Der Engelsturm
auch noch tun, mit gutem Grund. Aber wartet, bis Ihr zu Ende gehört habt.«
Ich hatte recht, als ich ihn in der Bucht von Emettin ersäufen wollte. Hätte man ihn doch nie herausgefischt! Erbost winkte sie ihm fortzufahren.
»Natürlich ging ich zum Swertclif«, nahm Cadrach seinen Bericht wieder auf. »Aber die Begräbnisstätte wurde von den Soldaten des Königs streng bewacht. Offenbar wollte Elias das Grab seines Vaters in Sicherheit wissen. Ich wartete zwei Nächte auf eine Gelegenheit, in den Hügel einzudringen, aber vergeblich. Und dann rief mich Pryrates.« Bei der Erinnerung zuckte er schmerzhaft zusammen. »Seine Stimme war in meinem Kopf – Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was das für ein Gefühl ist! Er zwang mich, ihn aufzusuchen, angeschlichen zu kommen wie ein ungehorsames Kind …«
»Cadrach, draußen vor dieser Höhle warten die Nornen auf uns«, unterbrach ihn Binabik. »Bisher enthält Eure Erzählung nichts diesbezüglich Hilfreiches.«
Der Mönch musterte ihn kalt. »Es gibt nichts Hilfreiches. Das versuche ich ja gerade darzulegen – aber ich zwinge Euch nicht, mir zuzuhören.«
»Ihr sollt uns alles erzählen«, zischte Miriamel, deren Zorn sich allmählich Bahn brach. »Wir werden um unser Leben kämpfen. Sprecht!«
»Pryrates rief mich. Wie ich bereits ahnte, teilte er mir mit, dass Jarnauga ihm nur nutzlose Dinge geschrieben hätte und kein Zweifel daran bestünde, dass der alte Rimmersmann mir nicht traute. ›Du bist wertlos für mich, Padreic ec-Crannhyr‹, sagte der Alchimist.
›Und was ist, wenn ich Euch etwas erzählen kann, das großen Wert für Euch hat?‹, fragte ich. Nein, das ist nicht das richtige Wort – ich flehte ihn an . ›Wenn Ihr mich am Leben lasst, will ich Euch treu dienen. Es gibt immer noch etwas, das ich weiß und das Euch nützlich sein wird.‹ Als er das hörte, lachte er – er lachte! – und antwortete, wenn ich ihm nur eine einzige Tatsache von wirklichem Wert für ihn mitteilen könnte, wolle er mich verschonen. Also sagte ich ihm, ich wisse, dass die Großen Schwerter für ihn wichtig und dass sie verschollen seien, dass mir aber bekannt sei, wo eines davon sich befinde. ›Willst du mir verraten, dass Leid bei den Nornen von Sturmspitze liegt?‹, versetzte er höhnisch. ›Das weiß ich längst.‹ Ich schüttelte den Kopf. Das war mir zwar nicht bekannt gewesen, aber ich konnte mir ausrechnen, wie er darauf gestoßen war. ›Und dass Dorn nicht mit Camaris im Meer versunken ist?‹, fuhr er fort.
Da beeilte ich mich, ihm zu berichten, was ich entdeckt hatte: dass Minneyar und Hellnagel ein und dasselbe waren und eines der Großen Schwerter in diesem Augenblick weniger als eine Meile von der Stelle, an der wir saßen, begraben lag. Ich war so eifrig bestrebt, seine Gunst zu erlangen, dass ich ihm sogar verriet, ich hätte selbst versucht, es für ihn zu holen.«
Miriamel bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Wenn ich bedenke, dass ich Euch für einen Freund hielt, Cadrach … wenn Ihr auch nur die geringste Vorstellung davon hättet, was das für uns alle bedeuten könnte …«
Aber der Mönch achtete gar nicht auf sie, so verbissen befolgte er ihren Befehl, seine Geschichte zu Ende zu bringen. »Und als ich ausgeredet hatte, lachte er wieder. ›Wie traurig das doch ist, Padreic!‹, prustete er. ›Ist das deine Großtat als Spion? Meinst du, das würde dich retten? Ich habe schon gewusst, was Hellnagel ist, bevor du auch nur diesen Turm zum ersten Mal betreten hast. Und hättest du es aus seiner Ruhestätte entfernt, so hätte ich dir mit eigenen Fingern Augen und Zunge ausgerissen. Es soll auf der faulenden Brust des alten Johan liegen bleiben, bis seine Zeit gekommen ist. Ist die Stunde da, wird auch das Schwert sich einfinden. Alle drei Schwerter werden dann kommen.‹«
Miriamels Gedanken überschlugen sich. »Wie – das Schwert wird sich einfinden? Er … er hat es die ganze Zeit gewusst? Und er … Pryrates … wollte, dass es dort liegen blieb?«
Sie blickte ratlos auf Binabik, aber der kleine Mann schien genauso verblüfft wie sie. »Ich verstehe das nicht. Elysia, Mutter der Barmherzigkeit, was erzählt Ihr uns da, Cadrach?«
»Pryrates weiß alles.« In der Stimme des Mönchs lag eine gewisse düstere Genugtuung. »Er wusste, was Hellnagel war und wo es sich befand, und er hielt es nicht für nötig, es dort zu stören. Ich bin überzeugt, dass ihm auch längst bekannt ist, was Euer Onkel und diese …«, er wies
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