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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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werden sollte, aber sie wird – oft, um damit Geld zu machen – von den Marktschreiern des Aberglaubens, des Übersinnlichen und der Astrologie vereinnahmt. Wohlklingende Phrasen wie «Das vierte Haus im Zeitalter des Wassermannes» oder «Neptun war rückläufig und bewegte sich in den Schützen» verbreiten eine Pseudoromantik, die für unwissende, leicht zu beeindruckende Menschen fast nicht von echter naturwissenschaftlicher Poesie zu unterscheiden ist: «Das Universum ist verschwenderisch jenseits aller Vorstellungskraft» – aus dem Buch Schöpfung auf Raten von Carl Sagan und Ann Druyan; oder aus dem gleichen Buch (nachdem beschrieben wurde, wie das Sonnensystem aus einer rotierenden Scheibe kondensiert ist): «Die Scheibe ist zum Bersten gefüllt mit möglichen Formen der Zukunft.» In einem anderen Buch schreibt Carl Sagan:
     
    Wie kommt es, daß kaum eine der großen Weltreligionen jemals die wissenschaftlichen Erkenntnisse betrachtete und dann daraus folgerte: «Das ist besser, als wir dachten! Das Universum ist viel größer, als unsere Propheten sagten, viel gewaltiger, subtiler und eleganter. Gott muß größer sein, als wir uns träumen ließen?» Statt dessen sagen sie: «Nein, nein, nein! Mein Gott ist ein kleiner Gott, und ich will, daß er klein bleibt.» Eine Religion, die die Größe des Universums im Sinne der modernen Wissenschaft betont, könnte wahrscheinlich auf wesentlich mehr Ehrfurcht und Ehrerbietung hoffen als die herkömmlichen Glaubensrichtungen. Früher oder später wird eine derartige Religion entstehen.
    Blauer Punkt im All (1996)
     
    Wo die traditionellen Religionen in den westlichen Ländern im Niedergang begriffen sind, tritt nicht die Naturwissenschaft mit ihrer weitsichtigeren, großartigeren Vision vom Kosmos an ihre Stelle, sondern eher Übersinnliches und Astrologie. Man hätte hoffen können, dass die Wissenschaft am Ende dieses naturwissenschaftlich erfolgreichsten Jahrhunderts aller Zeiten Eingang in unsere Kultur und unser ästhetisches Empfinden gefunden hat, um sich mit ihrer Poesie zu vereinigen. Ohne den Pessimismus eines C. P. Snow aus der Jahrhundertmitte wieder beleben zu wollen, stelle ich doch zwei Jahre vor seinem Ende widerstrebend fest, dass sich solche Hoffnungen nicht erfüllt haben. Bücher über Astrologie verkaufen sich besser als solche über Astronomie. Das Fernsehen bahnt den Weg zu zweitklassigen Taschenspielern, die sich als Spiritisten und Hellseher ausgeben. Dieses Kapitel befasst sich mit Aberglauben und Leichtgläubigkeit, versucht sie zu erklären und zeigt, wie einfach man sie ausnutzen kann. Das Kapitel 7 empfiehlt dann einfaches statistisches Denken als Gegengift gegen die Paranormalitätskrankheit. Beginnen möchte ich mit der Astrologie.
    Am 27. Dezember 1997 widmete die Daily Mail , eine der großen überregionalen Tageszeitungen Großbritanniens, ihre Titelgeschichte der Astrologie. Die Schlagzeile lautete: «1998: Das Zeitalter des Wassermanns steht vor der Tür.» Man empfand fast Dankbarkeit, als in dem Artikel eingeräumt wurde, der Hale-Bopp-Komet sei nicht der unmittelbare Grund für den Tod von Prinzessin Diana. Der hoch bezahlte Astrologe des Blattes erläuterte, der «langsam wandernde, machtvolle Neptun» werde seine «Kräfte» mit dem ebenso machtvollen Uranus vereinigen, wenn er in den Wassermann eintrete. Das werde dramatische Folgen haben:
     
    … Die Sonne geht auf. Und der Komet erinnert uns daran, dass diese Sonne keine physikalische Sonne ist, sondern eine spirituelle, psychische, innere Sonne. Deshalb muss sie auch nicht dem Gesetz der Schwerkraft gehorchen. Sie kann schneller über den Horizont steigen, wenn genügend Menschen sich erheben, um sie zu begrüßen und zu ermutigen. Und in dem Augenblick, da sie erscheint, kann sie die Dunkelheit vertreiben.
     
    Wie kann irgendjemand dieses sinnlose Gewäsch reizvoll finden, insbesondere angesichts des wirklichen Universums, das die Astronomie uns zeigt?
    In einer mondlosen Nacht, wenn die Sterne «sehr kalt vom Himmel herabblicken» und außer dem glimmenden Band der Milchstraße keine Wolken zu sehen sind, sollte man sich einmal an einen Ort weitab vom Licht der Straßenlaternen begeben, sich auf dem Rücken ins Gras legen und zum Himmel schauen. Auf den ersten Blick sieht man Sternbilder, aber das Muster eines Sternbildes hat keine größere Bedeutung als ein feuchter Fleck an der Badezimmerdecke. Man beachte, wie wenig es demnach bedeutet, wenn man sagt,

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