Der erotische Fremde
Waggon voller Leute zu sagen?"
„Du redest mit der Frau, die gestern Nacht noch als Professio nelle durch die Straßen von Paris gegangen ist, hast du das vergessen?"
Seine Augen funkelten, und für einen Moment wirkte er nicht mehr so schrecklich ernst. „Nein, das habe ich nicht vergessen", erwiderte er, und sein Blick ließ Mariels Herz höher schlagen.
Sie senkte den Kopf. „Nein, es macht mir nichts aus. Und wie geht es dann weiter?"
„Versuche, Ramiz dazu zu bringen, dass er aufsteht und seinen Sitzplatz verlässt, so dass ich es nur mit seinem Komplizen zu tun habe. So Allah es will, wird es mir gelingen, die Tasche zu nehmen und vom Zug zu springen, kurz bevor er im Bahnhof von Lyon einfährt."
„Und dann?"
„Die Männer werden mir ganz sicher folgen. Du fährst einfach bis Nizza weiter. Ich werde dir eine Adresse geben, an die du dich wenden kannst. Dort wird man dir helfen. Bist du bereit, Emma?"
„In Ordnung", sagte sie. Es gab viele Risiken, aber ein besserer Plan fiel ihr auch nicht ein.
Allerdings würde sie kaum das Risiko eingehen, sich an die Adresse in Nizza zu wenden.
Vielleicht würden sie sich ja irgendwann, irgendwo wieder sehen.
Als ob er ihre Gedanken erraten hätte, streckte er die Hand aus und half ihr auf die Füße.
„Wir werden uns wieder sehen, Emma. Wir haben noch etwas zu erledigen, nicht wahr?"
Ihr Herz tat einen Sprung, aber sie tat ihr Bestes, sich nichts anmerken zu lassen. „Ich weiß nicht.
Bist du verheiratet?"
„Nein. Und meine letzte Freundin hat Schluss mit mir gemacht, weil ich zu viel unterwegs bin."
„Ja, dann haben wir wohl noch etwas zu erledigen."
„Und du, Emma, bist du verheiratet?"
„Mein letzter Freund war nicht damit einverstanden, dass ich, ohne ihn um Erlaubnis zu fragen, nach Frankreich gezogen bin."
„Ah, das ist gut." Er strahlte sie an. „Und wirst du mir jetzt noch sagen, wie du wirklich heißt?"
Sie lachte. „Mariel. Und du?"
„Wie gut, zu wissen, dass wir einander nichts vormachen können. Haroun. Sag einfach Harry."
„Freut mich, Harry."
Er nahm sie in die Arme und hielt ihren Blick fest. Ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen. Sie küssten sich.
„Ah, ja", murmelte er noch, bevor ihre Lippen sich berührten. „Freut mich auch."
Wegen der Umstände lösten sie sich aber rasch wieder voneinander. „Geh du zuerst", raunte Harry und entriegelte die Tür. „Ich komme in einem Augenblick nach."
„Bonjour, Mademoiselle", sagte der Schaffner, der draußen gewartet hatte. „Kann ich bitte Ihre Fahrkarte sehen?"
In Lyon wurden sie sofort abgeführt und im Büro des Bahnhofsvorstehers eingeschlossen. Harry stand, halb verrückt vor hilflosem Zorn, am Fenster und beobachtete die aussteigenden Passagiere mit Adleraugen.
„Eines wissen wir jedenfalls genau", stellte Mariel fest. „Ramiz und sein Partner sind noch im Zug."
Harry sah, dass zwei Männer im letzten Moment auf den Bahnsteig rannten und in den Zug sprangen, bevor der sich in Bewegung setzte.
Er seufzte. „Jetzt müssen wir nur noch mit diesem Idioten von Bahnhofsvorsteher fertig werden und zusehen, wie wir wieder in den Zug kommen."
Ramiz Bahrami saß am Fenster und blickte gedankenverloren auf den Bahnsteig. Als die beiden Männer angerannt kamen und den Zug bestiegen, richtete er sich kerzengerade auf.
„Allah, hast du die gesehen?"
„Gesehen? Wen?" fragte Yusuf.
„Einer von ihnen ist Ghasibs bester Killer. Zounab al Safaak."
Yusuf machte große Augen. „Hier im Zug?"
„Er ist gerade eingestiegen, mit noch einem Mann." Die beiden sahen sich bestürzt an. „Sie sind hinter uns her - hinter wem sonst?"
„Aber woher wissen sie ...? Wie ist das möglich?" stammelte Yusuf.
Ramiz sprang auf und griff nach der Tasche. „Man hat uns verraten. Irgendwo gibt es einen Doppelagenten. Wir müssen abspringen. Beeil dich, bevor der Zug zu schnell wird!"
Harry deutete nach vorn. „Dort ist ein Telefon."
Erleichtert lenkte Mariel ihre Schritte zu dem kleinen Straßencafe. Die Sonne stand schon tief über den Bergen, die den Ort umgaben. Es war eine von diesen bezaubernden französischen Kleinstädten mit mittelalterlichem Stadtkern.
Harry hatte es geschafft, den Bahnhofsvorsteher davon abzubringen, die Polizei zu verständigen.
„Hören Sie", hatte er gesagt und den Mann dabei so eindringlich angesehen, wie nur er das konnte.
„Ich denke, Sie sind ein Mann, der die Wahrheit verträgt. Ich werde Ihnen also die Wahrheit erzählen.
Sie
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