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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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ich konnte nicht zusehen, wie er sie mit sich hinabzog.« »Wie haben Sie ihn gefunden?«
    »Nicht auf der Plata. Unten am Akerselva, beim Treffpunkt Eika. Ich habe behauptet, dass ich ihm die Pistole abkaufen will. Er hatte sie bei sich und zeigte sie mir, wollte gleich das Geld haben. Aber ich hab ihm gesagt, dass ich nichts dabeihätte und dass er mich am nächsten Abend am Tor auf der Rückseite des Containerhafens treffen sollte. Wissen Sie, eigentlich bin ich froh, dass Sie ... dass ich...«
    »Wie viel?«, unterbrach ihn Harry.
    »Was?«
    »Wie viel sollten Sie bezahlen?«
    »Fünftausend Kronen.«
    »Und...«
    »Er kam. Es zeigte sich, dass er keine Munition für die Pistole hatte. Er behauptete, nie welche gehabt zu haben.«
    »Aber damit hatten Sie sicher gerechnet. Und das Kaliber ist ja ganz gebräuchlich, so dass Sie sich schon vorher welche besorgen konnten, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Haben Sie ihn zuerst bezahlt?«
    »Was?«
    »Vergessen Sie’s.«
    »Sie müssen verstehen, nicht nur Pernille und ich haben gelitten. Für Per war jeder Tag doch bloß eine Verlängerung seines Leidens. Mein Sohn war ein Toter, der nur darauf wartete, ... dass jemand dieses Herz, das einfach nicht aufhören wollte zu schlagen, endlich zum Stillstand brachte. Einen ... einen ...«
    »Erlöser.«
    »Ja, genau, einen Erlöser.«
    »Aber das ist nicht Ihr Job, Holmen.«
    »Nein, das ist Gottes Job. « Holmen senkte seinen Kopf und murmelte etwas.
    »Was?«, fragte Harry.
    Holmen hob den Kopf, doch sein Blick schweifte irgendwo ins Leere davon. »Aber wenn Gott seine Arbeit nicht tut, muss sie eben jemand anders tun. «
     
    Draußen auf der Straße hatte sich eine bräunliche Dunkelheit um die gelben Laternen gelegt. Selbst mitten in der Nacht wurde es in Oslo nicht richtig dunkel, wenn Schnee lag. Die Geräusche klangen wie in Watte gehüllt, und das Knirschen des Schnees unter ihren Stiefeln hörte sich an wie ein entferntes Feuerwerk.
    »Warum nehmen wir ihn nicht mit?«, fragte Halvorsen.
    »Er hat nicht vor, irgendwohin zu gehen, er muss seiner Frau etwas erzählen. In ein paar Stunden können wir einen Wagen schicken.«
    »Kein schlechter Schauspieler, dieser Mann.«
    »Findest du?«
    »Ja, du hast doch gesagt, er ist fast zusammengebrochen, als du ihm die Nachricht vom Tod seines Sohnes gebracht hast?«
    Harry schüttelte resigniert den Kopf: »Du hast noch viel zu lernen, Junior.«
    Halvorsen trat verärgert in den Schnee: »So kläre mich denn auf, du großer Geist.«
    »Einen Mord zu begehen ist eine derart extreme Tat, dass sie von vielen verdrängt wird. Sie rennen damit herum wie mit einem fast vergessenen Albtraum. Ich habe das schon ein paarmal erlebt. Erst wenn irgendjemand es laut ausspricht, wird ihnen bewusst, dass das alles nicht bloß in ihrem Kopf existiert, sondern wirklich geschehen ist.«
    »Na ja, aber kaltblütig war er schon.«
    »Hast du nicht gesehen, wie gebrochen dieser Mann ist? Pernille Holmen hatte vermutlich recht, als sie sagte, dass Birger die gute Seele von ihnen beiden ist. «
    »Die gute Seele. Ein Mörder?« Halvorsens Stimme klang ganz eckig vor Entrüstung.
    Harry legte seine Hand auf die Schulter des Kollegen. »Denk doch mal nach. Ist das nicht die ultimative Liebestat? Seinen eingeborenen Sohn zu geben?«
    »Aber «
    »Ich weiß, was du denkst, Halvorsen. Aber du solltest dich daran gewöhnen. Es werden genau diese moralischen Paradoxa sein, die deine Tage erfüllen werden.«
    Halvorsen zog an der unverschlossenen Autotür, aber sie war festgefroren. In einem plötzlichen Wutausbruch riss er am Griff, bis sich die Tür mit einem Kreischen von der Gummidichtung löste.
    Sie setzten sich hinein, und Harry sah Halvorsen den Zündschlüssel herumdrehen, während er sich mit der anderen Hand hart gegen die Stirn schnipste. Der Motor heulte auf.
    »Halvorsen «, begann Harry.
    »Egal, die Sache ist gelöst, und der Chef wird sicher seine Freude haben«, sagte Halvorsen laut und fuhr direkt vor einem hupenden Lastwagen auf die Straße. Er streckte seinen Mittelfinger vor dem Spiegel hoch. »Dann setzen wir jetzt ein Lächeln auf und feiern ein bisschen, oder?« Er schnipste sich noch einmal gegen die Stirn.
    »Halvorsen «
    »Was ist?«, schnauzte der zurück.
    »Fahr da vorne mal rechts ran. «
    »Was?«
    »Da!«
    Halvorsen hielt am Straßenrand, ließ das Lenkrad los und starrte mit glänzenden Augen durch die Windschutzscheibe. In der Zeit, die sie bei Holmen verbracht hatten, waren

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