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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Widerwillig ließ er ihn los. »Ihr benehmt Euch sehr töricht«, sagte er. »Sie gehen doch nirgendwohin.«
    »Ich auch nicht, wenn ich weiter hier liegen bleibe.« Brummend vor Schmerz setzte Isgrimnur die nackten Füße auf den kalten Steinboden. »Ich habe gesehen, was mit meinem Vater Isbeorn geschah. Als sein Pferd ihn abwarf, blieb er den ganzen Winter im Bett. Danach konnte er nie wieder laufen.«
    »Ach du meine Güte. Was tut er … was hat er vor?« In der Tür stand Vater Strangyeard und musterte den Herzog äußerst betrübt.
    »Er steht auf, um sich die Kinder anzusehen«, erläuterte Josua in schicksalsergebenem Ton.
    »Aber … aber …« Der erschrockene Priester gab gackernde Laute von sich.
    »Verflucht, Strangyeard, Ihr hört Euch an wie ein Huhn«, knurrte Isgrimnur. »Macht Euch lieber nützlich. Holt mir etwas zum Sitzen.Ich bin kein solcher Narr, dass ich dabei stehen muss, wenn ich Josuas Erben ein paar Fratzen schneide.«
    Strangyeard huschte verstört hinaus.
    »Jetzt kommt und helft mir, Josua. Zu schade, dass wir keines von diesen Gestellen haben, mit denen man in Nabban einen gepanzerten Mann auf sein Pferd hieven kann.«
    Der Prinz stemmte sich gegen die Bettkante. Isgrimnur hielt sich an seinem Gürtel fest und zog sich hoch. Als er endlich stand, atmete er schwer.
    »Geht es Euch gut?«, erkundigte Josua sich besorgt.
    »Nein. Mir tut jeder verdammte Knochen weh. Aber ich stehe auf eigenen Füßen, und das ist schon etwas.« Seine Lust umherzuwandern schien zu schwinden. »Wie weit ist es?« »Nur ein kleines Stück den Gang hinunter.« Josua schob ihm die Schulter unter den Arm. »Wir gehen ganz langsam.«
    Vorsichtig traten sie in den langen, kühlen Korridor. Nach ein paar Schritten hielt Isgrimnur an und ruhte sich aus.
    »Ich werde ein paar Tage nicht reiten können, Josua«, bemerkte er entschuldigend.
    »Ein paar Tage!« Josua musste lachen. »Tapferer alter Narr! Ich werde Euch wenigstens einen Monat streng verbieten, ein Pferd zu besteigen.« »Ihr könnt mich doch nicht hier zurücklassen, verdammt!«
    »Niemand lässt Euch zurück, Isgrimnur. In den nächsten Tagen werde ich Euch dringender brauchen denn je, ob Ihr kämpfen könnt oder nicht. Auch meine Gattin kann nicht reiten. Wir werden einen Weg finden, Euch beide nach Nabban zu schaffen und wohin immer es von dort weitergeht.«
    »Mit Frauen und Kindern unterwegs!« Der Widerwille in seiner Stimme verdeckte nicht die Furcht.
    »Nur bis Ihr wieder gesund seid«, tröstete Josua. »Aber schwindelt mich nicht an. Erzählt mir nicht, Ihr wärt in Ordnung, wenn es nicht stimmt. Ich meine es ehrlich, wenn ich sage, dass ich Euch brauche, und ich lasse nicht zu, dass Ihr Euch überanstrengt und Eure Wunden nicht heilen.« Er schüttelte den Kopf. »Aufhängen sollte man mich, weil ich Euch nicht ans Bett gebunden habe.«
    Der Herzog war schon etwas vergnügter. »Ein frischgebackener Vater darf keine Bitte abschlagen. Wusstet Ihr das nicht? Alte Rimmersgard-Sitte.«
    »Davon bin ich überzeugt«, versetzte Josua mürrisch.
    »Und außerdem«, fügte Isgrimnur stolz hinzu, »könnte ich euch selbst mit gebrochenen Rippen und am stärksten Tag Eures Lebens in die Knie zwingen.«
    »Dann weiter, altes Schlachtross«, seufzte der Prinz. »Sobald wir eine Bank gefunden haben, könnt Ihr mir davon erzählen.«
     
    Herzogin Gutrun verließ den schützenden Umkreis von Varas Bett und hielt Isgrimnur eine wütende Schimpfrede, weil er aufgestanden war. Schon seit Tagen war sie zwischen den beiden Zimmern hinund hergerannt und sichtlich erschöpft. Der Herzog verzichtete auf Widerworte und ließ sich mit der Miene eines trotzigen Kindes auf die von Strangyeard herbeigeschleppte Bank fallen.
    Vara lag auf einen Kissenberg gestützt da, in jedem Arm einen Säugling. Wie Gutrun war auch sie blass und unverkennbar müde, was jedoch die stolze, heitere Ruhe nicht minderte, die sie umgab wie das gedämpfte Glühen einer Laterne. Die beiden Kinder waren gewickelt, sodass nur die Köpfchen mit den schwarzen Haaren hervorlugten. An Varas rechter Schulter hockte Aditu und starrte hingerissen auf das Kind vor ihr.
    Als er verschnauft hatte, beugte sich Isgrimnur vor und warf dabei einen verstohlenen Blick auf die Sitha. Ein seltsamer Hunger schien in ihren Augen zu liegen, und Isgrimnur fielen plötzlich die alten Geschichten von den Elben ein, die die Kinder der Menschen stehlen. Sofort verdrängte er die beunruhigende Vorstellung.
    »Sie sehen

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