Der entzauberte Regenbogen
Qualifikation, dass sie oft dem Jungredakteur übertragen wird, der gerade Zeit hat. Der Journalist Jan Moir berichtete am 6. Oktober 1994 im Guardian : «Meine allererste journalistische Aufgabe bestand darin, die Horoskope für ein ganzes Sammelsurium von Frauenzeitschriften zu schreiben. Es war in der Redaktion die Tätigkeit, die man immer dem letzten Neuzugang übertrug, weil sie so dumm und einfach war, dass selbst ein Anfänger wie ich damit zurechtkam.» Ähnlich erging es dem Zauberkünstler und Vernunftmenschen James Randi: Er nahm als junger Mann unter dem Pseudonym Zo-ran eine Tätigkeit als Astrologe einer Zeitung in Montreal an. Randis Arbeitsmethode bestand darin, die Vorhersagen aus alten astrologischen Zeitschriften mit einer Schere auszuschneiden, in einem Hut zu mischen, zufällig unter die zwölf «Sternzeichen» zu kleben und sie dann als seine eigenen «Prophezeiungen» zu veröffentlichen. Er berichtet, wie er in der Mittagspause zufällig das Gespräch zweier Bürokräfte mitbekam, die eifrig «Zo-rans» Kolumne in der Zeitung studierten.
Sie quiekten vor Vergnügen, dass ihre Zukunft so schön vor ihnen ausgebreitet war, und auf meine Frage erwiderten sie, letzte Woche habe Zo-ran den «richtigen Riecher» gehabt. Ich gab mich nicht als Zo-ran zu erkennen … Die Leserbriefe auf meine Kolumne waren recht interessant gewesen und reichten bei mir für die Erkenntnis, dass viele Menschen fast jede Verlautbarung hinnehmen und für vernünftig halten, wenn sie von jemandem kommt, der als Autorität mit mystischen Kräften gilt. Als es so weit war, hängte Zo-ran seine Schere an den Nagel, stellte den Kleistertopf beiseite und gab die Tätigkeit auf …
Flim-Flam (1992)
Aus Fragebogenaktionen weiß man, dass viele Menschen, die täglich das Horoskop lesen, eigentlich nicht daran glauben. Sie lesen es angeblich nur zur «Unterhaltung» (ihr Geschmack für unterhaltsame Dichtung ist offenbar ganz anders als meiner). Aber eine beträchtliche Zahl von Menschen glaubt tatsächlich daran und handelt entsprechend; unter ihnen war nach beunruhigenden, offenbar authentischen Berichten auch Ronald Reagan während seiner Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten. Warum lassen sich alle von Horoskopen fesseln?
Erstens sind die Voraussagen oder Charakterbeschreibungen so nichts sagend, vage und allgemein gehalten, dass sie fast unter allen Umständen auf alle Menschen passen. Normalerweise lesen die Leute in der Zeitung nur ihr eigenes Horoskop. Würden sie sich zwingen, auch die elf anderen zu studieren, wären sie von der Genauigkeit ihres eigenen weit weniger beeindruckt. Zweitens erinnert man sich an die Treffer, während man die Fehler vergisst. Steht in einem Horoskop, das einen ganzen Absatz umfasst, ein einziger scheinbar zutreffender Satz, nimmt man diesen einen Satz wahr, während der Blick über alle anderen unaufmerksam hinweggeht. Und selbst wenn jemandem eine eindeutig falsche Voraussage auffällt, wird sie meist als interessante Ausnahme oder Anomalie eingestuft und nicht als Hinweis, dass alles nur Geschwafel ist. Sogar David Bellamy, ein durch das Fernsehen bekannter Wissenschaftler (und echter Held des Naturschutzes), gestand einmal der Radio Times (dem früher angesehenen Organ der BBC), er übe in bestimmten Dingen die «Zurückhaltung des Steinbockes», aber meistens senke er den Kopf und greife an wie eine echte Ziege. Ist das nicht interessant? Nun, nach meiner Überzeugung bestätigt es, was ich immer gesagt habe: Es ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt! Bellamy selbst wusste es vermutlich besser, aber er folgte schlicht dem verbreiteten Trend unter gebildeten Menschen, Astrologie als harmlose Unterhaltung anzusehen. Ich habe meine Zweifel, ob sie harmlos ist, und ich frage mich, ob Menschen, die sie unterhaltsam nennen, wirklich jemals durch sie unterhalten wurden.
«Mutter bringt Kätzchen von acht Pfund zur Welt» – das ist eine typische Schlagzeile aus einer Zeitung namens Sunday Sport , die wie ihr amerikanisches Gegenstück, der National Enquirer (mit einer Auflage von vier Millionen), ausschließlich lächerlich übertriebene Geschichten abdruckt, als seien es Tatsachen. Einmal lernte ich eine Frau kennen, die sich als Vollzeitangestellte eines derartigen Blattes in Amerika die Geschichten ausdachte; wie sie mir erzählte, wetteiferte sie mit ihren Kollegen darum, wer die absurdesten Themen erfinden konnte. Es erwies sich als sinnloser Wettbewerb:
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