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Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Titel: Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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leise erkundigte: „Dass ihr Brüder seid, Angel und du, hast du doch vorher schon gewusst. Ich kann mich erinnern, dass Karo mal so was angedeutet hat.“
    „ Das ist richtig. Ungeachtet der Risiken und der geringen Erfolgsaussichten hatten wir damals eine Nierentransplantation für Angel in Erwägung gezogen. Bei den dafür erforderlichen Tests haben wir es herausgefunden.“
    Die Gabel schlug klirrend gegen den Tellerrand, weil seine Hand plötzlich unkontrolliert zu zittern begann. Eine böse Vorahnung ergriff von ihm Besitz und strich wie ein eisiger Finger sein Rückgrat entlang. Totenbleich im Gesicht starrte er mit weit aufgerissenen Augen geradeaus, ohne die verblüfften Mienen der anderen wahrzunehmen.
    „ Ich bin in Angels Krankenzimmer gegangen, um es ihm mitzuteilen. Aber er hat genau dies schon gewusst. Es hat ihn nicht im Geringsten überrascht, als ich mit dieser Neuigkeit zu ihm kam. Weil er längst wusste, dass wir Brüder sind! Und er hat mir nichts davon erzählt.“
    „Vielleicht hatte der Professor zuvor mit ihm gesprochen. Oder eine der Laborratten.“
    „Nein, ich war der Erste, der es erfahren hat und Angel sagen wollte.“
    „Hast du ihn denn nicht gefragt, von wem er das wusste?“
    „Gefragt schon, jedoch keine Antwort erhalten. Er meinte lediglich, es würde sich nichts zwischen uns ändern. Die Wahrheit schmerzt zu sehr, war alles, was er erwiderte. Drei Jahre lang hätte sie ihn begleitet und Stück für Stück getötet. Ich sollte nicht mehr fragen.“
    „Und du hast wie immer getan, was er von dir verlangte“, fuhr Karo ihn ungehalten an. „Warum konntest du nicht einmal, wenigstens dieses eine Mal hart bleiben und auf einer Antwort beharren?“
    Danilo strich seiner Frau lächelnd übers Haar, entgegnete allerdings nichts auf ihren Vorwurf. Was auch? Nichts und niemand konnte Versäumnisse im Nachhinein wieder gutmachen.
    „Wer wusste sonst noch, dass ihr Brüder seid?“
    „ Das ist eine gute Frage. Wir sind zufällig im gleichen Kinderheim aufgewachsen, ohne zu wissen, dass wir gemeinsame Eltern hatten. Niemand, dem wir begegnet sind, nachdem man uns auf der Straße aufgelesen hatte, wusste es.“
    „Also muss er es von jemandem erfahren haben, der euch schon vorher kannte.“
    Danilo überlegte kurz und präzisierte: „Genau genommen hat man mich nicht gefunden, sondern bei der Polizei abgegeben. Das war, noch ehe Angel ins Kinderheim kam. Meine Mutter … es war unsere Mutter, die mich damit vor dem gleichen Schicksal bewahrte … vor dem, was Angel …“
    Unsicher schaute er zu Karo, die ihn fragend anblickte. Noch etwas, das er ihr vorenthalten hatte!
    „Oberschwester Erika und der Professor haben Angel vor der Klinik gefunden. Allein und verwahrlost. Es war nicht einfach nur Vernachlässigung oder Kindesmisshandlung. Er ist … missbraucht worden. Als kleines Kind. Er war gerade vier Jahre alt. Wahrscheinlich einzig mit dem Wissen um das Schicksal, welches mir ebenfalls drohte, schaffte es unsere Mutter, mit mir auf dem Arm die Flucht zu ergreifen. Mehr konnte sie nicht tragen – irgendjemand hatte ihr am Tag zuvor den anderen Arm gebrochen.
    Wie weit sie gefahren ist, ehe sie sich einem Polizisten anvertraute, ließ sich den Akten zu folge nicht nachvollziehen. Auf der Polizeistation nannte sie meinen Namen – Iwanow war ihr Mädchenname –, dann brach sie zusammen. ‚Rettet meinen Sohn‘, waren ihre letzten Worte und die Polizisten nahmen an, sie meinte mich damit. Sie hat das Bewusstsein nicht wiedererlangt, um der Polizei von ihrem älteren Sohn und seinem Aufenthaltsort zu berichten. Kurz darauf starb sie im Krankenhaus an einem Blutgerinnsel im Gehirn als Folge brutaler Schläge. Ihr ganzer Körper war mit Hämatomen, Narben und Brandwunden übersät.“
    Genau wie der von Angel, als er aus der Gewalt seiner Entführer befreit worden war.
    Mit einem Schlag herrschte Totenstille. Es schien, als hätten nicht allein die Menschen, sondern der gesamte Raum die Luft angehalten.
    „ Es war euer Vater, der wusste, dass ihr Brüder seid“, sprach Susanne langsam und ganz leise aus, was die anderen alle dachten. „Dieser Stojan Stojkow.“
    „Stojan Stojkow?“, stammelte Alicia und wechselte mit Manuel entsetzte Blicke. „Ist das dein Vater, Danilo?“
    Als der nickte, flüsterte sie: „Ich kenne diesen Namen.“
    Stockend, als müsste sie in den dunkelsten Ecken ihres Gedächtnisses danach kramen, erzählte sie von der Vergewaltigung ihrer Mutter

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