Der Erbe Dschainas
während die Heilung läuft, können wir uns nach außen wenden und unserem Feind entgegenstellen. Wir sind …«
Das leise Pochen betonte präzise den letzten Vers von Amolorans Gebet. Loman blickte zu ihm hinauf, und Fleischbrocken prasselten ihm ins Gesicht, wie auch in die Gesichter vieler Umstehenden. Er zog sich etwas Klumpiges von der Stirn und starrte angewidert auf das Stück Knochen und Gehirn, das er zwischen Zeigefinger und Daumen hielt. Amoloran hing zitternd am Gerüst. Er verfügte noch über den Unterkiefer, aber der Rest des Kopfes war verschwunden. Loman wandte sich ab und marschierte ärgerlich davon – und erst Claus und dann Aberil beeilten sich, ihn einzuholen.
»Es tut mir Leid!«, sagte Claus. »Ich bestrafe diesen Idioten am Scanner.«
»Interessante Sache«, räumte Loman ein. »Explosivimplantate im Schädelknochen. Anscheinend durch Rezitation des Fünften Satagenten gezündet.«
An der Treppe drehte er sich erneut zum riesigen Saal um. Forschend blickte er in ein Gesicht nach dem anderen und entdeckte in ihnen lediglich ausdruckslose oder mitfühlende Mienen – niemand in Sichtweite wagte es, eine Spur von Erheiterung über den für ihn peinlichen Vorfall zu zeigen. Er warf einen Blick auf Aberil und sendete: »Ich denke, du weißt, was zu tun ist.«
Da zuckte Aberils Messer vor und schlitzte Claus den Hals auf, ehe der Mann überhaupt eine Chance erhielt zu erkennen, dass er in Gefahr schwebte; dann stellte ihm Aberil ein Bein und schickte ihn mit dem Gesicht nach unten zu Boden, damit nicht zu viel Blut auf Loman spritzte.
Loman wischte sich ein paar Spritzer von der Robe und sagte: »In einer solchen Lage ist es gut, die Familie dabeizuhaben. Willkommen zu Hause, Erster Commander Aberil.«
Narbengesicht benahm sich sehr seltsam, aber andererseits war das verständlich, wenn man bedachte, dass er jetzt im Zwilling des riesigen Wesens steckte, das man auch seine Mutter hätte nennen können. Anstatt die gewohnte Reglosigkeit zu zeigen, hatte sich der Drachenmann von seinem Sitzgurt befreit und lief erregt im Boot herum. Cormac war auch erregt – sie hatten überlebt, aber es schien zweifelhaft, wie lange das noch von Bestand war. Die dumpfen Schläge und Gleitgeräusche konzentrierten sich inzwischen auf die Luftschleuse, und er hörte jetzt ein leises Ratschen.
»Drache, was machst du da?«, fragte er, die Funktaste mit dem Finger gedrückt.
»Ich komme herein«, antwortete Drache, was nicht wirklich tröstlich war.
Cormac bemerkte, dass der Outlinker jetzt den Kopf hob und an die Kapuze des Exoskeletts fasste.
Als Apis sah, dass Cormac auf ihn aufmerksam geworden war, erklärte er: »Man kann beide Luftschleusen von außen öffnen.«
Natürlich – das war ein Tatbestand, den Apis nur zu gut kannte.
»Ich würde mir nicht die Mühe mit Kapuze oder Maske machen«, sagte Cormac. »Falls Drache uns jetzt umbringen möchte, können wir nicht viel dagegen tun.« Er warf einen Blick auf Gant und sah, dass der Golem, obwohl er eine APW an sich drückte, während er den Sicherheitsgurt öffnete, eine resignierte Miene an den Tag legte.
»Mir scheint, dass Drache eine bestimmte Absicht mit uns verfolgt«, fand Mika, die sich ganz auf Narbengesicht konzentrierte. Ihr schien nach wie vor schlecht zu sein, aber sie hatte gerade einen Inhalator benutzt, der allem Anschein nach Wirkung zeigte; jedenfalls hatte sie bislang nach keiner weiteren Brechtüte verlangt.
»Aber welche Absicht?«, fragte Cormac. »Wir wissen, dass er sauer auf die Masadaner ist und vorhat, dort einigen Schaden anzurichten, aber nach meiner Erfahrung geht es gewöhnlich um große rauchende Krater, wenn Drache einigen Schaden im Sinn hat. Ich sehe keinen Grund, warum er uns überhaupt bei sich haben möchte, es sei denn, er hätte vor, dieses Landungsboot auf eine der Zylinderwelten der Theokratie zu schleudern.«
Jetzt ertönten Geräusche von der Innenluke der Luftschleuse, und wie ein Mann standen alle von ihren Sitzen auf und gingen auf die der Schleuse gegenüberliegende Seite des Fahrzeugs. Als sich das Handrad der Schleuse drehte, spürte Cormac etwas von dem, was die früheren Fahrgäste erlebt haben mussten, als Apis es zum Vakuum öffnete. Die Tür ging auf, und überall entlang der Türkante drangen fleischige Finger, dunkelrot und mit Schuppen bedeckt, in die Kabine ein. Langsam öffneten die hydraulischen Mechanismen die Tür weiter, und für Cormac war das ein gewisser Trost. Er kannte
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