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Der Entertainer

Der Entertainer

Titel: Der Entertainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sich zu der weinenden Frau heran.
    Der Kolbenstoß hatte sie am Kinn getroffen. Die Spitze war blau angelaufen. Aus ängstlichen Augen schaute die Verletzte Maria an. »Du hast gehört, was man von dir will?«
    »Ja, aber…«
    »Du wirst mitfahren, und ich bleibe an deiner Seite. Das werden wir schon regeln.«
    »Aber ich weiß nichts.«
    »Das kannst du dem Offizier erklären. Keine Sorge, sie werden dich laufen lassen müssen.«
    »Ja, ich vertraue dir.«
    Maria half der Frau auf die Beine. Das Gesicht sah unförmig aus. Der Polizist hatte sich eine Zigarette angezündet und qualmte ein stinkendes Kraut.
    »Schauen Sie sich ihr Gesicht an!« sagte Maria.
    »Na und?«
    »Das waren Sie.«
    »Wen stört's?«
    »Mich«, erklärte die Lehrerin. »Mich stört es sogar gewaltig. Ich bin gespannt, was Ihre Vorgesetzten dazu sagen werden. So einfach kommen Sie nicht davon.«
    Der Bärtige blies ihr den Rauch ins Gesicht und beugte sich etwas vor.
    »Glauben Sie wirklich, daß diese Schlampe alles bestätigen wird, was Sie mir vorwerfen? Glauben Sie das wirklich?«
    Maria schwieg. Der Polizist hatte ein Problem angeschnitten, gegen das ein Häuflein Aufrechter vergeblich ankämpfte. Es war einfach die Angst vor der Rache. Dabei spielte es keine Rolle, auf welcher Seite die Männer standen. Zwischen der Polizei und den Killern war die Grenze fließend. Hin und wieder opferten die Bosse einige Dealer, um die Bullen nicht ganz mutlos werden zu lassen. Danach hatten sie dann wieder Ruhe und konnten ihren Geschäften störungsfrei nachgehen.
    »Wir werden sehen«, sagte die Lehrerin…
    Der Polizist lachte. »Das ganz bestimmt.«
    Maria nickte ihren Schützlingen zu. »Kommt, ihr beiden.« Hand in Hand verließen sie die Hütte…
    ***
    Ich hatte es nicht glauben wollen, aber wir erlebten es am eigenen Leibe. In der City von Rio, weit weg von den Armenvierteln und sogar nahe des Polizeipräsidiums erwischte es uns.
    Die vier Halbwüchsigen waren wie Geister aus einer Einfahrt erschienen, hatten uns blitzschnell umringt und drückten uns die Spitzen ihrer Messer dicht über den Gürtelschlössern gegen den Bauch. Sogar einige Brocken Englisch sprachen sie. »Geld her — schnell, sonst wir stechen!«
    Suko und ich blieben ruhig. Die Hände hatten wir erhoben. Wir lehnten mit dem Rücken an einer Hauswand. Über uns schauten zwei Frauen aus dem Fenster und glotzten.
    Andere Passanten kümmerten sich nicht um uns. Die Menschen waren froh, daß es sie nicht erwischt hatte.
    Suko und ich blinzelten uns zu. Es war klar, daß diese Kerle unser Geld nicht bekamen, und gegen Messer konnten wir uns mit unserer Ausbildung wehren.
    »Los!«
    Vor mir stand ein Bursche von höchstens vierzehn. »Moment, sofort.«
    Ich drehte mich etwas zur Seite, weil ich mit einer Hand in meine hinteren Hosentasche greifen wollte.
    Er zog das Messer um eine Idee zurück.
    Plötzlich schrie er auf.
    Meine linke Hand erwischte sein Handgelenk wie ein Fallbeil. Ich drehte mich weg und sah den zweiten Messerhelden zusammenbrechen. Suko hatte ihm zum gleichen Zeitpunkt erwischt wie ich. Der erste hatte die Klinge fallen lassen müssen. Seine Kumpane wollten ebenfalls zu Waffen greifen, aber wir waren schneller. Raketenartig flogen sie in die Einfahrt zurück und landeten zwischen Dreck und Abfall. Suko und ich wollten sie mit Handschellen fesseln, aber sie schnellten wie Gummibälle wieder hoch und rannten einem düsteren Hinterhof entgegen, wo sie verschwanden.
    Auch ihre Freunde waren nicht mehr zu sehen. Nur die Frauen schauten aus dem Fenster. Eine von ihnen klatschte Beifall, die andere grinste nur müde.
    »Welcome in Rio«, sagte Suko, als er sich die Hände rieb.
    »That's life.«
    Wir hatten uns ein Taxi genommen und in der Nähe des Ziels absetzen lassen. Die restliche Strecke wollten wir zu Fuß gehen, um einen ersten Eindruck von der Riesenstadt zu bekommen. Der lag ja mittlerweile hinter uns.
    »Man kann ihnen nicht einmal einen großen Vorwurf machen«, meinte Suko. »Wer in diesem Dreck aufwächst, der…«
    »Denk an die Messer.«
    »Glaubst du, daß die zugestochen hätten?«
    Ich hob nur die Schultern.
    Bis zum Präsidium passierte nichts mehr. Obwohl wir nicht viel gelaufen waren, klebte uns die Kleidung auf der Haut. Hitze und Schwüle übten einen Druck aus, der mir auch leichte Kopfschmerzen bereitete. In London hatten wir Winter. Ich sehnte mich sogar nach dem Nieselregen und dem vorweihnachtlichen Trubel zurück.
    Rio erstickte im

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