Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
Vom Netzwerk:
Setzen Sie sich, das Essen ist fertig.«
    Er legte die Pistole neben den Teller und aß Labskaus. Er bemerkte, dass es eine Konserve der gleichen Marke war wie die, die er in Harry Holes Wohnung gegessen hatte. Auf dem Fensterbrett stand ein altes, blaues Transistorradio. Es spielte verständliche Popmusik, unterbrochen von unverständlichem Geschwafel. Gerade lief eine Melodie, die er aus einem Film kannte. Mutter hattesie manchmal auf dem Klavier gespielt, das vor dem Fenster stand, »dem einzigen, von dem aus man die Donau sehen konnte«, wie Vater immer gesagt hatte, wenn er Mutter ärgern wollte. Und wenn sie sich ärgern ließ, renkte Vater alles gleich wieder ein, indem er sie fragte, wie eine derart intelligente und hübsche Frau wie sie sich für einen Mann wie ihn hatte entscheiden können.
    »Ist Harry Ihr Freund?«, fragte er.
    Martine schüttelte den Kopf.
    »Und warum bringen Sie ihm dann eine Konzertkarte?« Sie antwortete nicht.
    Er lächelte. »Ich glaube, Sie sind in ihn verliebt.«
    Sie hob die Gabel und zeigte auf ihn, als wollte sie irgendetwas betonen, überlegte es sich dann aber anders.
    »Und was ist mit Ihnen? Gibt es bei Ihnen zu Hause ein Mädchen, das auf Sie wartet?«
    Er schüttelte den Kopf und trank einen Schluck Wasser. »Warum nicht? Zu viel Arbeit?«
    Er prustete Wasser über die Tischdecke. Das ist die Anspannung, dachte er. Deshalb musste er so plötzlich und unkontrolliert loslachen. Und sie lachte mit.
    »Oder sind Sie homosexuell?«, fragte sie und wischte sich die Augen trocken. »Vielleicht haben Sie einen Jungen da bei sich zu Hause?«
    Er lachte noch lauter. Und amüsierte sich noch immer, als sie schon längst wieder ernst geworden war.
    Sie tat ihnen beiden noch mehr Labskaus auf.
    »Da Sie ihn so mögen, gebe ich Ihnen dies hier«, sagte er und warf ein Bild über den Tisch. Es war das Foto, das am Flurspiegel gehangen hatte, mit Harry, der dunkelhaarigen Frau und dem Jungen. Sie nahm es in die Hand und studierte es.
    »Er sieht glücklich aus«, sagte sie.
    »Vielleicht ging es ihm in diesem Moment gut. «
    »Ja.«
    Ein dunkler Grauschleier hatte sich durch die Fenster in den Raum geschlichen.
    »Vielleicht geht es ihm irgendwann wieder gut«, sagte sie leise. »Halten Sie das für möglich?«
    »Dass es einem wieder gut gehen kann? Natürlich.«
    Er warf einen Blick auf das Radio hinter ihr. »Warum helfen Sie mir?«
    »Das habe ich doch schon gesagt. Harry würde Ihnen nicht helfen, und dann «
    »Ich glaube Ihnen nicht. Da muss noch mehr dahinterstecken.« Sie zuckte mit den Schultern.
    »Können Sie mir sagen, was hier steht?«, fragte er und entfaltete das Formular, das er im Papierstapel auf Harrys Wohnzimmertisch gefunden hatte.
    Sie las, während er sich Harrys Bild auf dem Ausweis ansah, den er aus der Wohnung mitgenommen hatte. Der Polizist hatte seinen Blick auf einen Punkt über der Kamera gerichtet. Er musste den Fotografen angesehen haben und nicht die Kamera. Das sagte sicher etwas über den Mann auf dem Foto aus.
    »Das ist eine Ausgabegenehmigung für etwas, das Smith & Wesson .38 heißt«, sagte Martine. »Es wird ihm im Materiallager des Polizeipräsidiums gegen das unterschriebene Formular ausgehändigt.«
    Er nickte langsam. »Und die Unterschrift ist echt, oder?«
    »Ja. Von einem … lassen Sie mich kurz nachsehen … Ersten Polizeihauptkommissar Gunnar Hagen.«
    »Mit anderen Worten, Harry hat seine Waffe noch nicht abgeholt. Und das bedeutet, dass er ungefährlich ist. Dass er in diesem Moment vollkommen wehrlos ist. «
    Martine blinzelte zweimal schnell hintereinander.
    »Woran denken Sie jetzt?«

 
    KAPITEL 26
    Sonntag, 20. Dezember. Der Zaubertrick
     
     
    A uf der Gøteborggata schaltete sich die Straßenbeleuchtung ein. »Okay«, sagte Harry zu Beate. »Und genau hier hat Halvorsen geparkt?«
    »Ja.«
    » Sie stiegen aus. Und wurden von Stankic angegriffen. Der schoss als Erstes auf Jon, der ins Haus floh, und ging dann auf Halvorsen los, der auf dem Weg ins Auto war, um seine Waffe zu holen.«
    »Ja. Halvorsen wurde neben dem Auto liegend gefunden. Wir haben Blut in den Manteltaschen, den Hosentaschen und an Halvorsens Gürtel gefunden. Es ist nicht sein eigenes Blut, weshalb wir davon ausgehen, dass Stankic ihn durchsucht und ihm Portemonnaie und Handy abgenommen hat. «
    »Hm«, sagte Harry und rieb sich das Kinn. »Warum hat er Halvorsen nicht einfach erschossen? Warum ein Messer? Sicher nicht, um keine Geräusche zu machen, denn

Weitere Kostenlose Bücher