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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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wirklich langsam alt. Er nickte Halvorsen zu, der überrascht aussah, sich aber erhob. Albert Gilstrup wartete, bis der Kommissar die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    »Ja, wir haben Jon Karlsen getroffen. Mads, Ragnhild und ich sind mit ihm in seiner Funktion als Wirtschaftsberater der Heilsarmee zusammengekommen. Wir haben ihm ein Angebot gemacht, das für ihn persönlich sehr lukrativ gewesen wäre, das er aber ausgeschlagen hat. Ohne Zweifel handelt es sich bei ihm um eine Person mit Moral und Integrität. Aber natürlich könnte er Ragnhild trotzdem verführt haben, so etwas soll ja schon vorgekommen sein. Außereheliche Abenteuer machen heutzutage keine Schlagzeilen mehr, so viel weiß ich auch. Trotzdem müssen wir Ihre Andeutung zurückweisen, einfach aufgrund von Ragnhilds Persönlichkeit. Glauben Sie mir, ich kannte diese Frau seit Langem. Sie war nicht nur ein hoch geschätztes Mitglied der Familie, sondern auch eine charakterfeste Person.«
    »Und wenn ich Ihnen sage, dass sie einen Schlüssel für Jon Karlsens Wohnung hatte?«
    »Ich will nichts mehr davon hören!«, kam es kurz und knapp von Albert Gilstrup.
    Harry warf einen Blick auf Mads Gilstrups Spiegelbild in der Glaswand, während dessen Vater fortfuhr:
    »Ich will Ihnen erklären, warum wir mit Ihnen allein sprechen wollten, Hole. Sie leiten die Ermittlungen, und wir haben uns überlegt, einen Bonus auszusetzen, wenn es Ihnen gelingt, Ragnhilds Mörder zu finden. Die Rede ist von zweihunderttausend Kronen. Volle Diskretion.«
    »Wie bitte?«, fragte Harry.
    »All right« , sagte Gilstrup. »Über den Betrag können wir noch reden. Das Wichtigste für uns ist aber, dass diese Sache bei Ihnen höchste Priorität bekommt.«
    »Sagen Sie mal, versuchen Sie gerade, mich zu bestechen?« Albert Gilstrup lächelte säuerlich. »Das klingt aber dramatisch,Hole. Denken Sie darüber nach. Wir haben nichts dagegen, wenn Sie das Geld anschließend dem Witwen-und-Waisen-Fonds der Polizei stiften.«
    Harry antwortete nicht. Albert Gilstrup schlug mit der flachen Hand auf den Tisch:
    »Dann sind wir mit dieser Sitzung wohl am Ende. Lassen Sie uns alle Möglichkeiten offenhalten, Herr Hauptkommissar.«
     
    Halvorsen gähnte, als der gläserne Aufzug geräuschlos und sachte nach unten sank. So ähnlich, dachte er, schwebten wohl auch die Engel in den Weihnachtsliedern auf die Erde herab.
    »Warum hast du den Vater nicht gleich rausgeschmissen?«, fragte er.
    »Weil er interessant ist«, sagte Harry.
    »Was hat er gesagt, als ich draußen war?«
    »Dass Ragnhild ein nettes Mädchen war, das unmöglich ein Verhältnis mit Jon Karlsen gehabt haben kann.«
    »Glauben die das wirklich?«
    Harry zuckte mit den Schultern.
    »Habt ihr auch noch über etwas anderes gesprochen?«
    Harry zögerte. »Nein«, sagte er und betrachtete blinzelnd die grüne Springbrunnen-Oase inmitten der Marmorwüste. »Woran denkst du?«, fragte Halvorsen.
    »Ich weiß nicht recht. Ich habe Mads Gilstrup lächeln sehen.« »Hä?«
    »Ich habe sein Spiegelbild im Glas beobachtet. Ist dir aufgefallen, dass Albert Gilstrup wie eine Holzpuppe aussah? Von so einem Bauchredner?«
    Halvorsen schüttelte den Kopf.
    Sie gingen über den Munkedalsvei in Richtung Konzerthaus und waren plötzlich umringt von Menschen, die ihre Weihnachtseinkäufe hektisch nach Hause schleppten.
    »Kalt«, sagte Harry und schüttelte sich. »Scheiße, dann bleiben die Abgase unten am Boden. Die ersticken die Stadt ja geradezu.«
    »Immer noch besser als dieser eklige Rasierwassergestank im Sitzungszimmer«, sagte Halvorsen.
    Am Personaleingang des Konzerthauses wies ein Plakat auf dasWeihnachtskonzert der Heilsarmee hin. Auf dem Bürgersteig davor hockte ein Junge. In seiner ausgestreckten Hand steckte ein leerer Pappbecher.
    »Du hast Bjørgen angelogen«, sagte Halvorsen.
    »Habe ich das? «
    »Zwei Jahre Haft für Stesolid? Und woher willst du wissen, dass Stankic nicht neun rachsüchtige Brüder hat?«
    Harry zuckte mit den Schultern und sah auf die Uhr. Es war zu spät für das Treffen der AA. Vielleicht war es an der Zeit, mal wieder Gottes Wort zu hören.
     
    *
     
    »Wenn aber Jesus wieder zurück auf die Erde kommt, wer wird dann in der Lage sein, Ihn zu erkennen?«, rief David Eckhoff, und die Flammen der Kerzen vor ihm begannen zu flackern.
    »Vielleicht ist der Erlöser schon jetzt unter uns, hier in dieser Stadt?«
    Ein Murmeln ging durch die Gruppe der Menschen, die sich in dem großen, weiß

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