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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Um viele Sterne im All, vielleicht sogar um die meisten, kreisen Planeten. Ihre Zahl ist so riesig, dass es vermutlich auf einigen davon Lebensformen gibt, und manche davon dürften auch Intelligenz und technische Fertigkeiten entwickelt haben. Aber von ihnen trennen uns so große Abstände in Raum und Zeit, dass Tausende von Lebensformen unabhängig voneinander entstehen könnten, ohne dass sie die Möglichkeit hätten, voneinander zu erfahren.
    Bei meiner Berechnung der Zahl der Geburtssterne bin ich davon ausgegangen, dass Sterne durchschnittlich 7,6 Lichtjahre voneinander entfernt sind. Das ist der ungefähre Wert für unseren Bereich der Milchstraße. Es hört sich nach einer erstaunlich niedrigen Sternendichte an (etwa 440 Kubiklichtjahre je Stern), aber im Vergleich zur Dichte der Sterne im gesamten Universum, in dem die Galaxien durch leeren Raum getrennt sind, ist sie sehr hoch. Isaac Asimov hat dafür einen eindrucksvollen Vergleich parat: Es ist, als wäre die gesamte Materie des Universums ein Sandkorn, das sich in der Mitte eines leeren Raumes von 30 Kilometern Länge, 30 Kilometern Breite und 30 Kilometern Höhe befindet. Und dieses Sandkorn wäre dann auch noch in tausend Millionen Millionen Millionen Bruchstücke zerfallen – so groß ist ungefähr die Zahl der Sterne im Universum. Das sind ein paar ernüchternde astronomische Tatsachen, und wie man leicht erkennt, sind sie wunderschön.
    Die Astrologie dagegen ist eine ästhetische Zumutung. Ihr präkopernikanisches Geplänkel erniedrigt die Astronomie und wertet sie ab – als ob man Beethoven für plärrende Werbespots verwenden würde. Außerdem ist sie eine Beleidigung für die wissenschaftliche Psychologie und den Facettenreichtum des menschlichen Charakters. Damit meine ich die leichtfertige und manchmal schädliche Art, wie Astrologen die Menschen in zwölf Kategorien einteilen. Skorpione sind fröhliche, extrovertierte Menschen, und Löwen mit ihrer systematischen Denkweise passen gut zu Waagen (oder was es sonst sein mag). Meine Frau Lalla Ward kann sich noch gut erinnern, wie ein amerikanisches Starlet auf den Regisseur des Films zuging, an dem sie beide gerade arbeiteten, und zu ihm sagte: «Hallo, Mr.   Preminger, welches Sternzeichen sind Sie?» Darauf erhielt sie im breitesten australischen Idiom die unsterbliche Erwiderung: «Ich bin ein Bitte-nicht-Störrrren.»
    Persönlichkeit ist ein höchst reales Phänomen, und die Psychologen haben mit einem gewissen Erfolg mathematische Modelle entwickelt, mit denen sie Persönlichkeitsunterschiede in vielen Dimensionen erfassen können. Die anfangs sehr zahlreichen Dimensionen lassen sich mathematisch auf eine immer geringere Zahl zurückführen, wobei die Vorhersagegenauigkeit in genau messbarem – und zu manchen Zwecken vertretbarem – Ausmaß geringer wird. Diese wenigen abgeleiteten Dimensionen entsprechen manchmal denen, die wir intuitiv zu erkennen glauben – Aggressivität, Eigensinn, Herzlichkeit und so weiter. Die Persönlichkeit eines Menschen als Punkt in einem vieldimensionalen Raum zusammenzufassen, ist eine zweckdienliche Näherung, über deren Beschränkungen man etwas aussagen kann. Sie ist weit entfernt von jeder Einteilung in einander ausschließende Kategorien und sicher auch weit entfernt von der lächerlichen Dichtung in den zwölf astrologischen Müllkästchen einer Zeitung. Sie stützt sich auf echte, bedeutsame Befunde über die betreffenden Menschen selbst und nicht auf ihren Geburtstag. Die vieldimensionale Einstufung des Psychologen ist unter Umständen nützlich für die Entscheidung, ob sich jemand für einen Beruf eignet oder ob ein bereitwilliges Paar zueinander passt. Die zwölf Schubladen des Astrologen sind teure, sinnlose Zeitverschwendung, wenn nicht Schlimmeres.
    Außerdem stehen sie in krassem Gegensatz zu unseren derzeitigen strengen Tabus und Antidiskriminierungsgesetzen. Zeitungsleser sind darauf gedrillt, sich selbst und ihre Bekannten als Skorpion, Waage oder ein anderes der zwölf mythischen «Zeichen» zu betrachten. Denken wir darüber einmal einen Augenblick nach: Ist das nicht eine Art der diskriminierenden Brandmarkung, ganz ähnlich den kulturellen Vorurteilen, die wir heute meist ablehnen? Ich kann mir gut einen Monty-Python-Sketch ausmalen, in dem eine Zeitung täglich eine Kolumne nach folgendem Muster abdruckt:
     
Deutsche: Es liegt in Ihrem Wesen, dass Sie hart und systematisch arbeiten, was Ihnen in der heutigen Berufswelt sehr

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