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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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Die Heilsarmee ist populär, und einflussreiche Personen hier in der Stadt fragen sich, ob wir es schaffen, diesen Fall noch vor Weihnachten aufzuklären. Von wegen Weihnachtsfrieden und so.«
    »Der Weihnachtsfrieden der Politiker kam im letzten Jahr doch auch ganz gut mit sechs goldenen Schüssen klar.«
    »Ich habe Sie gefragt, wie die Sache steht, Hole.«
    Harry spürte den Schweiß auf den Brustwarzen brennen.
    »Tja. Trotz der Bilder heute in der Zeitung haben sich keine Zeugen gemeldet. Und Beate Lønn ist sogar der Meinung, dass wir es nicht mit einem, sondern mindestens zwei Tätern zu tun haben. Ich teile diese Auffassung. Der Mann, der bei Jon Karlsen war, trug einen Kamelhaarmantel und ein Halstuch. Seine Kleider stimmen mit denen überein, die der Mann trägt, den wir auf dem Bild vom Egertorg haben, am Tag vor dem ersten Mord.«
    »Stimmen nur die Kleider überein?«
    »Ich bin nicht dazu gekommen, mir sein Gesicht genauer einzuprägen. Und Jon Karlsen erinnert sich nicht an viel. Eine Nachbarin hat zugegeben, einen Engländer ins Haus gelassen zu haben, der vorgab, er wolle ein Weihnachtsgeschenk vor die Tür von Jon Karlsen legen.«
    »Ah ja«, sagte Hagen. »Aber die Theorie über die verschiedenen Täter halten wir vorerst zurück. Weiter.«
    »Viel mehr haben wir nicht.«
    »Nichts?«
    Harry blickte auf den Tacho, während er ruhig auf 35 Stundenkilometer beschleunigte.
    »Tja, wir haben den falschen Pass eines Kroaten, eines Christo Stankic, der gestern nicht im Flugzeug nach Zagreb saß, für das er eigentlich ein Ticket hatte. Wir haben herausgefunden, dass er im Scandia Hotel gewohnt hat. Lønn überprüft sein Zimmer auf DNA-Spuren. Sie haben nicht so viele Gäste, deswegen hatten wir gehofft, die Empfangsdame würde sich mit Hilfe unserer Bilder an ihn erinnern.«
    »Und?«
    »Fehlanzeige.«
    »Welche Anhaltspunkte haben wir dafür, dass dieser Stankic unser Mann ist?«
    »Eigentlich nur den falschen Pass«, sagte Harry und warf einen Blick auf Hagens Tacho. Vierzig Stundenkilometer.
    »Und wie wollen Sie ihn finden?«
    »Tja. Namen hinterlassen in unserem Informationszeitalter Spuren, und wir haben all unsere festen Kontakte in Alarmbereitschaft versetzt. Sollte jemand mit Namen Christo Stankic in einem Hotel in Oslo einchecken, ein Flugticket kaufen oder eine Kreditkarte benutzen,erfahren wir das sofort. Die Empfangsdame hat angegeben, dass er nach einer Telefonzelle gefragt hat, und sie hat ihn zum Bahnhofsplatz geschickt. Die Telefongesellschaft schickt uns eine Liste aller ausgegangenen Telefonate der letzten zwei Tage.«
    »Sie haben also nur einen Kroaten mit falschem Pass, der nicht in seinem Flugzeug war?«, fragte Hagen. »Sie stecken fest, nicht wahr?«
    Harry antwortete nicht.
    »Versuchen Sie, alternativ zu denken«, sagte Hagen.
    »Gut, Chef«, erwiderte Harry tonlos.
    »Es gibt immer Alternativen«, sagte Hagen. »Habe ich Ihnen von der japanischen Truppe erzählt, in der die Cholera ausgebrochen war?«
    »Ich glaube, ich hatte noch nicht das Vergnügen, Chef.«
    »Sie befanden sich im Dschungel nördlich von Rangun, und alles, was sie zu sich nahmen, kam wieder heraus. Sie standen im Begriff auszutrocknen, aber der Anführer wollte sich nicht einfach hinlegen und sterben. So befahl er allen, ihre Morphiumspritzen zu leeren und sich damit das Wasser aus ihren Feldflaschen intravenös zu injizieren.«
    Hagen erhöhte die Frequenz, und Harry lauschte vergeblich auf erste Anzeichen von Kurzatmigkeit.
    »Es funktionierte. Aber nach ein paar Tagen hatten sie nur noch Wasser in einer Regentonne, in dem es vor Mückenlarven nur so wimmelte. Da schlug der Vizekommandant vor, mit den Spritzen den Saft aus den Früchten aufzuziehen, die rundherum wuchsen, und ihn sich direkt ins Blut zu injizieren. Fruchtsaft besteht ja theoretisch aus neunzig Prozent Wasser, und sie hatten ja nichts zu verlieren. Fantasie und Mut – diese beiden Eigenschaften haben die Truppe gerettet, Hole. Fantasie und Mut.«
    »Fantasie und Mut«, keuchte Harry. »Danke, Chef.«
    Er strampelte, so schnell er konnte, und hörte seinen eigenen Atem prasseln wie das Feuer hinter einer geöffneten Ofenklappe. Der Tacho zeigte zweiundvierzig. Er blickte hinüber zu seinem Chef. Siebenundvierzig. Ruhiger Atem.
    Harry musste plötzlich an ein tausend Jahre altes Buch denken, das er von einem Bankräuber bekommen hatte, Die Kunst des Krie ges .Darin hieß es, dass man sich überlegen sollte, auf welche Kämpfe man sich

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