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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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ein faszinierendes neues Licht auf die Frage geworfen, wann die ersten Menschen nach Amerika einwanderten. Aber schon die Idee, sich mit dieser Frage überhaupt zu befassen, erregt den Widerwillen der Indianerführer, denn nach ihrem Glauben leben ihre Vorfahren schon seit der Schöpfung auf dem Kontinent. Armand Minthorn, das religiöse Oberhaupt des Stammes der Umatilla, formulierte es so: «Aus unserer mündlich überlieferten Geschichte wissen wir, dass unser Volk seit Anbeginn der Zeiten ein Teil dieses Landes war. Im Gegensatz zu den Wissenschaftlern glauben wir nicht, dass unser Volk aus einem anderen Kontinent hierher gewandert ist.»
    Für die Archäologen wäre es vielleicht am besten, wenn sie sich selbst zu einer Religionsgemeinschaft und die DNA-Typisierung zu ihrem Sakrament erklären würden. Das ist natürlich ein Witz, aber bei dem Klima, das Ende des 20. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten herrscht, gibt es möglicherweise keinen anderen Ausweg. Mit einer Aussage wie «Die Radiokarbondatierung, die Mitochondrien-DNA und die archäologische Untersuchung der Keramik sprechen eindeutig dafür, dass es so und so ist» erreicht man gar nichts. Führt man dagegen «Ein grundlegender, unzweifelhafter Glaubenssatz meiner Kultur besagt, dass es so und so ist» ins Feld, hat man sofort die Aufmerksamkeit eines Richters erregt.
    Ebenso erregt es in der akademischen Welt die Aufmerksamkeit derer, die Ende des 20. Jahrhunderts eine neue Form der wissenschaftsfeindlichen Rhetorik entdeckt haben – manchmal spricht man auch von «postmoderner Wissenschaftskritik». Am nachdrücklichsten wird sie von Paul Gross und Norman Levitt in dem 1994 erschienenen Buch Higher Superstition: The Academic Left and its Quarrels with Science (Höherer Aberglaube: Die akademische Linke und ihr Kampf mit der Wissenschaft) vertreten. Der amerikanische Anthropologe Matt Cartmill fasst die grundlegende Lehre so zusammen:
     
    Wer behauptet, er besäße objektives Wissen über irgendetwas, versucht uns andere zu lenken und zu beherrschen … Objektive Tatsachen gibt es nicht. Alle angeblichen «Tatsachen» sind mit Theorien verunreinigt, und alle Theorien sind von moralischen und politischen Weltanschauungen durchtränkt … Wenn Ihnen also ein Typ im weißen Laborkittel erzählt, dieses oder jenes sei eine objektive Tatsache … muss hinter seinem gestärkten Kragen ein politisches Programm stecken.
    «Oppressed by evolution», Zeitschrift Discover (1998)
     
    Sogar innerhalb der Naturwissenschaften selbst gibt es eine kleine fünfte Kolonne, die solche Ansichten vertritt und damit uns anderen die Zeit stiehlt.
    Nach Cartmills These gibt es eine unerwartete, unheilige Allianz zwischen der nichtswissenden, fundamentalistischen religiösen Rechten und der gelehrten akademischen Linken. Ein bizarrer Ausdruck dieser Allianz ist ihre gemeinsame Ablehnung der Evolutionstheorie. Die Gegnerschaft der Fundamentalisten ist ohne weiteres zu erkennen. Die der Linken ist eine Mischung aus allgemeiner Wissenschaftsfeindlichkeit, dem «Respekt» (einem der am meisten missbrauchten Wörter unserer Zeit) gegenüber den Schöpfungsmythen der Ureinwohner, und verschiedenen politischen Lehren. Die beiden seltsamen Verbündeten teilen eine Besorgnis um die «Menschenwürde» und betrachten es als Beleidigung, wenn Menschen als «Tiere» bezeichnet werden. Eine ähnliche Auffassung über die von ihnen so genannten «weltlichen Kreationisten» vertreten Barbara Ehrenreich und Janet McIntosh in ihrem Aufsatz «The New Creationism», der 1997 in der Zeitschrift The Nation erschien.
    Die Anhänger von kulturellem Relativismus und «höherem Aberglauben» neigen dazu, die Suche nach der Wahrheit mit Hohn und Spott zu überschreiten. Das liegt unter anderem an ihrer Überzeugung, dass es in verschiedenen Kulturen verschiedene Wahrheiten gibt (das war der springende Punkt in der Geschichte über den Kennewick-Menschen), zum Teil aber auch an der Tatsache, dass Wissenschaftsphilosophen sich ohnehin nicht über die Wahrheit einigen können. Natürlich gibt es echte philosophische Schwierigkeiten. Ist eine Wahrheit schlicht eine bisher nicht widerlegte Hypothese? Welche Stellung hat die Wahrheit in der seltsamen Welt der Quantentheorie? Ist letztlich überhaupt etwas wahr? Andererseits hat kein Philosoph die geringsten Schwierigkeiten, sich der Sprache der Wahrheit zu bedienen, wenn man ihn fälschlicherweise eines Verbrechens beschuldigt oder wenn er den

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