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Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee

Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee

Titel: Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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ist eine Zeit, über die ich viel nachdenke. Als ich mit dem Erzmagier im Westbereich war, auf der Suche nach Cob, dem Schwarzkünstler, kamen wir an Jessetsch vorbei, das noch weiter draußen liegt als Simly, und sahen dort verbrannte Felder. Und auf den Dracheninseln beobachteten wir, dass sie sich bekämpften und einander töteten wie tollwütige Tiere.«
    Nach einem Augenblick des Schweigens fragte Prinz Sege: »Könnte es sein, dass einige jener Drachen nicht von ihrer Raserei genesen sind?«
    »Es ist fünfzehn Jahre und länger her«, sagte Onyx. »Aber Drachen leben sehr lange. Vielleicht vergeht für sie die Zeit anders.«
    Erle bemerkte, dass der Zauberer, während er sprach, zu Tehanu schaute, die ein Stück abseits von ihnen beim Weiher stand.
    »Doch sie greifen erst seit einem oder zwei Jahren Menschen an«, sagte der Prinz.
    »Das haben sie nicht getan«, wandte Tosla ein. »Wenn ein Drache die Bewohner eines Hofes oder eines Weilers vernichten wollte, wer könnte ihn davon abhalten? Ihre Attacken galten stets den Lebensgrundlagen der Menschen: Feldfrüchten, Heuschobern, Höfen, Vieh. Sie sagen: Verschwindet - fort mit euch aus dem Westen!«
    »Aber warum sagen sie's mit Feuer, mit Verheerung?«, fragte der Zauberer. »Sie können doch sprechen! Sie sprechen die Sprache des Erschaffens. Morred und Er-reth-Akbe haben mit Drachen gesprochen. Unser Erzmagier hat mit ihnen gesprochen.«
    »Diejenigen, die wir auf den Dracheninseln sahen«, sagte der König, »hatten die Macht der Sprache verloren. Der Riss, den Cob der Welt zugefügt hatte, sog die Macht aus ihnen heraus, genau wie bei uns. Allein der große Drache Orm Embar kam zu uns. Er sprach zum Erzmagier und sagte ihm, er solle nach Selidor gehen ...«Er hielt inne, den Blick in weite Feme gerichtet. »Und selbst Orm Embar ward die Sprache genommen, bevor er starb.« Wieder wandte er den Blick von ihnen, und ein seltsames Licht trat in sein Gesicht. »Er starb für uns. Er öffnete uns den Weg in das dunkle Land.«
    Alle schwiegen eine Weile. Tenars leise Stimme brach schließlich das Schweigen. »Sperber sagte einmal zu mir - lasst mich sehen, ob ich die Worte zusammenbekomme, die er gebrauchte ... Er sagte, dass der Drache und die Sprache des Drachen eins seien, ein Wesen. Dass ein Drache nicht die Alte Sprache lernt, sondern dass er sie ist.«
    »So wie eine Seeschwalbe Fliegen ist. So wie ein Fisch Schwimmen ist«, sagte Onyx langsam. »Ja.«
    Tehanu, die immer noch reglos am Weiher stand, hörte zu. Alle blickten jetzt auf sie. Der Ausdruck im Gesicht ihrer Mutter war eindringlich, gespannt. Tehanu wandte den Blick ab.
    »Wie bringt man einen Drachen dazu, mit einem zu sprechen?«, fragte der König. Er sagte es leicht daher, als sei es ein Scherz, aber es folgte erneut Schweigen. »Nun«, meinte er dann, »das ist etwas, das wir hoffentlich erfahren können. Meister Onyx, da wir gerade von Drachen sprechen, seid doch so gut und erzählt uns die Geschichte von dem Mädchen, das in die Schule auf Rok kam, denn außer mir hat sie noch niemand gehört.«
    »Ein Mädchen in der Schule!«, rief Tosla mit einem spöttischen Grinsen. »Da hat sich aber einiges geändert auf Rok!«
    »Das hat es in der Tat«, sagte der Zauberer mit einem langen, kühlen Blick zu dem Seemann. »Es ist etwa acht Jahre her. Sie kam von Weg, vermummt als junger Mann, und wollte die Kunst der Magie studieren. Natürlich konnte ihre dürftige Verkleidung den Türsteher nicht täuschen. Trotzdem ließ er sie ein, und er ergriff ihre Partei. Zu der Zeit wurde die Schule vom Meister des Gebietens geleitet, dem Mann ...«, und er stockte kurz, »dem Mann, von dem ich Euch erzählt habe, dass ich letzte Nacht von ihm träumte.«
    »Erzählt uns ein wenig mehr von diesem Mann, Meister Onyx«, bat der König. »Das war Thorion, der vom Tode zurückkehrte?«
    »Ja. Als der Erzmagier überfällig war und keine Nachricht von ihm kam, fürchteten wir, dass er tot wäre. Also setzte der Gebieter seine Kunst ein, um nachzuschauen, ob er tatsächlich die Mauer überstiegen hatte. Er blieb lange dort, und die Meister bangten sich denn auch um ihn. Aber schließlich erwachte er und sagte, der Erzmagier sei dort unter den Toten und werde selbst nicht zurückkehren, sondern habe ihn, Thorion, geheißen, zurückzukehren, um Rok zu regieren. Doch es dauerte nicht lange, und der Drache brachte den Erzmagier Sperber lebend zu uns, zusammen mit meinem Herrn Lebannen ... Kaum aber war der Erzmagier

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