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Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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Mann, dankbar und hocherfreut, sagte zu Ged: »Wir tauften das Boot Sanderling , Sie aber müssen es Weitblick nennen und zwei Augen an den Bug malen, auf jede Seite eins, und mein Dank wird aus dem blinden Holz aufs Meer blicken und wird Sie vor Fels und Riff bewahren. Denn ich habe ganz vergessen, wie hell und licht die Welt ist, und Ihnen habe ich es zu verdanken, daß mir das Licht wiedergeschenkt wurde.«
    Als Ged seine Macht wieder zurückkehren fühlte, vollbrachte er noch andere magische Werke in dem Dorf, das am Fuße des steil ansteigenden Waldes der Insel lag. Diesen Menschenschlag kannte er: Sie waren nicht viel anders als die Leute des Nordtales in Gont, unter denen er aufgewachsen war, eher noch ärmer. Er fühlte sich wohl unter ihnen, wohler, als er sich wohl je an den Höfen der Reichen fühlen würde. Er wußte, wo sie der Schuh drückte, er brauchte nicht lange zu fragen. Über die Siechen und die kranken Kinder wob er die Formel des Heilens und des Schutzes, die kümmerlichen Schaf- und Ziegenherden bedachte er mit magischen Worten des Vermehrens, den Spinnrädern und Webstühlen, den Rudern und anderen Werkzeugen gab er die Rune Simm, damit sie ihre Arbeit gut verrichteten, in die Dachbalken der Hütten ritzte er die Rune Pirr, die das Haus und seine Bewohner vor Feuer, Wind und Wahnsinn schützt.
    Als sein Boot Weitblick bereitlag und mit Wasser und geräuchertem Fisch wohl versehen war, blieb er noch einen zusätzlichen Tag, um dem jungen Dorfsänger die Taten von Morred und die Havnor-Lieder beizubringen. Es kam selten vor, daß ein Schiff des Inselreiches an den Händen anlegte: Lieder, die vor hundert Jahren gedichtet worden waren, waren den Dorfbewohnern neu, und sie waren begierig, von Heldentaten zu hören. Wäre Ged frei gewesen, so hätte er gern eine Woche oder einen Monat lang unter ihnen geweilt und ihnen alles vorgesungen, was er kannte, damit die berühmten Gesänge auf einer neuen Insel heimisch würden. Aber er war ja nicht frei, und am folgenden Morgen zog er sein Segel hoch und verließ die Insel in südlicher Richtung. Er begab sich hinaus auf das weite, leere Meer des Außenbereiches, denn der Schatten war nach Süden geflohen. Er bedurfte keiner Findeformel, er war sich dessen so gewiß, als spule sich eine Schnur ab zwischen ihnen, die sie beide verband, gleichgültig, wie viele Meilen, welche Länder und Meere zwischen ihnen lagen. So segelte er dahin, ohne Eile und ohne Hoffnung, auf einem Weg, den er nicht vermeiden konnte, und der Winterwind trug ihn nach Süden.
    Einen Tag und eine Nacht lang segelte er über das einsame Meer. Am zweiten Tag kam er an eine kleine Insel, die von den Einwohnern dort Vemisch genannt wurde. Die Leute am Hafen betrachteten ihn argwöhnisch, und ihr Zauberer kam eilenden Schrittes herbeigelaufen. Er sah Ged prüfend an, dann verneigte er sich und sagte in anmaßendem und zugleich bittendem Ton: »Mein Herr Zauberer! Verzeihen Sie mir die kühnen Worte, aber tun Sie uns den Gefallen, und nehmen Sie, was wir Ihnen zu bieten haben – Nahrung, Trank, Leintuch, Seile. Meine Tochter ist gerade unterwegs und wird Ihnen ein paar gebratene Hühner ins Boot legen, doch ich erachte es für weise, wenn Sie gleich, sobald es Ihnen genehm ist, weitersegeln. Die Leute hier sind etwas in Aufruhr, denn vor kurzem – vorgestern, genauer gesagt – beobachteten einige unter ihnen, wie ein Mensch unsere Insel von Norden nach Süden zu Fuß überquerte. Sie sahen kein Boot, das ihn hierherbrachte, und auch keines, das ihn wieder fortführte, und man will gesehen haben, daß er keinen Schatten warf. Und diejenigen, die ihn sahen, fanden, daß er Ihnen ähnlich sei.«
    Als er dies vernahm, senkte Ged das Haupt, kehrte um und ging zurück zu den Piers von Vemisch und segelte davon, ohne zurückzublicken. Es war nicht nötig, die Inselbewohner noch mehr zu erschrecken und sich ihren Zauberer zum Feind zu machen. Lieber verbrachte er die Nacht auf See und dachte darüber nach, was der Zauberer ihm gesagt hatte, denn diese Nachricht war ihm selbst ein großes Rätsel.
    Der Tag endete, und die Nacht brachte einen kalten Regen, der leise wispernd ins Wasser fiel und den beginnenden Morgen in graues Dämmerlicht hüllte. Noch immer blies der Wind sachte aus dem Norden und trug Weitblick weiter nach Süden. Am Nachmittag hörte es auf zu regnen, der Nebel verflüchtigte sich, und die Sonne schien ab und zu zwischen den Wolken. Am Spätnachmittag sah Ged rechts von

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