Der entzauberte Regenbogen
zugute kommt. In Ihren privaten Beziehungen und insbesondere heute Abend sollten Sie Ihren natürlichen Hang, Befehle zu befolgen, ein wenig zügeln.
Spanier: Ihr heißes südländisches Blut könnte Sie mitreißen, also achten Sie darauf, dass Sie nichts tun, was Sie später vielleicht bereuen. Wenn Sie heute Abend romantische Ambitionen haben, sollten Sie beim Mittagessen den Knoblauch meiden.
Chinesen: Undurchschaubarkeit hat viele Vorteile, aber heute Abend könnte sie Ihr Untergang sein …
Briten: Ihre korrekte Haltung leistet Ihnen bei geschäftlichen Unternehmungen sicher gute Dienste, aber im Privatleben sollten Sie etwas lockerer sein und sich fallen lassen.
Und so weiter, über zwölf landestypische Klischeevorstellungen hinweg. Die astrologischen Rubriken sind zweifellos weniger beleidigend, aber wir sollten uns genau fragen, worin der Unterschied eigentlich besteht. Beide machen sich leichtfertiger Diskriminierung schuldig, denn sie teilen die Menschen ohne jede Begründung in getrennte Gruppen ein. Und selbst wenn es Belege in Form geringfügiger statistischer Effekte gäbe, tragen beide Arten der Diskriminierung dazu bei, dass wir Menschen voreingenommen als Typen und nicht als Individuen behandeln. Ich sehe die Heiratsanzeigen vor mir, in denen Formulierungen wie «kein Skorpion» oder «Stiere können sich das Porto sparen» stehen. Natürlich ist das nicht so schlimm wie die berüchtigten Aufschriften «Keine Schwarzen» oder «Keine Iren», denn astrologische Vorurteile richten sich nicht regelmäßig besonders stark gegen bestimmte Sternzeichen, aber das Prinzip der diskriminierenden Klischeevorstellungen – im Gegensatz zu der Maxime, Menschen als Individuen zu behandeln – bleibt bestehen.
Das kann menschlich sogar traurige Folgen haben. Bei Kontaktanzeigen geht es gerade darum, das Einzugsgebiet zum Kennenlernen von Sexualpartnern zu erweitern (und tatsächlich ist der Personenkreis, den der Arbeitsplatz und die Bekannten von Bekannten bieten, oft mager und vergrößerungsbedürftig). Einsame Menschen, deren Leben sich durch den lange ersehnten, passenden Partner grundlegend verändern könnte, werden ermutigt, absichtlich und völlig ohne Grund einen großen Teil der vorhandenen Bevölkerung auszuschließen. Manche Menschen leiden tatsächlich unter ihrer Einsamkeit, und mit ihnen sollte man Mitgefühl haben, statt sie absichtlich in die Irre zu führen.
Vor einigen Jahren soll sich nach einem nicht verbürgten Bericht Folgendes ereignet haben: Ein Zeitungsredakteur hatte Pech und musste für eine Ausgabe die täglichen astrologischen Ratschläge verfassen. Aus Langeweile schrieb er unter einem Sternzeichen folgende schicksalsschweren Zeilen: «Alle Sorgen des vergangenen Jahres sind nichts im Vergleich zu dem, was Ihnen heute widerfahren wird.» Er wurde entlassen, nachdem die Telefonzentrale der Zeitung unter den Anrufen panisch verängstigter Leser zusammengebrochen war – ein rührender Beweis, welch naives Vertrauen viele Menschen in die Astrologie setzen.
Neben den Antidiskriminierungsvorschriften haben wir auch Gesetze, die uns vor falschen Behauptungen der Hersteller über ihre Produkte schützen sollen. Aber dieses Gesetz gilt nicht für die Verteidigung einfacher Wahrheiten über die Natur. Wäre das der Fall, könnte man sich keinen besseren Musterprozess vorstellen als ein Verfahren gegen Astrologen. Sie behaupten, sie könnten die Zukunft vorhersehen und etwas über persönliche Vorlieben aussagen, und dafür lassen sie sich ebenso bezahlen wie für Ratschläge, die sie anderen vor wichtigen Entscheidungen erteilen. Würde ein Pharmahersteller eine Anti-Baby-Pille auf den Markt bringen, die nicht die geringsten Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat, müsste er sich nach dem Arzneimittelgesetz verantworten, und Kundinnen, die schwanger geworden sind, würden auf Schadenersatz klagen. Wieder einmal hört es sich vielleicht nach Überreaktion an, aber eigentlich verstehe ich nicht, warum berufsmäßige Astrologen nicht sowohl wegen Anstiftung zur Diskriminierung als auch wegen Betruges verhaftet werden.
Die Londoner Zeitung Daily Telegraph berichtete am 18. November 1997 über einen selbst ernannten Exorzisten, der eine junge Frau unter dem Vorwand, er müsse böse Geister aus ihrem Körper vertreiben, zum Sex überredet hatte und dafür zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Der Mann hatte seinem Opfer ein paar Bücher über Handlesen und Magie gezeigt und dann
Weitere Kostenlose Bücher