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Der Erbe Dschainas

Titel: Der Erbe Dschainas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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fuhr fort: »Das ist jemand aus der griechischen Mythologie – auf der Erde. Wir haben im Geschichtsunterricht auch griechische Mythologie durchgenommen, denn Farins, unser Lehrer, sagt, allgemeine Kenntnisse über die Menschheit wären nötig, selbst wenn man nur eine Karriere in Metallurgie anstrebt.« Apis brach ab und holte Luft, und Cormac fragte sich, ob dieser Farins auch auf dem masadanischen Schiff umgekommen war. Apis erklärte: »Kadmus war jemand, der einen Drachen getötet hat, ihm dann die Zähne zog und sie als Saat in die Erde gab. Aus diesen Zähnen wuchsen Männer, die ihn umbringen wollten, bis er einen kostbaren Stein zwischen sie warf. Im Kampf um diesen Stein brachten sich viele von ihnen dann gegenseitig um, und die Überlebenden schlossen sich Kadmus an und halfen ihm, etwas zu bauen … eine Stadt, denke ich …« Apis wusste nicht mehr weiter.
    »Jetzt erinnere ich mich«, warf Mika ein. »Es gibt da noch etwas: ein kadmeischer Sieg ist ein unter großen eigenen Verlusten errungener.«
    Das war ein Gespräch, das Cormac nicht weiterverfolgen wollte. »Machen wir diese Kältesärge bereit«, sagte er.
    An vielen Stellen wich der Erdboden rutschigem Gestein und Stellen voller Geröll, das von weiter oben stammte. Inzwischen waren nur noch wenige Molchschwänze zu sehen – wobei die Exemplare, die noch vorkamen, verkümmert wirkten – und keinerlei Spur mehr von Flötengras. Die Mollusken, die Eldene schon von weiter unten kannte, drückten sich hier flacher ans Gestein, waren von matterer Farbe und zeigten chaotischere Muster. Als sie eine steile Felswand erreichten, wählte Fethan einen Weg rechts daran vorbei, der sich quer über den Hang zog.
    »Wie weit noch?«, keuchte Eldene und blieb stehen, um das Sauerstoffpaket abzunehmen und zur letzten Flasche mit Luft zu wechseln.
    Fethan hielt an und betrachtete sie. »Wir müssen eine geschützte Stelle für die Nacht finden, und wenn wir Glück haben, erreichen wir irgendwann morgen das Ziel. Dein Vorrat ist noch mehr als ausreichend, Mädchen.«
    Sagte er das nur, um sie zu trösten, und hoffte dabei, dass der Sauerstoffvorrat irgendwie reichte? Sie blickte sich um, während sie sich aufrichtete und den Tornister wieder auf den Rücken hängte. Na ja, wenn sie schon sterben sollte, dann war hier ein schönerer Platz dafür, als wenn sie einfach in einem Schleusenkanal unten an den Teichen umkippte. Sie fasste einen Entschluss: Sobald die Sauerstoffanzeige auf null sank – wie es bei der vorherigen Flasche gerade geschehen war –, würde sie die Maske absetzen und sich den Lauf von Volus' Pistole in den Mund stecken.
    Fethan ging voraus, um den Berg herum, und gelangte auf einen schmalen Pfad, der – wie Eldene anhand von Spuren sah – von einem Tier getrampelt worden war. Eine Art Äser? Oder etwas Unheimlicheres? Sie wollte gerade danach fragen, als sie um einen Vorsprung kamen, auf dem etwas stand und sie betrachtete.
    Das Tier, das auf den Hinterbeinen hockte, wies die gleichen zwei Paare Vordergliedmaßen auf – über dem Dreifachkiel der Brust gefaltet – wie eine Schnatterente. Der Kopf war allerdings nicht mit einem Schnabel ausgestattet: unter dem Diadem aus grünen Augen erblickte man einen herabhängenden schnauzenähnlichen Vorsprung, der als Maul dienen musste.
    Fethan deutete wegwerfend auf die Kreatur. »Ein Äser. Sie saugen einen Pilzschleim von den Unterseiten der Felsen ab. Völlig harmlos.«
    Eldene beeilte sich, zu ihm aufzuschließen, und war sich da nicht so sicher – ihr gefiel nicht, wie das Tier sie musterte, während es sich mit einer der gebogenen Vordertatzen die Schnauze kratzte.
    »Und was frisst hier oben diese Tiere?«, wollte sie wissen.
    »Kapuzler und Welsarane«, antwortete Fethan knapp.
    Als sie den Vorsprung umrundet hatten, erhielten sie Ausblick in ein Tal, das durch die Berge schnitt, und stiegen auf natürlich entstandenen Steinstufen dort hinab. Auf den flachen Steinflächen erblickte Eldene die vom Regen freigeätzten Gestalten fossiler Würmer, die von Eisenkies glitzerten, und sie spürte auf einmal die enorme Ungerechtigkeit von allem: sie war auf diesem Planeten geboren und aufgewachsen, und erst jetzt, wo sie gerade zur Frau gereift war, sah und erlebte sie ihn zum ersten Mal richtig. Seit Generationen hatten Oberflächenbewohner in ihrem ganzen Leben nie einen Bruchteil dessen zu Gesicht bekommen, was Eldene in den zurückliegenden Tagen begegnet war. War das fair?

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