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Der erste Tod der Cass McBride

Der erste Tod der Cass McBride

Titel: Der erste Tod der Cass McBride Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Giles
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ihrer Kaffeezeremonie schien Leatha ihre Gedanken geordnet und sich gesammelt zu haben. Sie nippte und setzte dann den Becher ab.
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Fangen wir mit Ted an. Ist er durch eine Erbschaft zu Vermögen gekommen?«
    »Ted hat sich von ganz unten hochgearbeitet. Er war ein armer Schlucker. Das, was die Leute einen Proll nennen. Hat nicht mal die Highschool abgeschlossen. Aber er hat sich angestrengt und geackert und Geld gemacht. Er hat Versicherungen und Staubsauger verkauft. Und stieg dann zu Kopierern auf. Er hat schon alles verkauft.«
    »Wann erschienen Sie auf der Bildfläche?«
    »Wir lernten uns auf seinem Weg nach oben kennen. Er war gerade in der Versicherungenphase. Ich war hübsch und fügsam.« Sie nahm einen Schluck Kaffee. »Und ich fand ihn atemberaubend. Er hatte sich mich ausgeguckt und war entschlossen, mich zu erobern, koste es, was es wolle. Ein junges Mädchen lässt sich von so etwas beeindrucken.«
    Sie bemerkte, wie Ben das Gesicht verzog, als er den Kaffee probierte. Lächelnd und ohne ein Wort zu sagen, griff sie nach Bens und Scotts Bechern, stand auf und kehrte mit zwei neu gefüllten Tassen zurück. »Mädchen-Kaffee, ohne Zichorie.«
    »Wo haben Sie sich kennengelernt?«, wollte Ben wissen.
    »In Lake Charles. Dann bekam er die Chance, Kopierer in New Orleans zu verkaufen. Für ein großes Unternehmen mit Expansionsaussichten. Wir zogen um. Immer wenn Ted an einem Ort genug Geld gemacht hatte, wollte er weiterziehen, den Job wechseln und sich neu erfinden.«
    »Und wie lief es für Ted in New Orleans?«
    »Er verdiente einen Haufen Geld und wollte sich wieder verändern. Diesmal ging es nach Houston, wo er als Immobilienmakler anfing. Und er erzählte den Leuten, er hätte einen Abschluss an der Louisiana State University gemacht und ich hätte dort gemodelt. Cass war schon auf der Welt. Wir waren die perfekte kleine Familie. Er engagierte eine Dame für einen Crashkurs in Benimmregeln. Welche Gabel man benutzt, wie man sich formvollendet vorstellt und kleidet. Ted wollte nicht einfach nur reich sein - er wollte den vornehmen Schein.«
    Leatha lächelte schief. »Er musste Unterricht nehmen, um seinen Wohlstand mit Understatement auszustaffieren. Aber er war immer noch nicht sein eigener Chef.
    Wir sind wieder umgezogen und Ted machte sich selbstständig. Wir lebten in einem der besten Straßenzüge in einer der exklusivsten Wohngegenden. Aber nicht in einem Viertel, in dem die Häuser nur innerhalb der Familie vererbt werden. Doch genau von dieser Art Exklusivität träumt Ted.«
    »In Ordnung, also das ist das Kapitel Ted und Geld. Erzählen Sie mir von Ted und Ihnen, von Ted und Cass.«
    Leatha schien einen Augenblick zu überlegen. »Die Sache mit Ted ist die, dass man sich ihm gegenüber ständig beweisen muss. So wie er sich ständig der Welt gegenüber beweist. Und ich war nicht mehr hübsch, nicht geistreich. Somit war ich ihm keine Hilfe mehr. Heute ist es Cass, die ihm das verschaffen kann, was er anstrebt. Für Teds Plan ist es unerlässlich, dass sie jemanden mit Stammbaum heiratet. Und er würde das nicht mit einer Entführung gefährden.«
    Leatha hatte ihren Kaffee ausgetrunken. Sie faltete die Hände. »Das hört sich wie auswendig gelernt an, was? Wie ein Vortrag. Das ist es auch. Sie müssen wissen, dass mich das seit Jahren beschäftigt, dass ich wieder und wieder über jedes kleine Detail nachdenke, mit meiner Schwester so lange darüber geredet habe, bis sie mit ihrer Geduld am Ende war. Ich habe zig Notizbücher mit meinen Gedanken gefüllt.«
    Sie seufzte. »Es gelingt mir nur, mich mit dem Gedanken abzufinden, dass meiner Tochter nichts oder so gut wie gar nichts an mir liegt, indem ich mich emotional von der ganze Sache löse.«
    Ben nickte. »Davon können wir bei der Polizei ein Lied singen.«
    »Traurig, nicht wahr?«
    Ben trank seinen milden Mädchen-Kaffee, während Leatha erklärte, warum sie sich entschieden hatte, zu gehen.
    »Sie war nicht mehr meine Tochter. Nicht in einer Weise, die zählte. Es ist nicht so, dass Cass herzlos ist. Sie hat einfach nie auf ihr Herz gehört. Noch nicht. Sie ist ein Kopfmensch. Sie kalkuliert, analysiert, welcher Gewinn für sie herausspringt, genau wie Ted. Und ich stellte in ihrer Bilanz keinen Vermögenswert mehr dar.«
    Traurigkeit überfiel Leatha. »Entschuldigen Sie mich bitte.« Sie verließ den Raum und verschwand im hinteren Bereich des Cafes. Ben vermutete, dass hinter der Schwingtür, die

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