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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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durch den Schuss auf Jon hatte er die Nachbarschaft ja schon aufgeschreckt.«
    »Das haben wir uns auch gefragt.«
    »Und warum sticht er Halvorsen nieder und flieht dann? Der einzige Grund, Halvorsen zu erledigen, wäre doch, dass er sich anschließend um Jon kümmern kann. Aber er versucht es nicht einmal.«
    »Er wurde gestört. Da kam doch ein Auto, nicht wahr?«
    »Ja, aber wir reden hier von einem Mann, der gerade auf offener Straße einen Polizisten niedergestochen hat. Warum sollte er sich von einem zufällig vorbeifahrenden Auto beeindrucken lassen? Und warum sollte er ein Messer benutzen, wenn er die Pistole schon in der Hand hatte?«
    »Das ist eine gute Frage.«
    Harry schloss die Augen. Lange. Beate stampfte mit den Füßen im Schnee.
    »Harry«, sagte sie. »Ich würde hier gerne weg, ich «
    Harry öffnete langsam die Augen. »Er hatte keine Munition mehr.«
    »Was?«
    »Das war Stankics letzte Patrone.«
    Beate seufzte tief. »Das ist ein Profi, Harry. Dem geht doch nicht die Munition aus! «
    »Doch, genauso war es«, sagte Harry voller Eifer. »Wenn du einen detaillierten Plan hast, wie du einen bestimmten Kerl beseitigen willst, und dafür eine oder zwei Patronen benötigst, nimmst du doch nicht ein ganzes Munitionslager mit. Du musst in ein fremdes Land, dein gesamtes Gepäck wird durchleuchtet, und du musst dich ja auch irgendwo verstecken, stimmt’s?«
    Beate antwortete nicht, und Harry fuhr fort:
    »Stankic schießt also mit seiner letzten Kugel auf Jon und verfehlt ihn. Dann greift er Halvorsen mit einer Stichwaffe an. Warum? Eben um ihm die Waffe abzunehmen, damit er Jon weiter jagen kann. Deshalb war das Blut an Halvorsens Gürtel. Da sucht man nicht nach einem Portemonnaie, das ist vielmehr die Stelle, wo du eine Waffe vermuten würdest. Aber er findet keinen Revolver, er weiß ja nicht, dass der im Auto liegt. Und inzwischen hat sich Jon im Haus eingeschlossen, und Stankic hat nur ein Messer. Deshalb gibt er auf und türmt.«
    »Schöne Theorie«, sagte Beate und gähnte. »Wir könnten Stankic ja fragen, wenn er nicht tot wäre. Weshalb das Ganze wohl auch nicht mehr so wichtig ist, oder?«
    Harry sah Beate an. Ihre Augen waren klein und gerötet vom Schlafmangel. Sie war taktvoll genug gewesen, ihm nicht zu sagen, dass er nach Alkohol stank, altem und frischem. Oder klug genug, um zu wissen, dass es keinen Sinn hatte, ihn damit zu konfrontieren. Aber auch er erkannte, dass er in diesem Augenblick kein Gehör bei ihr fand.
    »Was hat diese Zeugin im Auto gesagt?«, fragte Harry. »Dass Stankic nach links abgehauen ist? «
    »Ja, sie hat ihm im Spiegel nachgeschaut. Und an der Ecke da hintenist er hingefallen. Da haben wir dann diese kroatische Münze gefunden.«
    Er blickte zur Ecke. Da hatte der Bettler mit dem Seehundschnäuzer gesessen, als Harry das letzte Mal hier gewesen war. Vielleicht hatte der etwas gesehen? Aber jetzt waren es minus zweiundzwanzig Grad, und sein Platz war verwaist.
    »Lass uns in die Gerichtsmedizin fahren«, sagte Harry.
    Wortlos fuhren sie die Toftes gate hinauf und dann über den Ring 2 am Ullevål-Krankenhaus vorbei. Auf dem Sognsvei passierten sie weiße Gärten und Häuser im englischen Stil, als Harry plötzlich die Stille durchbrach:
    »Fahr da mal rechts ran! «
    »Jetzt? Hier?«
    »Ja.«
    Sie sah in den Spiegel und tat, was er verlangte.
    »Mach den Warnblinker an«, sagte Harry. »Und dann konzentrier dich auf mich. Erinnerst du dich noch an dieses Intuitionsspielchen, das ich dir beigebracht habe?«
    »Du meinst, das mit dem Reden, bevor man denkt?«
    »Oder zu sagen, was man denkt, ehe man denkt, dass man das nicht denken sollte. Mach deinen Kopf frei.«
    Beate schloss die Augen. Auf dem Bürgersteig rutschte eine Familie auf Skiern vorbei.
    »Bereit? Okay. Wer hat Robert Karlsen nach Zagreb geschickt?« »Sofias Mutter.«
    »Hm«, sagte Harry. »Wo kam das denn her?«
    »Keine Ahnung«, sagte Beate und öffnete die Augen. »Sie hat kein Motiv, jedenfalls keines, das wir kennen würden. Und sie ist definitiv nicht der Typ für so etwas. Vielleicht weil sie wie Stankic Kroatin ist. Mein Unterbewusstsein denkt wohl nicht so kompliziert.«
    »Alles, was du sagst, kann richtig sein«, sagte Harry. »Abgesehen von dem, was du über dein Unterbewusstsein gesagt hast. Okay. Frag mich.«
    »Muss ich … laut fragen?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Tu es einfach«, sagte er und schloss die Augen. »Ich bin bereit.« »Wer hat Robert Karlsen nach Zagreb

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