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Der erste Sommer

Der erste Sommer

Titel: Der erste Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximilian Dorner
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gewesen, sie trieb es mit einem Mörder! Doch in diesem Moment war ihr alles gleichgültig. Mit einer Heftigkeit, die sie selbst überraschte, riss sie ihr Kleid hoch und hielt es mit den Zähnen fest. Sie nestelte an seinem Gürtel. Als sie die Schnalle endlich offen hatte, zögerte sie wieder.
    »Mach die Lampe an, ich möchte dich sehen dabei«, stotterte sie und zog ihm und danach sich selbst die Unterhose herunter.
    Martin antwortete nicht, sondern fuhr mit der Zunge über ihre geschlossenen Augen. Sie packte ihn an den Handgelenken und vergrub ihr Gesicht in seiner Achselhöhle, versuchte, in das feste Fleisch zu beißen. Er knurrte wohlig und drang in sie ein. Hitze stieg ihr in die Wangen. Sie spürte, wie ihm der Schweiß aus den Poren schoss, und leckte ihn ab. Die Lampe, fuhr ihr durch den Kopf, ich muss seine Tätowierung sehen, dann weiß ich … Aber sie war unfähig, irgendetwas zu sagen, zu sehen, zu überführen, ihr blieb nichts als zu empfinden. Er drehte sie um, drückte ihren Kopf nach unten und stieß von hinten in sie. Lustvoll schrie sie auf.
     
    Schwer atmend saßen sie nebeneinander an die feuchte Kellerwand gelehnt.
    »Erzähl mir vom 28. April, erzähl mir von der Mordnacht«, bat Anne.
    Martin zögerte. »Wir kamen kurz nach sechs nach Penzberg,mit drei Lastwagen. Ungefähr hundert Männer waren wir. Das Kennwort lautete ›Hans‹. Es gab viel Bier, alle waren gut gelaunt. Als ginge es zum Oktoberfest. Auf dem Wagen haben ein paar Betrunkene immer wieder gesungen: ›Aber der Hans, der kann’s.‹ Der Anführer hieß so.« Martin fischte mit den Zehen nach seinem Hemd und zog ein Päckchen Zigaretten und Streichhölzer aus seiner Hemdtasche. Als die Flamme den niedrigen Raum mit dem Deckengewölbe aus unverputzten Ziegeln kurz erleuchtete, blickte er in ihr gespannt lauschendes Gesicht. Ihre Haut glänzte, die rotblonde Strähne klebte an der Stirn. »Alle hießen sie Hans. Kurz vor der Ankunft haben sie sich schwarze Augenbinden und die Kapuzen ihrer Tarnjacken übergezogen. Während die anderen losgezogen sind, habe ich auf dem Marktplatz Zettel verteilt.«
    »Was stand darauf?« Sie nahm ihm die Zigarette aus der Hand und zog daran.
    » Dorfgemeinschaften, die sich versündigen am Leben der Unseren oder die weiße Fahne zeigen, werden ein vernichtendes Haberfeldtreiben erleben. «
    Sie lachte, weil er das Wort »Haberfeldtreiben« mit amerikanischem Akzent so aussprach, dass es keinen Sinn ergab.
    » Unsere Rache ist tödlich «, fuhr sie im Text des Flugblattes fort. Paula und sie hatten es die ersten Wochen nach der Mordnacht auf dem Küchentisch liegen. Irgendwann hatte Anne den Zettel verschwinden lassen. Sie hustete. »Was für ein Irrsinn!«
    »Mein Lieblingswort ist ›Liebesdiener des Feindes‹. Ich habe versucht, mir das vorzustellen. Was ist ein Liebesdiener? So wie ich einer bei dir bin, oder? Bin ich dein Liebesdiener? Komm, sag!« Er war noch immer erregt.
    »Leopold habt ihr in der Nacht neben Xaver vor der Bäckerei an eine Linde gehängt. Ich habe dich aus dem Fenster imersten Stock beobachtet. Wenn ich gewusst hätte, dass ihr ihn auch –«
    »Frisches Brot riecht lecker, fast so gut wie du!«
    Martin rückte ein Stück näher zu ihr und fuhr mit den Fingerspitzen auf ihrem nackten Oberschenkel nach oben.
    » In Penzberg hat ein Saustall geherrscht. Der ist jetzt aufgeräumt «, zitierte er.
    »Aha«, sagte Anne kalt. Zwischen ihren Beinen brannte es wie Feuer. Wie das Feuer der Hölle.
    Martin streckte sich. »Das habe nicht ich gesagt, sondern der Hans. Der Hans, der kann’s.« Er zog sich lachend sein Hemd über und knöpfte es zu. Die Unterhose lag ein paar Meter weiter. Im Sitzen schlüpfte er hinein. Obwohl er den glitschigen Boden um sich herum abtastete, konnte er seine Hose nicht finden. Also kroch er auf allen vieren zu der Tür, deren Schlüsselloch als diffuser Punkt erkennbar war, und öffnete sie. Draußen war es inzwischen dunkel. Gerade genug Licht, um die Hose zu erkennen.
    »Würdest du auch mit mir schlafen, wenn ich kein Mörder wäre?«, fragte er, nachdem er sich auch die Schuhe angezogen hatte.
    Anne schwieg. Sie beobachtete, wie er seine Schuhbänder knotete, und wischte sich die Tränen ab. Mit einer Bewegung schob sie im Aufstehen ihr Kleid nach unten und verließ vor Martin den Keller. Als er die Tür, die in den Luftschutzkeller hinabführte, hinter sich zuzog, war sie schon in der Nacht verschwunden.

29
    Andras betrat die

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