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Der Engländer

Der Engländer

Titel: Der Engländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Herr Ulbricht.«
    Gabriel legte auf. Er packte rasch, steckte die Beretta in seinen Hosenbund und vergewisserte sich, daß keine Spuren seines Aufenthalts zurückgeblieben waren. Bevor er das Zimmer verließ, trat er noch einmal ans Fenster und sah auf die Galerie hinunter. Dort klingelte eben ein Mann an der Eingangstür: mittelgroß, dunkles Haar, Aktenkoffer in der rechten Hand.
    Vielleicht war der Nachmittagstermin bei Müller doch nicht abgesagt worden. Gabriel holte rasch seine Kamera heraus und verknipste den restlichen Film mit Aufnahmen von dem unerwarteten Besucher. Dann nahm er den Film heraus, steckte ihn ein und verstaute die Kamera in seinem Koffer.
    Der Angestellte an der Rezeption äußerte lebhaftes Bedauern darüber, daß Herr Kiever so früh abreiste. Er fragte, ob er mit seiner Arbeit gut vorangekommen sei, und Gabriel antwortete, das werde sich bald zeigen.
    Draußen empfing ihn Nieselregen. Der Renault stand in der nächsten Querstraße; unter seinen rechten Scheibenwischer waren zwei Verwarnungen wegen Falschparkens geklemmt.
    Gabriel stopfte sie in seine Jackentasche und warf sein Gepäck in den Kofferraum.
    Er sah auf seine Armbanduhr. Seit er mit Müller telefoniert hatte, waren zwölf Minuten vergangen. Am besten kam er ein paar Minuten zu spät - damit würde der Schweizer rechnen.
    Nachdem er zweimal um den Block gegangen war, um sich zu vergewissern, daß er nicht beschattet wurde, klingelte er an der Eingangstür der Galerie. Müller öffnete ihm die Tür.
    »Guten Morgen, Herr Ulbricht. Ich hatte schon angefangen, mir Sorgen um Sie zu machen.«

    »Entschuldigung, aber es war doch nicht so leicht, wieder herzufinden.«
    »Sie leben nicht in Paris?«
    »Ich mache hier nur ein paar Tage Urlaub. Sonst lebe ich in Düsseldorf.«
    »Aha.« Müller klatschte theatralisch in die Hände. »So, Sie möchten sich den Hirn näher ansehen. Das verstehe ich sehr gut.
    Wirklich ein wundervolles Bild. Eine Bereicherung für jede Sammlung. Ich hole es gleich aus dem Schaufenster. Das dauert nur einen Augenblick.«
    Während Müller damit beschäftigt war, das Blumenstück aus dem Schaufenster zu holen, sah Gabriel sich in der Galerie um.
    Durchschnittliche Ausstattung, unterdurchschnittliche Bilder.
    An der Rückwand des Raums erblickte er Müllers Schreibtisch, ein handbemaltes antikes Möbel, daneben stand ein Aktenkoffer auf dem Parkettboden.
    Müller nahm das Blumenstück von seinem Ständer im Schaufenster. Das Gemälde war ziemlich klein, nur ungefähr dreißig mal fünfzig Zentimeter groß, und Müller konnte es mühelos allein herausnehmen. Er stellte es auf ein mit Filz bezogenes Podest in der Mitte des Raums und schaltete einige zusätzliche Deckenleuchten ein.
    Als Gabriel vortrat, um das Gemälde zu begutachten, sah er zufällig durchs Schaufenster hinaus. Irgend etwas in dem Café auf der gegenüberliegenden Straßenseite fiel ihm ins Auge.
    Etwas entfernt Bekanntes, eine flüchtige Erinnerung, sonst nichts.
    Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf das Blumenstück und murmelte ein paar freundliche Worte über die Qualität von Farbgebung und Pinselführung. »Sie scheinen etwas von Kunst zu verstehen, Herr Ulbricht«, sagte Müller.
    »Nur so viel, daß ich mein ganzes Geld für Bilder ausgebe, die ich mir eigentlich nicht leisten kann«, behauptete Gabriel, und die beiden Männer lachten in gutgelauntem Einverständnis.
    Gabriel sah über das Blumenstück hinweg durchs Schaufenster zu dem Café hinüber. Da war es wieder: das Gefühl, etwas oder jemanden schon einmal gesehen zu haben.
    Er suchte die Tische unter der Markise ab und wußte plötzlich, wer ihm aufgefallen war. Dieser Mann, der seine Zeitung zusammenfaltete und dann aufstand und rasch wegging. Ein Mann, der es eilig hatte, ein Mann, der zu einer wichtigen Besprechung mußte. Gabriel hatte diesen Mann schon einmal gesehen.
    Der Mann, der vorhin in der Galerie Müller gewesen war…
    Gabriel drehte sich um und warf einen Blick auf den Aktenkoffer. Dann sah er nochmals aus dem Schaufenster, aber der Mann war bereits um die nächste Ecke verschwunden.
    »Irgendwas nicht in Ordnung, Herr Ulbricht?«
    Gabriel packte Müller am Arm. »Los, Sie müssen hier raus!
    Sofort!«
    Der Kunsthändler befreite seinen Arm mit einem Ruck aus Gabriels Klammergriff. Er war überraschend kräftig.
    »Lassen Sie mich los, Sie Wahnsinniger!«
    Gabriel packte ihn nochmals am Arm, aber Müller befreite sich erneut.
    »Verschwinden Sie, sonst hole

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