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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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gesagt die Frage, wie ein Junkie, der so fertig ist, dass er Zuflucht in einem Container suchen muss, gleichzeitig so auf Zack sein kann, sich einen Bolzenschneider zu besorgen, um aufs Hafengelände zu kommen. Deshalb habe ich die Sache ein bisschen genauer unter die Lupe genommen. Hier kannst du parken.«
    »Aber ich verstehe einfach nicht, woher du wissen willst, wer der Schuldige ist.«
    »Denk doch mal nach, Halvorsen. Es ist gar nicht schwer, und du hast alle Fakten.«
    »Ich hasse es, wenn du so drauf bist.«
    »Ich will doch nur, dass du gut wirst.«
    Halvorsen warf einen Blick auf seinen älteren Kollegen, um zu sehen, ob er Witze machte. Sie stiegen aus dem Auto.
    »Willst du nicht abschließen?«, fragte Harry.
    »Das Schloss ist über Nacht eingefroren, und heute Morgen ist mir der Schlüssel abgebrochen. Seit wann weißt du das schon? Ich meine, wer der Täter ist?«
    »Eine Weile.«
    Sie gingen über die Straße.
    »Zu wissen, wer, ist in der Regel die leichtere Übung. Es gibt immer irgendeinen, der in Frage kommt. Einen Ehemann, einen besten Freund. Den Typ mi t der Vorstrafe. Doch niemals der Butler. Den Täter zu finden ist nicht wirklich das Problem, die Schwierigkeit besteht vielmehr darin, zu beweisen, was einem Bauch und Hirn schon längst zugeflüstert haben.«
    Harry drückte auf den Klingelknopf neben dem Namen »Holmen«. »Und das werden wir jetzt tun. Das letzte Steinchen einsetzen, das die Fülle von scheinbar unzusammenhängenden Informationen zu einer geschlossenen Beweiskette werden lässt.«
    Ein krächzendes »Ja« kam aus dem Lautsprecher.
    »Harry Hole, Polizei. Können wir ...«
    Es brummte.
    »Und es kommt darauf an, rasch zu handeln«, fuhr Harry fort. »Die meisten Mordfälle werden entweder im Laufe von vierundzwanzig Stunden aufgeklärt oder gar nicht.«
    »Danke, diese Weisheit war mir schon bekannt«, erwiderte Halvorsen.
    Birger Holmen wartete oben an der Treppe auf sie.
    »Kommen Sie rein«, sagte er und führte sie ins Wohnzimmer. An der Tür des französischen Balkons stand ein Weihnachtsbaum, der darauf wartete, geschmückt zu werden.
    »Meine Frau schläft«, kam Birger Holmen Harrys Frage zuvor. »Wir werden leise sein«, versprach Harry.
    Birger Holmen lächelte traurig. »Sie wacht bestimmt nicht auf.« Halvorsen warf rasch einen Blick zu Harry hinüber.
    »Hm«, sagte der Hauptkommissar. »Hat sie wieder Beruhigungsmittel genommen?«
    Birger Holmen nickte. »Morgen ist die Beerdigung.«
    »Ja, das ist natürlich eine Belastung. Nun. Danke, dass ich mir das ausleihen durfte.« Harry legte ein Bild auf den Tisch. Es zeigtePer Holmen. Er saß auf einem Stuhl, flankiert von seinen stehenden Eltern. Beschützt. Oder umzingelt, je nachdem, wie man es deuten wollte. Eine Weile sagte niemand etwas. Birger Holmen kratzte sich durch sein Hemd am Unterarm. Halvorsen beugte sich auf seinem Stuhl vor, dann lehnte er sich wieder zurück.
    »Wissen Sie viel über Drogenabhängigkeit, Herr Holmen?«, fragte Harry, ohne den Blick zu heben.
    Birger Holmen runzelte die Stirn. »Meine Frau hat bloß eine Schlaftablette genommen, das heißt nicht «
    »Ich spreche nicht von Ihrer Frau. Die werden Sie wohl retten können. Ich rede von Ihrem Sohn.«
    »Was weiß man schon? Er war besessen von diesem Zeug. Es hat ihn unglücklich gemacht.« Er wollte noch etwas sagen, hielt aber inne. Starrte auf das Bild auf dem Tisch. »Dieses Zeug hat uns alle ins Unglück gestürzt.«
    »Das bezweifle ich nicht. Aber wenn Sie etwas über Abhängigkeit wüssten, wäre Ihnen klar gewesen, dass sie immer an erster Stelle kommt.«
    Birger Holmens Stimme klang auf einmal wütend: »Wollen Sie etwa behaupten, das wüsste ich nicht? Verstehen Sie … Meine Frau wurde er « Aber die Tränen hatten sich schon in seine Stimme geschlichen. »Seine eigene Mama «
    »Ich weiß«, sagte Harry leise. »Aber die Abhängigkeit kommt vor der Mama.« Harry holte tief Luft. »Und vor dem Tod. «
    »Ich bin müde, Herr Hauptkommissar. Auf was wollen Sie hinaus?«
    »Die Blutprobe hat gezeigt, dass Ihr Sohn keine Drogen intus hatte, als er starb. Dass es ihm also schlecht ging. Wenn ein Junkie auf Turkey ist, ist der Drang nach Erlösung derart groß, dass man auf die Idee kommen kann, seine eigene Mutter dafür mit einer Pistole zu bedrohen. Und die Erlösung besteht dann nicht in einem Schuss in den Kopf, sondern in den Arm, den Hals, die Leiste, wo man halt noch eine einigermaßen brauchbare Vene findet. Ihr Sohn wurde

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