Der Entertainer
wird irgendwann einmal an den Falschen geraten, der ihn dann umlegt.«
»Hat man nicht auf ihn geschossen und ihn auch getroffen?« hakte ich nach.
»Ja.«
»Er flüchtete trotzdem.«
»Es gibt kugelsichere Westen, Senhor Sinclair. Das sollten Sie doch wissen.«
»Genau. Wir halten trotzdem an unserer Theorie fest.«
Cavaldos lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und wippte mit dem linken Fuß. »Klar, es war unser Pech, daß ein Kollege von Ihnen umkam. Was muß er sich auch mit einer Nutte am Strand herumtreiben. Er ist gewarnt worden, das ist hier einfach zu gefährlich. Merken Sie sich das.«
»Wir hatten nicht vor, uns am Strand die Sonne auf die Haut brennen zu lassen«, sagte Suko.
»Schön. Was dann?«
»Wir möchten den Killer finden.«
Der Kollege seufzte. »Ja, das möchten wir auch. O verdammt, das wollen wir.«
»Und wir möchten ferner, daß Sie uns dabei zur Seite stehen«, erklärte ich lächelnd.
»Wie denn? Ich habe keine Spur. Ich kann nur die Akten führen und darauf warten, daß es neue Leichen gibt.«
»Aber Sie haben Zeugen.«
»Gehabt. Die sagen nichts. Wenn Sie die Leute heute noch einmal fragen, werden Sie erleben, wie sie die Schultern anheben und Ihnen dann erklären, daß sie alles vergessen haben. So und nicht anders sieht es aus. Jetzt sind Sie an der Reihe.«
»Ich hatte gedacht, daß Sie uns unterstützen würden, Kollege. War wohl ein Irrtum.«
»Ich kann nicht.«
»Sie haben doch eine Akte.«
Er winkte fast wütend ab. »Unsinn, darin stehen nicht einmal alle Namen der Opfer. Viele sind namenlos. Hier strömen sie aus dem Norden in die Stadt, weil sie aus den verfluchten Dürregebieten flüchten, und sie ahnen nicht, daß sie damit von einer Hölle in die andere kommen. Wir haben den Überblick verloren.«
»Aber er tauchte stets in der Nacht auf!« Ich brachte das Gespräch wieder auf das Thema zurück.
Cavaldos nickte. »So ist es. Nur in der Nacht. Er kam wie ein Phantom, killte und verschwand. Ein böser Unterhalter. Eine Zeitung hat ihn mal Entertainer getauft. Ob Sie es glauben oder nicht. Er lenkt viele Menschen von ihren eigenen Problemen ab, die ihnen dann nicht mehr so schlimm vorkommen. Das ist wie die Droge Fußball. Ich sage immer folgendes: Wenn ihr die Kinder von der Straße wegbekommen wollt, dann schenkt ihnen Bälle. Sie werden beschäftigt sein, sie werden spielen und nicht mehr an Raub und Totschlag denken.« Dabei hob er die Schultern in einer resignierenden Geste. »Aber auf mich hört ja keiner.«
Ich fragte ihn. »Verfolgen Sie denn den Fall oder die Fälle?«
»Ja und nein. Ich fasse nur zusammen. Wir warten auf den nächsten Toten und hoffen darauf, daß uns der Entertainer einmal in die Falle läuft. Das ist alles.«
»Und zuwenig.«
»Stimmt.«
»Geschahen die Morde in einem bestimmten Gebiet?« erkundigte sich Suko.
»Überhaupt nicht. Die Plätze sind in der gesamten Stadt verteilt. Sogar im Gebiet der Reichen ist er erschienen«, berichtete uns der Kollege nicht ohne eine gewisse Schadenfreude. »Da war dann der Bär los, aber Spuren gab es keine.«
»Wenn ich das so höre, sieht das nicht gut aus.«
»Stimmt, Senor Sinclair. Gehen Sie in Ihr Hotel und warten Sie auf meinen Anruf.«
»Wann würde der uns erreichen?«
»Heute, morgen, übermorgen. Ich würde Ihnen nur mitteilen, daß es eine neue Leiche gibt.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wenn das so laufen soll, können wir wieder nach London fahren. Dort sind wir auch per Telefon erreichbar. So läuft der Fiase nicht.«
»Dann kann ich Ihnen nur Glück wünschen, aber ich glaube nicht, daß Sie erfolgreicher sind als wir.«
»Gut, wir werden sehen.« Ich schaute Suko an. »Hast du noch irgendwelche Fragen?«
»Nein.«
»Dann werden wir gehen.«
Cavaldos rückte mit einem Vorschlag heraus. »Wenn Sie wollen, können Sie ja mit uns eine nächtliche Streife und Razzia mitmachen. Wird bestimmt interessant und lebensgefährlich. Aber Sie können kugelsichere Westen bekommen.«
»Wir überlegen es uns noch«, sagte Suko.
Der Kollege stand auf, hob die Schultern und bedauerte, daß er uns nicht helfen konnte.
»Geht schon in Ordnung.«
»Finden Sie allein raus?«
»Sicher.«
Wir gingen den gleichen Weg zurück und waren beide ziemlich sauer. Unser Rio-Fall schien schon jetzt im Sande zu versickern, wo wir nicht einmal angefangen hatten. Die schöne junge Frau redete noch immer im Nebenraum. Sie stand bereits und hatte sich zum Gehen gewandt. Mit uns
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