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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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herausbekommen, worin dieser Nutzen besteht.«
    Wahnsinn, dachte Isgrimnur. Unser Leben und unser Land werden beherrscht von einem Wahnsinn aus alten Geschichten. Was würde Johan der Priester dazu sagen, der sich so angestrengt hat, das Feenvolk aus seinem Reich zu jagen und die Schatten zu verscheuchen!
    »Wir können die Mauern nicht überfliegen, Josua«, sagte er. »Wir haben in Nabban gesiegt und sind nach Norden gesegelt, und das alles in so kurzer Zeit, dass das Volk noch nach Jahren davon erzählen wird. Aber wir können nicht mit einem ganzen Heer in den Hochhorst fliegen wie ein Schwarm Stare.«
    »Es gibt noch andere Wege …«, wisperte Camaris wieder. Josua musterte ihn scharf, aber noch ehe er herausfinden konnte, ob es sich um weiteres Gefasel über singende Schwerter oder einen brauchbaren Hinweis handelte, tauchte eine neue Gestalt im Zelteingang auf, begleitet von einem Schwall eiskalter Luft und ein paar Schneeflocken.
    »Vergebung, Prinz Josua.« Es war Sludig, in Helm und Kettenpanzer. Er nickte auch Isgrimnur grüßend zu. »Herr.«
    »Was gibt es?«
    »Wir ritten die andere Seite des Swertclifs ab, wie Ihr es wünschtet.«
    »Und habt Ihr etwas gefunden?« Josua stand da, bemüht, keine Miene zu verziehen.
    »Gefunden – nein. Gehört.« Sludig war sichtlich erschöpft, wie nach einem weiten und schnellen Ritt. »Hörner, aus weiter Ferne. Von Norden.«
    »Von Norden? Wie weit weg?«
    »Schwer zu sagen, Prinz Josua.« Sludig breitete die Hände aus, als könnte er so die Worte finden. »Ich habe noch nie Hörner wie diese gehört. Aber ihr Klang war sehr schwach.«
    »Danke, Sludig. Stehen Posten auf dem Swertclif?«
    »An der Vorderseite, Hoheit, wo man sie von der Burg aus nicht sieht.«
    »Es kommt nicht darauf an, ob jemand sie sieht«, erklärte der Prinz. »Wichtiger ist mir, wer sich vom Norden aus nähert. Wenn Ihr und Eure Männer müde seid, Sludig, dann bittet Hotvig, mit einigen seiner Grasländer auf der anderen Seite des Swertclifs bis zu den Ausläufern des Aldheorte hinabzureiten. Sie sollen sofort umkehren, wenn sie etwas kommen sehen.«
    »Jawohl, Prinz Josua.« Sludig ging.
    Josua wandte sich zu Isgrimnur. »Was meint Ihr? Wird der Sturmkönig die gleiche Karte ausspielen wie in Naglimund?«
    »Vielleicht. Aber damals standen wir auf den Mauern einer Burg. Hier liegt vor uns offenes Land und hinter uns nur der Kynslagh.«
    »Ja, aber wir verfügen auch über mehrere Tausend Mann und haben keine Unschuldigen, um die wir uns sorgen müssen. Wenn der Hauptverbündete meines Bruders glaubt, er könne diese Nuss so mühelos knacken wie damals, wird er enttäuscht werden.«
    Isgrimnur sah auf den grimmig blickenden Prinzen und dann auf Camaris, der mit in die Hände gestütztem Kopf auf die Tischplatte starrte.
    Hat Josua recht? Oder sind wir der kümmerliche Rest von Johans Reich, das nur auf einen letzten, kräftigen Ruck wartet, um zusammenzufallen?
    »Dann sollten wir jetzt lieber mit ein paar von den Hauptleuten reden.« Der Herzog stand auf und hielt die Hände über das Kohlenbecken, um wenigstens einen Teil der Kälte zu vertreiben. »Besser, sie erfahren von uns, dass etwas auf sie zukommt, als dass Gerüchte umgehen.« Er seufzte missmutig. »Sieht aus, als gäbe es nicht viel Schlaf heute Nacht.«

    Miriamel starrte auf Cadrach. Sie hatte schon viele Lügen von ihm gehört, aber diesmal konnte sie sich nicht von der grausigen Überzeugung befreien, dass er die Wahrheit sagte.
    Zumindest die Wahrheit, an die er glaubt, versuchte sie sich zu trösten.
    Sie sah Binabik an, der mit schmalen Augen aufmerksam gelauscht hatte, und richtete dann den Blick wieder auf Cadrachs trübes Gesicht. »Verurteilt? Ihr meint, dass es noch eine andere Gefahr gibt, von der wir nichts wissen?«
    Er sah ihr gerade in die Augen. »Verurteilt zum Untergang, ohne Hoffnung. Und daran bin ich entscheidend mitschuldig.«
    »Was ist es, das Ihr da sagt?«, fragte Binabik streng.
    Yis-fidri, der Unterirdische, schien mit dieser sprunghaften und erschreckenden Unterhaltung nichts zu tun haben zu wollen; zögernd stand er daneben und öffnete und schloss die Finger.
    »Was ich sage, Troll, ist, dass es sinnlos ist, wenn wir uns hier in den Höhlen verstecken. Ob wir den Weißfüchsen vor der Tür entkommen,ob Euer Prinz Josua die Mauern einreißt, ob Gott selbst seinen Blitz vom Himmel schickt und Elias zu Asche verbrennt … das alles ist ohne jede Bedeutung.«
    Seine Worte klangen so bestimmt, dass

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