine des Bergfrieds zum Einsturz bringen?«
    »Wir haben die Mauern gesprengt, ja, aber wenn die Hikeda’ya vorher genügend Zeit gehabt hätten, das zu tun, was ihnen jetzt gelungen ist, dann würden diese Wälle noch stehen. Nur etwas ungeheuer Wichtiges kann sie daran gehindert haben, es vor Beginn unserer Belagerung durchzuführen. Aber selbst wenn wir jetzt jeden einzelnen Stein des Bergfrieds abtragen und tausend Meilen von hier fortbringen würden, könnten wir sie nicht erreichen – und doch wären sie noch da.«
    Verwirrt und erschöpft schüttelte Eolair den Kopf. »Ich begreife das nicht, Jiriki. Wenn sie nicht herauskönnen und der Rest von Naglimund uns gehört, brauchen wir uns doch auch keine Sorgen mehr zu machen?« Er hatte genug von den vagen Erklärungen der Friedlichen. Er wollte nur in Ruhe gelassen werden, bei Lluths sterbender Tochter.
    »Ich wünschte, es wäre so. Aber wir wissen immer noch nicht, was sie eigentlich hier wollen. Möglich ist, dass sie, solange man sie an diesem Ort duldet, in der Nähe des A-Genay’asu, immer noch ihren ursprünglichen Plan ausführen können.«
    »Das heißt, der ganze Kampf war sinnlos?« Eolair ließ Maegwins Hand fahren und sprang wutentbrannt auf. »Umsonst? Fünf Dutzend oder mehr tapfere Hernystiri erschlagen, ganz zu schweigen von Euren eigenen Leuten und Maegwin«, er fuchtelte hilflos mit den Armen, » für nichts?« Er schwankte ein paar Schritte vorwärts, den Arm erhoben, als wollte er den schweigenden Unsterblichen schlagen. Jiriki bewegte sich so schnell, dass Eolairs Handgelenke schon gepackt und mit sanftem, aber stählernem Griff festgehalten waren, bevor er überhaupt merkte, dass der Sitha reagiert hatte. Selbst in seinem Zorn staunte er über Jirikis verborgene Kraft.
    »Euer Kummer ist aufrichtig. Auch der meine ist es, Eolair. Undwir dürfen nicht glauben, dass alles umsonst war. Vielleicht haben wir den Hikeda’ya auf eine Weise Schaden zugefügt, die wir jetzt noch nicht verstehen. Vor allem aber sind wir gewarnt und werden vor allen Unternehmungen der Wolkenkinder auf der Hut sein. Einige unserer weisesten und ältesten Sänger werden hierbleiben.«
    Eolairs Zorn verflog und verwandelte sich in Hoffnungslosigkeit. Er sackte zusammen. Jiriki gab seine Arme frei. »Hier bleiben?«, fragte er benommen. »Und wohin wollt Ihr gehen? Zurück in Eure Heimat?« Ein Teil von ihm wünschte, es möge so sein. Sollten doch die Sithi und ihre seltsamen Zauberkünste in ihre Verstecke

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