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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ein Wahnsinn – es war, als wählte man Höflinge für das Festspiel zum Sankt-Tunath-Tag aus. »Er soll sich ja nur zeigen und nicht kämpfen«, knurrte er.
    »Aber er muss am Kampf teilnehmen«, beharrte Sludig, »sonst sieht ihn keiner.«
    »Ich werde es tun«, schlug Hotvig vor. Der narbige Thrithingmannhob den Arm. Seine Reifen klingelten. »Ich kann mit beiden Händen fechten.«
    »Aber … aber er sieht nicht aus wie Josua«, mischte Strangyeard sich in entschuldigendem Ton ein. »Nicht wahr?« Seit ihn der Herzog zuletzt gesehen hatte, schien er deutlich nüchterner geworden zu sein, wirkte aber trotzdem zerstreut. »Hotvig, Ihr seid … Ihr habt eine sehr breite Brust. Und Euer Haar ist zu hell.«
    »Er wird einen Helm tragen«, erklärte Sludig.
    »Der Harfner Sangfugol sieht dem Prinzen viel ähnlicher«, fuhr Strangyeard fort. »Wenigstens ist er schlank und dunkelhaarig.«
    »Ha!« Isgrimnur lachte bellend. »Ich kann doch keinen Sänger mitten ins Gemetzel schicken. Selbst wenn er nicht zu kämpfen braucht, muss er doch im grimmigsten Schlachtenlärm fest im Sattel sitzen.« Er schüttelte den Kopf. »Euch kann ich sowieso nicht entbehren, Hotvig. Wir brauchen Eure Thrithingmänner; ihr seid die schnellsten Reiter, und falls die Ritter des Königs am Tor einen Ausfall versuchen, müssen wir bereit sein. Wer käme noch in Frage?« Er wandte sich zu Seriddan.
    Betroffen von Josuas Verschwinden hatten die Nabbanai-Führer bis jetzt geschwiegen. »Wisst Ihr jemanden, Baron?«
    Noch bevor Seriddan antworten konnte, stand sein Bruder Brindalles auf. »Ich habe in etwa die Größe des Prinzen. Und ich kann reiten.«
    »Nein, das ist töricht«, begann Seriddan, aber Brindalles brachte ihn mit erhobener Hand zum Schweigen.
    »Ich bin kein Kämpfer wie du, mein Bruder, aber das ist etwas, das ich tun kann. Prinz Josua und seine Freunde haben viel für uns gewagt. Sie haben Gefangenschaft oder sogar Tod durch unsere Hand in Kauf genommen, um uns die Wahrheit zu bringen, und uns dann geholfen, Benigaris vom Thron zu stürzen.« Er sah sich mit ernstem Blick im Zelt um. »Aber was nützt uns das alles, wenn wir nicht lange genug leben, um es noch zu genießen, und wenn Elias und seine Verbündeten unseren Kindern die Heimat rauben? Ich bin immer noch verwirrt von all dem Gerede über Schwerter und fremdartigen Zauber, aber wenn dieser Plan der einzige ist, den wir haben, möchte ich Euch meine Hilfe anbieten.«
    Isgrimnur sah seine ruhige Entschlossenheit und nickte. »In Ordnung. Seid bedankt, Brindalles; Ädon schenke Euch Glück. Isorn, beschaff ihm alles von Josua, was ihm passt, und nimm dir selbst, was du noch von Camaris’ Sachen brauchst. Nach dem, was Jeremias sagt, wird er seinen Helm nicht mitgenommen haben. Freosel?«
    »Ja, Herzog Isgrimnur?«
    »Sagt den Maschinenmeistern, sie sollen sich bereithalten. Ihr anderen geht zu Euren Leuten und macht Euch zum Abmarsch fertig. Gott sei uns allen gnädig.«
    »Ja«, sagte Strangyeard plötzlich laut. »Ja, natürlich – Gott sei uns allen gnädig.«
     
    Du-der-stets-auf-Sand-tritt, betete Tiamak stumm, ich gehe an einen dunklen Ort. Ich bin fern von unseren Sümpfen, so fern wie nie. Bitte lass deinen Marschmann nicht aus den Augen.
    Die Sonne war hinter dem Schneesturm nicht zu erkennen, aber das tiefe Blau der Nacht wurde schon heller. Tiamak sah vom Ufer des Kynslagh zu den undeutlichen Schatten hinauf, die die Türmchen des Hochhorsts sein mussten. Sie schienen unvorstellbar weit weg zu sein, fern und abweisend wie ein Gebirge.
    Bring mich lebend wieder hier heraus, und ich werde … und … Ihm fiel kein Gelübde sein, das seinen Schutzgott hätte reizen können. Ich werde dich ehren. Ich werde das Rechte tun. Nur, bitte, bring mich lebend wieder hier heraus!
    Der Schnee wirbelte, und der Wind stöhnte und peitschte den schwarzen Kynslagh zu schaumigen Wogen auf.
    »Wir gehen, Tiamak«, sagte Aditu hinter ihm. Sie war so nah, dass er beim Klang ihrer Stimme überrascht zusammenfuhr.
    Ihr Bruder verschwand bereits im dunklen Schlund der Höhle. Tiamak folgte. Hinter ihm erstarb allmählich das Geräusch des Windes.
     
    Tiamak war erstaunt gewesen, dass die Gruppe der Sithi so klein war, noch erstaunter aber, Likimeya unter ihnen vorzufinden.
    »Ist denn Eure Mutter nicht viel zu wichtig, um Euer Volk zu verlassen und hier hinabzusteigen?«, flüsterte er Aditu zu. Während erüber einen Felsen kletterte und dabei krampfhaft die Leuchtkugel festhielt,

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