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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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und er brachte ihn selbst auf den Weg – mit einem Sperling, den er Morgenes entwendet hatte. Mich ließ er laufen. Er war sicher, dass ich nicht fliehen würde, denn er hätte mich jederzeit finden können.«
    »Aber Ihr seid doch geflohen«, wandte Miriamel ein. »Ihr habt es mir erzählt.«
    Cadrach nickte. »Ja, später. Aber nicht damals. Ich hatte zu große Angst. Gleichzeitig wusste ich, dass Jarnauga nicht antworten würde. Der Rimmersmann und Morgenes standen in engerer Verbindung, als Pryrates ahnte, und ich zweifelte nicht daran, dass der Doktor ihm längst geschrieben und Jarnauga von meinem unerwarteten Besuch erzählt haben würde. Außerdem lebte Jarnauga seit vielen Jahren im Schatten von Sturmspitze und würde niemandem seine geheimen Gedanken anvertrauen, von dem er nicht genau wusste, dass Inelukis langer Arm ihn nicht berührt hatte. Ich wusste also, dass der Betrug, zu dem Pryrates mich gezwungen hatte, sinnlos war und dass ich für Pryrates wertlos sein würde, sobald er das herausfand. Meine einzige Bedeutung für ihn beruhte darauf, dass ich Nisses’ Buch gelesen hatte und Schriftrollenträger gewesen war. Nachdem ich aber alle seine Fragen über das Buch beantwortet hatte und er entdecken würde, dass die anderen Träger der Schriftrolle mir seit Jahren nicht mehr vertrauten …« Er brach ab, von neuem von heftigen Gefühlen geschüttelt.
    »Fahrt fort.« Miriamels Stimme klang etwas milder als vorher. Was immer er verbrochen hatte, er schien ernstlich darunter zu leiden.
    »Ich war vor Angst – Todesangst – halb von Sinnen. Ich wusste, dass mir nur wenig Zeit blieb, bis Jarnauga antworten würde, undzwar mit der unvermeidlichen Weigerung. Verzweifelt wünschte ich mir, ich könnte fliehen, aber Pryrates hätte es sofort gemerkt, wenn ich Erchester verlassen hätte, und mit Hilfe seiner Kunst hätte er auch festgestellt, wohin ich gegangen wäre. Dort oben in seinem Turmzimmer hatte er mich gezeichnet. Er würde mich überall finden.« Cadrach rang nach Fassung. »Darum zerbrach ich mir den Kopf, grübelte und grübelte – doch zu meiner Schande nicht über einen Weg, Pryrates zu entkommen oder seine Pläne zu vereiteln. Nein, in meiner Verblendung und Furcht sann ich nur darauf, wie ich mich meinem entsetzlichen Meister angenehm machen könnte, damit er mir mein elendes Leben ließ.« Er zitterte am ganzen Körper und konnte nicht gleich weitersprechen.
    »Ich hatte viel über seine Fragen nachgedacht«, fuhr er endlich fort, »vor allem aber über die drei Großen Schwerter. Kein Zweifel, sie verfügten über wundersame Kräfte, und ebenso zweifelsfrei mussten sie eine Bedeutung für den Sturmkönig besitzen. Was, wie ich dachte, außer mir niemand ahnte, war, dass das Schwert Minneyar, eines der drei, in Wirklichkeit Hellnagel war, die Klinge, die man mit König Johan begraben hatte.«
    Miriamel sperrte Mund und Nase auf. »Das habt Ihr gewusst?«
    »Jeder, der die gleichen Geschichtsbücher gelesen hat wie ich, hätte diesen Verdacht gehegt«, versetzte Cadrach. »Ich bin überzeugt, Morgenes wusste es. Aber er versteckte sein Wissen in seinem eigenen Buch über Euren Großvater, sodass nur jemand, der wusste, wonach er suchen musste, es darin finden konnte, und ohne dass die Allgemeinheit etwas davon erfuhr.« Er war wieder etwas ruhiger geworden. »Nun, ich hatte die gleichen Quellen studiert wie Doktor Morgenes und war bald zu dem gleichen Ergebnis gekommen, obwohl ich nie jemandem etwas davon erzählt hatte. Und je mehr ich über den Marktklatsch nachdachte, dass Elias angeblich das Schwert seines Vaters nicht anfassen wollte und es gegen allen Brauch mit ihm begraben ließ, desto sicherer war ich mir, dass meine Vermutung der Wahrheit entsprach. Wenn nun aber das, was Du Svardenvyrd anzudeuten schien, ebenfalls stimmte – dass nämlich die drei Schwerter die einzigen Waffen waren, vor denen der Sturmkönig sich fürchtet –, welches schönere Geschenk konnte ich dannPryrates machen, als ihm ein solches Schwert zu bringen? Alle drei galten als verschollen. Ich war überzeugt, dass mich Pryrates nützlich finden würde, wenn ich ihm eines herbeischaffte.«
    Miriamel starrte den Mönch verblüfft und angewidert an. »Ihr … Ihr Verräter! Wart Ihr es, der das Schwert aus dem Grabhügel meines Großvaters gestohlen hat? Um es Pryrates zu geben? Gottes Fluch über Euch, Cadrach, wenn Ihr das getan habt!«
    »Ihr könnt mich verfluchen, soviel Ihr wollt – und das werdet Ihr

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