Der erste Tod der Cass McBride
einer Lösegeldforderung eingeht. Es übernimmt dann das Babysitten und du arbeitest mit Roger weiter.«
Ben wandte sich an Roger: »Du fährst zurück zur Dienststelle. Tyrell kommt später nach. Ich stelle noch ein paar Leute für dich ab und du leitest das Team. Führt Befragungen durch. Konzentriert euch auf die Schule: Freunde, Lehrer, Beratungslehrer. Es ist Samstag, dadurch verlieren wir etwas Zeit. Telefoniert zunächst mit dem Schulleiter und den Beratungslehrern und lasst die Kids für die Befragungen in die Schule rufen. Das verunsichert sie nicht so. Sprecht mit den engen Freundinnen, ihren Exfreunden und ihrem Freund zu Hause - die Namen bekommt ihr vom Vater - und vergesst deren Eltern nicht. Bringt ihre beste Freundin und den derzeitigen Freund in die Dienststelle. Wenn irgendjemand Aufzeichnungen, ein Tagebuch oder einen ... wie nennt man das doch gleich ...?« Er schnippte mit den Fingern vor Scotts Gesicht und drehte dann die Handfläche fragend nach oben.
»Einen Blog«, half Scott weiter, »auf ihrem Computer. Eine Website.«
»So was, genau. Jemand von der Spurensicherung soll sich den Computer des Mädchens vornehmen. Wenn ihr irgendetwas in der Art findet, dann will ich sofort informiert werden - besser gestern als heute.«
Ben warf einen Blick auf seine Uhr und legte die Stirn in Falten.
»Ich lass Adam die Verbindungsdaten des Telefons überprüfen und die Finanzen des Vaters. Scott, hol mal dein schickes kleines Mobiltelefon raus und buch uns einen Flug nach Louisiana. Jetzt hast du deinen ersten Entführungsfall und es ist mindestens schon ein Viertel der entscheidenden ersten achtundvierzig Stunden abgelaufen.«
KYLE
»Lassen Sie mich jetzt die Geschichte so erzählen, wie ich sie erzählen muss?«
Der große Cop saß mir gegenüber. Er sagte nichts, aber sein Schweigen sagte mir genug. Der Nachwuchscop stand in der Ecke des Raums an die Wand gelehnt. Die Arme hatte er vor der Brust verschränkt. Oooh, böser Cop. Soll mir recht sein. Meine Kopfschmerzen hatten ein wenig nachgelassen und ich machte es mir auf dem Stuhl bequem. Ich war hier, um zu erzählen.
»Ich glaube nicht, dass Cass McBride überhaupt wusste, dass ich existiere, bis ich ihr meinen Namen gesagt habe. Aber ich kannte sie.
Es war August und entsetzlich heiß, obwohl die Klimaanlage der Schule auf Hochtouren lief. Es herrschte der typische Dresscode für den ersten Schultag, das heißt, fast alle liefen in Schlabbershorts, T-Shirts und Flipflops herum. Es sah aus, als wären wir gerade erst aus dem Bett gekrochen und auf dem Weg zum Strand. Und da habe ich sie gesehen.«
Ich stieß Chris Monahan mit dem Ellbogen in die Rippen. »Wer zum Teufel ist das denn?«
Chris grinste und legte seine Zeigefinger zu einem Kreuz übereinander, als wollte er einen Vampir abwehren. »Cass McBride, ein Freshman, sie ist gerade erst in die Neunte gekommen. Aber bei der hast du keine Chance. Du bist zwar im Baseballteam, aber nicht Mannschaftskapitän. Damit fällst du nicht in ihr Beuteschema. Sie ist mehr als eine Nummer zu groß für dich, sogar für mich.«
Ich habe keine Ahnung, wie ein Freshman diese Gratwanderung hinbekam. Dieses Auftreten voll Selbstsicherheit ohne Arroganz. Ein Blick genügte, und ich wusste, dass sie von innen heraus die Ruhe selbst war. Bei ihr zu Hause musste Ruhe herrschen. Nichts als Frieden. Das umgab sie wie ihre ganz ei gene Klimaanlage.
Über ihrer Lippe glänzte kein Schweiß und lässige Strandkleidung kam für Cass McBride nicht infrage. Sie trug einen weißen Rock, kurz genug, um sehr viel sonnengebräuntes Bein zu zeigen, doch lang genug, dass man nicht umhin konnte, die Fantasie einzu schalten. Der Rock schwang bei jeder ihrer Bewegun gen mit. Sexy. Ihr T-Shirt war seidig und sie trug eine Weste darüber. Alles in Weiß. Mehrere Schichten Stoff und sie wirkte frisch und unzerknittert.
All diese Schichten kühler Gelassenheit. Bis ins In nerste kühle Gelassenheit. Meine eigene Coolness hatte nur flache Wurzeln. Ich wollte, was sie hatte. Wenn ich es nicht besaß ... Warum sie?
»Vielleicht kann das erklären, was es mit Cass McBride auf sich hatte«, sagte ich. »An jenem ersten Schultag trug sie eine leuchtend pinkfarbene Handtasche und sie hatte ihre Armbanduhr am Träger befestigt. Ich könnte wetten, dass bis zur Mittagszeit bereits an die fünfzig Mädchen - nicht nur Mitläuferinnen, sondern auch einige der tonangebenden Zwölftklässlerinnen - ihre Armbanduhren an den Trägern
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