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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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bemühtesich jedoch sichtlich um Gelassenheit. »Vielleicht sollte es eine Gabe sein. Trotzdem, Aditu, Eure Sitten sind nicht die unseren …«
    »Dies war kein Brauch der Sithi.« Aditu machte selbst einen leicht überraschten Eindruck. »Es gibt manchmal Prophezeiungen bei einer Geburt, aber es ist nicht die Regel. Nein, es war etwas, das … über mich kam. Ich hörte eine Stimme, wie es manchmal auf der Straße der Träume geschieht. Ich weiß nicht, warum, aber ich hielt sie für die Stimme der … kleinen Leleth.«
    »Aber sie liegt in ihrer Kammer auf diesem Gang, gleich neben meiner«, sagte Isgrimnur. »Sie schläft schon seit Wochen, und auch als sie noch wach war, hat sie nie gesprochen. Was soll dieser Unfug?«
    »Ich kann es Euch nicht sagen.« Aditus goldene Augen glänzten. Sie hatte ihre eigene Verblüffung überwunden und schien das von ihr hervorgerufene Unbehagen sogar ein wenig zu genießen. »Es tut mir leid, wenn ich jemanden erschreckt habe.«
    »Das reicht«, befahl Gutrun. »Ihr regt Vara auf.«
    »Ich bin nicht aufgeregt«, widersprach die junge Mutter milde. Auch sie hatte ihre gute Laune wiedergefunden. Isgrimnur fragte sich, ob solche Dinge bei ihrem Wagenvolk vielleicht auch vorkamen. »Aber jetzt bin ich müde.«
    »Dann wollen wir Euch ins Bett zurückbringen, Isgrimnur.«
    Josua warf noch einen besorgten Blick auf seine Frau. »Wir können später darüber nachdenken. Ich nehme an, wir sollten Aditus … Worte … aufschreiben, obwohl ich nicht sicher bin, dass ich in diese Zukunft blicken möchte. Vielleicht vergessen wir das Ganze am besten.«
    »Bitte verzeiht mir«, sagte Aditu. »Aber jemand wollte, dass diese Worte gesprochen wurden. Und ich glaube nicht, dass sie Übles weissagen. Eure Kinder scheinen zu großen Dingen berufen.«
    »Ich weiß nicht, ob das ein gutes Vorzeichen ist«, erwiderte Josua. »Was mich betrifft, ist mein Bedarf an großen Dingen reichlich gedeckt.« Er stellte sich neben Isgrimnur und half dem Herzog beim Aufstehen.
    Als sie im Korridor standen, fragte Isgrimnur: »Glaubt Ihr, dass das eine echte Prophezeiung war?«
    Josua zuckte die Achseln. »Ich lebe jetzt schon so lange mit Träumen und Vorzeichen, dass ich es nicht für unmöglich halte, aber wie bei allen diesen Dingen gibt es dabei zweifellos Haken und Ösen.« Er seufzte. »Mutter der Barmherzigkeit, alter Freund, es sieht so aus, als würden die Geheimnisse, die uns so quälen, auch meine Kinder begleiten.«
    Isgrimnur fielen keine tröstenden Worte ein. Er zog es vor, das Thema zu wechseln. »Also hat sich Varellan ergeben. Zu schade, dass ich das Ende der Schlacht nicht miterlebt habe. Geht es Camaris gut? Und Hotvig und den anderen?«
    »Sie sind beide verwundet, aber nicht schwer. Dank Seriddan und den anderen Nabbanai-Baronen ist unser Heer in erstaunlich guter Verfassung.«
    »Und nun marschieren wir gegen die Stadt selbst. Wo, glaubt Ihr, wird Benigaris sich uns zur Schlacht stellen?«
    Der Prinz, unter Isgrimnurs breiten Arm gebeugt, hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Aber stellen wird er sich, seid unbesorgt – und diesmal kommen wir vielleicht nicht so glimpflich davon. Ich stelle mir ungern vor, wie wir uns die ganze Halbinsel hinunter von Haus zu Haus kämpfen.«
    »Wir werden uns einen Überblick verschaffen und dann eine Entscheidung treffen.« Als sie sein Bett erreicht hatten, stellte Isgrimnur fest, dass er sich auf seine Decken freute wie ein junger Mann auf einen arbeitsfreien Tag.
    Du wirst weich, Alter, tadelte er sich selbst, aber im Augenblick kümmerte ihn das nicht. Es würde ihm guttun, die schmerzenden Knochen auszuruhen.
    »Die Kinder sind prachtvoll, Josua.« Er streckte sich auf dem Strohsack aus. »Grämt Euch nicht über Aditus Worte.«
    »Ich gräme mich immer«, antwortete der Prinz mit mattem Lächeln. »So wie Ihr immer poltert.«
    »Sind wir wirklich so in unseren Gewohnheiten erstarrt?« Isgrimnur gähnte, um zu vertuschen, dass er wegen der grimmigen Schmerzen in Rippen und Rücken das Gesicht verzogen hatte. »Dann ist es vielleicht Zeit, dass Jüngere an unsere Stelle treten.«
    »Aber wir sollten ihnen eine bessere Welt als diese hinterlassen,wenn es geht. Die, die man uns gegeben hat, haben wir ruiniert.« Er nahm ganz kurz Isgrimnurs Hand. »Schlaft jetzt, alter Freund.«
    Isgrimnur sah ihm nach, als er hinausging, und freute sich, dass sein Gang noch immer etwas Federndes hatte.
    Ich hoffe, du hast das Glück, diese beiden Kinder aufwachsen

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