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Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Titel: Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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mir vielleicht erst einmal deine Version der Geschichte erzählen. Es ist nämlich … mmmh, ziemlich verworren, wie ich Karos Reden entnommen habe.“
    Danilo ließ sich schwer auf die Bank sinken und schüttelte müde den Kopf. „Nein, ist es genau genommen gar nicht. Von Anfang an war mir klar, welches Risiko ich einging, als ich Karo an Angels Sterbebett nicht sofort von der Spritze erzählte, die ich auf dem Boden fand. Die leeren Ampullen lagen unter seinem Kopfkissen, sodass Karo sie nicht sehen konnte, als sie am Morgen … danach … neben ihm aufwachte. Die Wahrheit ist: Ich wusste von Anfang an, dass sich Angel eine Überdosis Morphin gespritzt hat. Die Folge davon war, dass er ins Koma gefallen und an Atemlähmung gestorben ist. Bei der Obduktion wurde eine Fremdeinwirkung zweifelsfrei ausgeschlossen.“
    Er wandte Suse sein Gesicht zu und sie musste sich Zügel anlegen, um ihm nicht die tiefen Falten aus der Stirn zu streichen. In seinen Augen spiegelten sich grenzenloser Schmerz über den Verlust des Bruders und Verbitterung über sein eigenes Versagen wider.
    „ Wie hätte ich Karo davon erzählen sollen? Hätte das ihren Kummer um den Verlust von Angel nicht unerträglich werden lassen? Am Vortag war sie so glücklich, regelrecht euphorisch, als er für uns alle völlig überraschend wieder sehen konnte. Und dabei hatte ich ihr noch kurz zuvor eröffnen müssen, dass sich seine Blutwerte dramatisch verschlechterten. Er hat körperlich immer schneller abgebaut, sodass wir von da an jederzeit mit dem Schlimmsten rechnen mussten. Deswegen konnten wir uns zunächst auch nicht erklären, was diesen plötzlichen Aufschwung ausgelöst hatte. Karo hat Angel im Rollstuhl durch die Klinik gefahren und ihm damit erst ermöglicht …“
    Abrupt stand er auf und tigerte, sich d as ergraute Haar raufend, vor der Bank auf und ab. „Ich habe ihr die Wahrheit nicht sagen können. Suse, du weißt, sie hätte sich die Schuld gegeben. Im Nachhinein haben wir die Strecke rekonstruiert, die die beiden an diesem Tag zurückgelegt haben. Angel wusste, wo er meinen Schlüssel zum Giftschrank finden würde. Seit Jahren schon lag er immer an der gleichen Stelle.“
    „Also gibst du dir jetzt die Schuld?“
    Er blickte kurz auf. „Ich muss mir den Vorwurf gefallen lassen, nicht sofort überprüft zu haben, ob die Medikamente auch noch vollzählig waren, nachdem Angel mein Zimmer verlassen hatte.“
    „Ist e s denn üblich, nach jedem Besuch eine Kontrolle durchzuführen?“
    „Üblich oder nicht , ich hätte es tun müssen. Dann wäre mir sofort aufgefallen, dass etwas nicht stimmt, und wir hätten etwas unternehmen können. Wir hätten nach den fehlenden Ampullen gesucht und verhindert, was passiert ist.“
    „Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Angel war unheilbar krank, nicht wahr?“
    Danilo bestätigte es mit einem abgrundtiefen Seufzer.
    „Wie lange hätte er unter diesen Umständen noch überlebt? Seine Schmerzen ließen sich nur durch immer größere Mengen Morphin in einigermaßen erträglichen Grenzen halten, auch richtig? Er war auf weniger als die Hälfte seines ursprünglichen Gewichts abgemagert, sodass er sich nicht mal mehr alleine auf den Beinen halten konnte. Hätte ihm nicht irgendwann ein Multiorganversagen gedroht? Ich habe mich … Danilo, es waren nicht bloß seine Nieren.“
    „Du hast Recht, trotzdem …“
    „Und wenn er sich nicht Zugang zu deinem Giftschrank verschafft hätte, hätte er vermutlich eine andere Möglichkeit gefunden.“
    „… trotzdem hätte ich …“
    „Und dabei solltest du es belassen! Niemand konnte es verhindern.“
    „ Ich hätte den Inhalt des Giftschranks kontrollieren müssen“, beharrte er weiterhin auf seiner Schuld.
    „Meine Güte, wie hält Karo das bloß mit dir aus? Du bist ein dermaßen unbelehrbarer, sturer Kerl wie …“
    Die schmerzliche Erinnerung an ihre Männer überflutete sie. Danilo war nicht weniger oder mehr dickköpfig, als Adrian und Matthias Clausing es gewesen waren. Genau wie diese beiden war auch Danilo Iwanow stets darum bemüht, alle Widrigkeiten von den Menschen, die er liebte, fernzuhalten, ihnen Kummer und Leid zu ersparen, selbst wenn es ihn bis an seine Grenzen belastete.
    „Komm, lass uns ins Haus gehen. Ein Kaffee wird dir jetzt gut tun.“
    Dabei hatte sie natürlich mehr den Cognac im Sinn, den Matt’n für besondere Gelegenheiten hinter der Encyclopedia Britannica bereitgehalten hatte. Sie schob ihren Gast durch die

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