Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
Logan zog das retuschierte Autopsiefoto aus der Tasche und reichte es dem Hausherrn. »Kennen Sie diesen Mann?«
Die Reaktion war ein entnervter Seufzer und ein müdes »Was hat er denn angestellt?«
»Ich fürchte, ich habe eine sehr schlechte Nachricht für Sie.«
10
Sie ließen PC Rickards mit Jasons Mutter im Wohnzimmer zurück, die nur still und stumm auf der Couch hockte, als wäre sie gar nicht richtig da. Mr. Fettes hielt sich einen Tick besser: Er werkelte emsig in der Küche herum und entschuldigte sich für den Gestank, während ein kleiner Terrier in Ekstase um seine Beine herumwuselte, bellte und mit dem Schwanz wedelte. Mr. Fettes nahm den Napf von der Hundedecke neben der Waschmaschine und wusch ihn in der Spüle aus, während er sich darüber ausließ, was für ein braver Kerl der kleine Jock doch sei – schließlich habe er nur in die Küche gemacht, dabei hätte er auch das ganze Haus vollscheißen können, wenn er gewollt hätte. Über zwei Tage war er hier allein eingesperrt gewesen. Wirklich erstaunlich, wenn man es sich recht überlegte. Wo doch Jason schließlich nicht hier gewesen war, um ihn zu füttern und mit ihm Gassi zu gehen. Weil Jason ja … Der Dosenöffner landete polternd auf dem Boden, und Mr. Fettes brach weinend zusammen.
DI Steel legte den Arm um die Schultern des schluchzenden Mannes und führte ihn an den Küchentisch. »Kommen Sie, lassen Sie mich doch dem kleinen Kerl sein Futter geben, wie wär’s? Sie setzen sich jetzt erst mal hin, und nachher mache ich uns noch eine schöne Tasse Tee.« Sie warf einen Blick in Logans Richtung und zischte ihm leise zu: »Sehen Sie sich mal ein bisschen um.«
Jasons Zimmer war nicht schwer zu finden: ein Schlafzimmer mit Doppelbett im Obergeschoss, mit einem Computerarbeitsplatz in der Ecke und einem Ikea-Regal voller Science-Fiction- und Fantasy-Romane. Keine Poster an den Wänden, aber jede Menge gerahmte Fotos – Jason mit Freunden, Jason am Strand, Jason in Amerika mit einem hübschen dunkelhaarigen Mädchen … Im ganzen Zimmer gab es kein einziges Bild, auf dem nicht sein Gesicht zu sehen war. Für die Nachwelt festgehalten. Logan streifte ein Paar Latexhandschuhe über und öffnete behutsam die Schranktür. Die Kleider sahen aus, als hätten sie einmal eine hübsche Stange Geld gekostet, inzwischen waren sie allerdings alle ein wenig zerschlissen und abgetragen.
Die Durchsuchung der Taschen förderte nicht viel zutage: ein paar Quittungen von Burger King, eine Handvoll Papierservietten mit mehr oder weniger unleserlichen Notizen auf der Rückseite, ein Haufen Flusen und Fusseln sowie drei gerippte Kondome. Er sah in den Nachtschränkchen nach: Socken, Unterhosen, Taschentücher, noch mehr Socken, ein kleiner silberner Schlüssel, eine Sammlung billig aussehender Pornohefte und eine Handvoll Crocodildo-DVDs. Logan legte sie auf dem Computertisch ab und warf einen Blick unter das Bett. Ein Satz Hanteln, ein Plastik-Aufbewahrungsteil voller T-Shirts und eine längliche Metallkiste. Mit Vorhängeschloss. Der Schlüssel aus dem Nachtschränkchen passte genau.
Logan warf einen Blick in die Kiste, stieß einen leisen Pfiff aus und verschloss sie wieder.
Der Computertisch war mit CDs und Papieren übersät. Ein paar Briefe von der Schauspielergewerkschaft Equity, in denen diese Jason mit Bedauern mitteilte, dass sein Antrag auf Mitgliedschaft abgelehnt worden sei, da er in seinen »erotischen Filmen« ohne regulären Vertrag mitgewirkt habe. Ein paar herausgerissene Seiten aus der Theaterzeitung Stage , die Vorsprechtermine rot eingekreist. Und ganz unten in dem Stapel: ein Strafzettel wegen Falschparkens. Logan warf einen flüchtigen Blick auf den Zettel und wollte ihn gerade wieder dorthin zurückstecken, wo er ihn gefunden hatte, als ihm das Kennzeichen ins Auge sprang. Es war viel zu alt, um zu dem roten Citroën in der Einfahrt zu gehören, und Logan wusste, dass der Wagen nicht in der Garage stand. Er rief die Leitstelle an und bat sie, einen Fahndungsaufruf für das Fahrzeug herauszugeben. Am anderen Ende trat eine Pause ein, nur unterbrochen vom Klappern einer Tastatur, und dann: » Okay, das wäre also ein Fahndungsaufruf für einen blauen Volvo Kombi, Kennzeichen … «
»Was?«
» Das Nummernschild – es gehört zu einem blauen Volvo Kombi. «
Logan seufzte. Natürlich, was sonst?
Er fand DI Steel draußen vor der Hintertür, wo sie eine Zigarette rauchte und zu den dräuenden Wolken hinaufstarrte. In der kalten
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