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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Für das, was die Menschen glauben, wenn sie es gedruckt sehen, gibt es anscheinend keine Grenzen. Auf der nächsten Seite hinter der Geschichte über die Acht-Pfund-Katze brachte die Sunday Sport einen Artikel über einen Zauberer, der die Nörgelei seiner Frau nicht mehr ertragen konnte und sie in ein Kaninchen verwandelte. Damit unterstützte das Blatt nicht nur das abgedroschene Klischee von der nörgelnden Ehefrau, sondern es fügte seinen Phantasiegeschichten in der gleichen Ausgabe auch noch einen Schuss Fremdenfeindlichkeit hinzu: «Verrückter Grieche macht Jungen zu Kebab.» Andere beliebte Geschichten aus derartigen Blättern tragen Überschriften wie «Marilyn Monroe kehrt als Kopfsalat zurück» (einschließlich eines grün eingefärbten Porträts der verstorbenen Leinwandgöttin inmitten frischen grünen Gemüses) und «Elvis-Statue auf dem Mars entdeckt».
    Der wiederauferstandene Elvis Presley wurde bei zahlreichen Gelegenheiten gesehen. Der Kult um seine Person mit aufbewahrten Zehennägeln und anderen Reliquien, mit Ikonen und Pilgerreisen steht im Begriff, zu einer regelrechten neuen Religion zu werden, aber er wird sich anstrengen müssen, damit er nicht von dem jüngeren Prinzessin-Diana-Kult verdrängt wird. Die Menschen, die 1997 nach ihrem Tod Schlange standen, um sich in die Kondolenzbücher einzutragen, berichteten den Journalisten, ihr Gesicht sei durch ein Fenster eindeutig zu erkennen gewesen – es habe aus einem alten Porträt geblickt, das an der Wand hing. Wie im Fall des Engels von Mons, der in den düstersten Tagen des Ersten Weltkrieges vielen Soldaten erschien, so «sahen» auch zahlreiche Augenzeugen den Geist von Prinzessin Diana, und die Nachricht verbreitete sich unter der trauernden Menge wie ein Lauffeuer, aufgeblasen wie üblich durch die Boulevardpresse.
    Ein noch wirksameres Medium als die Zeitungen ist das Fernsehen und dort leiden wir unter einer fast epidemieartigen Propaganda für Paranormales. Ein besonders berüchtigtes Beispiel gab es vor einigen Jahren in Großbritannien: Ein Geistheiler behauptete, er sei das Gefäß für die Seele eines vor 2000 Jahren verstorbenen Arztes namens Paulus von Judäa. Ohne den Hauch einer kritischen Untersuchung widmete die BBC ihm eine halbstündige Sendung, in der er seine Phantasien als Tatsachen verkaufen konnte. Kurz darauf hatte ich in einer Podiumsdiskussion mit dem Thema «Ausverkauf an das Übernatürliche», die 1996 beim Fernsehfestival in Edinburgh stattfand, eine Auseinandersetzung mit dem verantwortlichen Redakteur dieser Sendung. Er verteidigte sich vor allem mit dem Argument, der Mann könne tatsächlich Heilerfolge vorweisen. Das war offenbar das Einzige, was für ihn zählte. Wen kümmert es schon, ob die Wiedergeburt wirklich stattfindet, solange der Heiler seinen Patienten einen gewissen Trost bietet? Das Tollste aber war für mich ein Handzettel, den die BBC zu der Show verteilte. Unter den Namen der Personen, die als Berater mitgewirkt und den Inhalt der Sendung geprüft hatten, stand kein anderer als … Paulus von Judäa.
    Die exzentrischen Überzeugungen eines gestörten oder betrügerischen Menschen auf die Mattscheibe zu bringen ist das eine. Vielleicht ist es unterhaltsam oder sogar komisch – ich finde es allerdings ebenso bedenklich wie die Monstrositätenschau, über die man auf Rummelplätzen lacht, oder die derzeitige amerikanische Mode, im Fernsehen gewalttätige Auseinandersetzungen unter Eheleuten zu zeigen. Aber ganz etwas anderes ist es, wenn die BBC das Gewicht ihres langjährigen guten Rufes in die Waagschale wirft, indem sie die Phantasie in ihrer Werbung scheinbar für bare Münze nimmt.
    Eine billige, aber wirksame Strategie für Fernsehsendungen über das Paranormale besteht darin, dass man gewöhnliche Zauberkünstler auftreten lässt, wobei man dem Publikum aber immer wieder erklärt, das seien keine Zauberkünstler, sondern sie verfügten über echte übernatürliche Kräfte. Man muss es als weiteren Ausdruck zynischer Verachtung für die Intelligenz der Zuschauer ansehen, dass solche Kunststücke dann mit weniger Kontrollmaßnahmen vorgeführt werden, als man es sonst bei einer derartigen Show tun würde. Echte Zauberkünstler zeigen wenigstens pro forma, dass sie nichts im Ärmel oder keine Drähte unter dem Tisch haben. Wird ein Künstler dagegen als «paranormal» oder «übersinnlich» angekündigt, bleibt ihm selbst diese vordergründige Prüfung erspart.
    Ich möchte eine

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