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Der Erbe Dschainas

Titel: Der Erbe Dschainas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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Theokratie kam dafür nicht in Frage, denn falls er sie wieder in Richtung auf das Gebirge schickte, würden die nach wie vor zu ihren Höhlen hastenden Rebellen wahrscheinlich kehrtmachen und sie angreifen und damit jede Suche behindern. Die Soldaten der Theokratie stellten inzwischen ohnehin nur noch ein sehr grobes Werkzeug dar – nach der von ihm eingesetzten Hirnbrennung kaum noch mehr als Automaten –, und vor allem waren sie, obschon er sie zu steuern vermochte, wie Aphran nicht seine eigene Schöpfung und damit nicht vertrauenswürdig. Skellor schwebte etwas anderes vor.
    Sämtliche Shuttles der Occam, vom kleinsten Zwölfsitzer bis zu den großen Deltaflügel-Schwertransportern, waren bereits von Gewächsen der Dschaina-Substruktur umschlungen und durchdrungen, und in manchen Fällen sogar von der größeren Architektur. Zum Glück war Skellor nicht darauf angewiesen, tatsächlich auf dem Planeten zu landen; er musste lediglich in die Atmosphäre eindringen, und die Schlepper, die er erst nach Ausbreitung der Gewächse in ihre Laderäume zurückgeholt hatte, reichten dafür. Durch die Innensicht der Dschaina-Struktur – die ihm mit ihren nahezu unbegrenzt vielen optischen Fasern alles in den Bereichen des Schiffes zeigen konnte, in die sie vorgedrungen war – betrachtete er sich das anhaltende Wachstum der Calloraptorhybrid-Eier in ihrem polyedrischen Gerüst; dann erst entschied er, welche Veränderungen noch vorgenommen werden sollten. Um die Änderungen an Muskulatur und Knochenbau zu kalkulieren, brauchte er nur den Hauch einer Mikrosekunde, aber viel länger dauerte sein Ärger darüber, dass ihn praktische Erwägungen dazu nötigten, das Gewicht erheblich zu senken und damit auch die Stärke dieser Strukturen. Kurz überlegte er, eine Form von Antischwerkraft einzubauen, empfand diese Vorstellung dann jedoch als ästhetisch ungefällig. Sobald er schließlich entschieden hatte, was er tun musste, führte er es auch aus: Dschaina-Fäden verdunkelten das Eiweiß der Eier, als sie aufbrachen und sich neu formten und zur Vollkommenheit gelangten.
    Mit Hilfe der alten Mechanismen des Schiffes verlagerte Skellor hinter der Krankenstation einen Korridor, sodass eine direkte Verbindung zwischen dieser Zone und dem Hangar mit den Schleppern entstand. Als die in den Eiern laufenden Prozesse zum Abschluss gelangten und die Eier metallisch weiß wurden, saugte der Hauptstamm der Dschaina-Architektur sie an, der durch diese Zone verlief, und Milliarden mikroskopischer Flimmerhaare beförderten sie in den neu angelegten Korridor, bis zu der Stelle, wo Skellor einen neuen Dorn der Architektur erzeugte, um sie in den Hangar zu transportieren. Dort verklebte er sie zu einer dreidimensionalen Honigwabe in den Greifern von drei Schleppern, sodass es schließlich den Anschein hatte, als hielten diese Greifer Felsen aus einem Metallkonglomerat. Als sich das Hangartor schließlich öffnete und die Schiffe in den Weltraum hinausfegten, war Skellor enorm zufrieden mit seiner Schöpfung, umso mehr, als er sich nun daranmachte, gerissene kleine Verstandeseinheiten zu programmieren. Insgesamt hatte dieser Vorgang fünfeinhalb Solstan-Stunden gedauert – etwa doppelt so lange, wie er dafür gebraucht hätte, mit Hilfe der konventionellen Schiffsgeschütze jedes menschliche Leben vom Planeten zu tilgen. Aber das wollte er jetzt noch nicht tun – nicht, solange er so viel Spaß hatte!
    Durch ihr restlichtverstärkendes Fernglas nahm Lellan die unteren Berghänge in Augenschein und sah nach wie vor keine Spur von den Soldaten der Theokratie. Nichts von dem, was der Feind die ganze Nacht getan hatte, schien Struktur oder Sinn zu haben. Zuvor hatte er in unregelmäßigen Abständen angegriffen: kleine Einheiten, die aus der Deckung heraus scheinbar koordinierte Angriffe vortrugen, bis diese Ausfälle in freiem Gelände jeden Schwung verloren, wo Lellans Truppen die Soldaten der Theokratie als Übungszielscheiben benutzen konnten. Es war ein verrücktes und entsetzliches Erlebnis gewesen und schien jeden Sinnes zu entbehren, und doch hatte es zu einem Abnutzungseffekt geführt, denn der Gegner war ihren eigenen Leuten im Verhältnis drei zu eins überlegen. Inzwischen hatte er sich einfach umgewandt und war davon marschiert. Sie senkte das Fernglas und wandte sich der Technikerin zu, die Lellans Funkhelm in Einzelteilen auf einem von Mollusken überkrusteten Stein vor sich liegen hatte.
    »Glück gehabt?«, fragte Lellan.

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