Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der erste Marsianer

Der erste Marsianer

Titel: Der erste Marsianer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
Vom Netzwerk:
werden konnte.
    Die Tage vergingen, während er in Unschlüssigkeit verharrte. Jeden Tag sagte er sich: Bestimmt wird heute etwas geschehen. Sie werden etwas tun, in irgendeiner Weise zeigen, warum sie uns alles das antaten.
    Virginia nahm ihre Arbeit beim „Herald“ wieder auf. Ein ganzer Monat verstrich. Und eine weitere Woche war vergangen, als Mention eines Nachmittags in die Wohnung kam – gerade wie Virginia durch die Wand kam und in der Diele Gestalt annahm.
    Sie strahlte. Es gab Zeiten in der Vergangenheit, wo er sie lebensfroh und freudig erregt gesehen hatte. Aber nie so wie jetzt. Ihr Gesicht leuchtete; ihr Körper schien wie von einer Aureole übermenschlicher Macht umgeben.
    Mention starrte sie an. Ohne ein Wort wandte sie sich um und eilte in die Küche.
    Zwei Stunden später, als ihr Aussehen sich längst normalisiert hatte, blickte Mention von der Zeitung auf und sagte ruhig: „Virginia.“
    Sie zuckte zusammen; dann: „Ja?“
    „Wie oft hast du das gemacht?“
    Sie war sichtlich verwirrt. Mention erkannte, daß sie irgendwie gehofft hatte, er würde nicht davon sprechen. Ihre Lippen zuckten. Schließlich sagte sie mit leiser Stimme:
    „Das war das erste Mal.“
    Sie hatte nicht die Gewohnheit, zu lügen. Darum war diese Lüge so durchsichtig wie die eines Kindes. Er war abgestoßen; dann sagte er sich, um sie zu verteidigen, daß sie sich nicht von ihrem schrecklichen Erlebnis erholt habe.
    Er sagte freundlich: „Warum hast du es getan?“
    Sie war deutlich erleichtert, daß er ihre Behauptung akzeptierte. Eifrig sagte sie:
    „Ich wollte sehen, wie es geht; denn wenn ich es kann, wird es vielleicht eine Verteidigung gegen sie sein. Und ich konnte mich nicht erinnern, wie es das erstemal gewesen ist. Ich war damals zu aufgeregt, und außerdem schmerzte es furchtbar.“
    „Und diesmal?“
    „Es schmerzte nicht. Ich fühlte mich warm, lebendig, wundervoll. Ich wünschte mich substanzlos, und es war so; ich ging durch die Wand und wünschte mich gleichzeitig in den Hof hinter dem Gebäude des ,Herald’ – und schon war ich dort. Ich hatte keinerlei Empfindungen, zu fliegen. Die Bewegung durch den Raum war augenblicklich.“
    Ihre Augen strahlten; alle Angst war aus ihnen verschwunden. „Norman, es ist phantastisch, gottgleich. Es ist …“
    „Warum versuchst du nicht“, sagte Mention, „dich auf die Insel zu wünschen? Ich würde gern ein Gespräch mit Doktor Cranston führen.“
    Virginia schüttelte heftig den Kopf. „Es ist unmöglich. Ich habe zwar noch nicht versucht, hinzukommen; aber ich machte mehrere Versuche, Orte zu besuchen, an denen ich noch nie gewesen bin. Es geschah nichts. Man muß die Richtung wissen, und man muß sich den Ort genau vorstellen können. Man muß wissen, wo das Ziel ist.“
    Mention nickte. „Ich verstehe.“
    Er ließ das Thema fallen, aber er dachte: Das ist es, worauf sie warten. Daß sie die Realität ihrer Situation erkennt; begreift, daß sie mit ihnen im gleichen Boot sitzt.
    Aber warum? Was wollten sie von ihr? Sie hatten Virginia getötet, weil sie einige kleine Entdeckungen gemacht hatte. Dann, als Cranston die Endgültigkeit ihres Todes verhindert hatte, hatten sie Virginias Ehemann gewarnt, nicht zur Polizei zu gehen. Sie wollten etwas; und nun, da sie Virginia so weit hatten, daß sie mit den neuen Fähigkeiten experimentierte, konnte es nicht mehr lange dauern, bis sie ihre Karten aufdeckten.
    Er blickte zu Virginia auf. Sie saß da und starrte ins Leere, die Augen halb geschlossen. Mention verspürte ein plötzliches, drückendes Unbehagen.
     
    Es war zehn Uhr abends, als die Türglocke schrillte. Mention blickte zu Virginia und stand auf.
    „Um diese Zeit kommen keine freundlichen Besucher“, sagte er. „Du solltest vorsichtshalber Edgar anrufen und ihm sagen, daß er Knopf 243 drückt. Es hat keinen Sinn, Risiken einzugehen.“
    Er wartete, bis sie in ihren Anhänger gesprochen hatte, dann steckte er die Pistole in seine Tasche und ging zur Tür. Es war ein Botenjunge mit einem Brief. Der Brief lautete:
    Mittwoch, den 23.8.
    Herr Professor und Mrs. Mention sind herzlich eingeladen, am kommenden Freitag, sieben Uhr abends, an einem Essen im Grand York Hotel teilzunehmen. Geben Sie dem Maitre d’hotel Ihren Namen an.
    Cecilia Patterson
    Ein Gedanke beherrschte alle anderen, als Mention den Brief las: die Zeit des Handelns war gekommen. Wenn er jemals etwas gegen sie unternehmen wollte, dann mußte er jetzt zu einer Entscheidung

Weitere Kostenlose Bücher