Der erpresste Erpresser
er Tückl kennengelernt. Nein, der hat nicht
gesessen. Der war Aufseher, Justizangestellter, hat das aber inzwischen
aufgegeben. Weil er einen Traum hat. Eine Idee. Von der ist auch Fabian
begeistert. Sie wollen an der Küste von Südspanien eine Surfschule errichten.
Doch dazu brauchen sie Geld. Beide haben ein bißchen was angespart. Etwa 50 000
DM fehlen noch. Das hat sie auf die Idee gebracht mit dem Trickbetrug. Hinzu
kam, daß Tückl sich gut auskennt im Ganoven-Milieu. Er hat da eine Menge
Verbindungen. Und die führten zu Pestili und Melfioso. In einer Hinsicht kann
ich euch beruhigen. Bei Tückl ist es die erste ungesetzliche Tat — und bestimmt
auch die letzte. Auch Fabian wird nichts mehr anstellen — dafür könnte ich mich
verbürgen. Zwar hat er nochmal Urkunden gefälscht — in dieser Sache. Aber nun
wird er ehrlich sein.“
Tim wechselte Blicke mit seinen
Freunden.
Die totale Übereinstimmung bedurfte
keiner Worte.
„Sie, Frau Schrader“, sagte Gaby,
„haben also nur als Leiche mitgespielt, um einen Mord vorzutäuschen. Sozusagen
als Fotomodell.“
Helena nickte.
„Wollen Sie mit nach Spanien?“
„Ich muß mit, obwohl ich nicht will.“
„Wieso?“
„Zu meiner Sicherheit. Sobald die
Italiener merken, daß sie betrogen worden sind, werden sie nach Baldur und
Fabian suchen. Und nach mir. In Spanien sind wir sicher. Hier nicht.“
„Zumindest Sie“, sagte Tim, „könnten
hierbleiben. Pestili und Melfioso sind nämlich nur noch kurze Zeit auf freiem
Fuß. Gabys Vater wird sich freuen, wenn wir als Draufgabe zu den
Falschgeld-Verteilern auch die Falschgeld-Hersteller anliefern.“
„Du meinst, die sind dann hinter
Gittern?“
„Garantiert. Von denen haben Sie Ruhe.
Im übrigen, finde ich, wird eigentlich...“
Er hielt inne, weil das Telefon klingelte.
Helena nahm ab und meldete sich.
„Ja, Fabian?“ Sie lauschte. „Na,
wunderbar. Wie? Hm. So rasch? Ich weiß nicht. Also gut. Komm her.“ Sie legte
auf.
„Der Trick ist gelungen“, verkündete
sie. „Die Italiener haben 45 000 DM bezahlt — für den ,Mörder’ Fabian Gudwede
und die unendliche Rente von 1000 Mark monatlich, die er ihnen aushändigen
wird, wie sie glauben. Baldur und Fabian kommen her, um mich abzuholen.“
„Kennen Sie die Adresse der Italiener?“
fragte Tim.
„Die wohnen in der Pension Feierabend
in der Ruhmeshallen-Gasse.“
Gaby deutete umher. „Und das Apartment?
Was wird daraus, wenn Sie weggehen.“
„Es gehört mir. Ist mein Eigentum. Und
ich gehe ja nicht für immer. Ständig in einem fremden Land — das hielte ich
nicht aus. Baldur und Fabian sind da anders.“
Tim räusperte sich bedeutungsvoll.
„Frau Schrader“, sagte er, „meine
Freunde und ich stellen folgendes fest: Tückl und Ihr Bruder haben zwei Typen
geschädigt, denen man das nur wünschen kann. Ehrenwerte Mitmenschen haben
dadurch keinen Nachteil erfahren. Sie, Frau Schrader, versichern uns, daß die
beiden künftigen Surflehrer fürderhin ehrlich sein werden. Deshalb geben wir
den beiden einen 48-Stunden-Vorsprung. Erst dann sagen wir Kommissar Glockner
Bescheid. Ob er die große, grenzüberschreitende Fahndung einläuten wird, wissen
wir nicht. Anzunehmen ist es nicht. Sie selbst können hierbleiben und haben
nichts zu befürchten, denn erstens ist Ihr Verschulden gering, zweitens haben
Sie uns den totalen Durchblick verschafft, drittens wird die Festnahme von Pestili
und Melfioso ein Kinderspiel sein — dank der Adresse, die Sie nannten. Alles
spricht also für Sie. Bis auf diese scheußlichen Fotos. Im Vertrauen: Uns ist
richtig übel geworden, als wir die sahen. Moment, da fällt mir ein: Wieweit ist
der Fotograf Blendel in den Coup verwickelt?“
„Er weiß, worum es geht, aber nicht,
wer die Geprellten sind. Baldur hat ihn mit ein paar Hundertern geschmiert.“
„Kennen Sie Blendel?“
„Den will ich gar nicht kennenlernen. Auch
Baldur hat sich nur mit ihm eingelassen, weil wir irgendwen brauchten für die
Fotos. Fürs Entwickeln, meine ich. Blendel ist völlig skrupellos. Der läßt
nichts aus, was Geld bringt. Hinter seinem Fotoladen hat er sich eine
entsprechende Werkstatt eingerichtet.“
„Werkstatt?“
„Angeblich fertigt er Geräte an, die
sich zum Einbruch eignen. Auch solche, mit denen man Alarmanlagen ausschalten
kann. Und Waffen baut er um. Er bohrt die Läufe von Gaspistolen auf, richtet
diese Dinger so her, daß sie sich für scharfe Munition eignen.“
„Das ist ein Hammer“,
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