Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
stattdessen hatte er eine Pressekonferenz in – er sah auf seine Uhr – einer guten halben Stunde. Halblaute Flüche brummelnd, stapfte Logan zurück in die Notaufnahme und machte sich auf die Suche nach einem der im Krankenhaus stationierten Constables, um sich ins Präsidium fahren zu lassen.
Die Meute wurde allmählich unruhig, als Logan in den Presseraum gehumpelt kam – reihenweise Kameras und hungrige Gesichter von der nationalen Presse, die es kaum erwarten konnten, dass der Hauptgang serviert wurde. »Wo zum Henker haben Sie gesteckt?« DI Steel, unangezündete Fluppe im Mundwinkel, billiges Tankstellenfeuerzeug in der Hand, das sie immer an- und ausklickte, an und aus … DC Rennie trottete hinter ihr drein wie ein nervöser Spaniel.
»Im Krankenhaus.« Logan deutete auf Steels Zigarette. »Die werden einen Anfall kriegen, wenn Sie hier drin rauchen.«
»Echt unmöglich, dieser Jerry Cochrane – besitzt der doch tatsächlich die Frechheit, einfach so zu sterben … und jetzt wollen natürlich Krethi und Plethi wissen, was wir in der Sache zu unternehmen gedenken.« Sie nahm die Zigarette aus dem Mund und steckte sie in die Schachtel zurück. Dann fischte sie sie wieder raus. »Mist – warum zum Teufel musste ich auch diesen beschissenen Fall kriegen? Warum konnten sie den nicht dem Fettsack Insch aufs Auge drücken? Der muss doch inzwischen an PR-Desaster gewöhnt sein. Noch so ein Katastrophenfall, das kann ich echt nicht brauchen …« Sie brach ab, als ihr endlich auffiel, dass Logans Anzug und Hemd mit getrocknetem Blut verschmiert waren. »Ach du Scheiße, nee! Hätten Sie sich nicht umziehen können? Wir sind in sieben Minuten dran!«
»Ich war im Krankenhaus!«
»Mist. Mist, Mist, Mist …« Sie verzog das Gesicht, dann starrte sie DC Rennie an. »Okay. Sie beide suchen sich jetzt ein stilles Eckchen und tauschen die Klamotten. Sie haben ungefähr die gleiche Größe.« Rennie machte den Mund auf, um sich zu beschweren, aber Steel kam ihm zuvor. » SOFORT !«
Vernehmungsraum 3 war leer, also nahmen sie den. Logan quälte sich mit zusammengebissenen Zähnen aus Jacke, Hose und Hemd, während Rennie sich bis auf seine Fred-Feuerstein-Boxershorts auszog, einen Blick auf Logans zerschrammte Brust und seinen vernarbten Bauch warf und bemerkte: »O Mann – Sie sehen ja furchtbar aus.«
Logan brachte nicht die Energie auf, ihn mit einem bösen Blick zu strafen. »Danke für das Kompliment.«
Er schaffte es, dreißig Sekunden vor der Zeit zurück im Presseraum zu sein. »Zufrieden?«, fragte er, als er auf Steel zuhumpelte – in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass er es nicht war. Wenn er sich zu schnell hinsetzte, bestand die Gefahr, dass er sich gleich wieder von seiner geborgten Hose verabschieden müsste. Sie musterte ihn kurz von Kopf bis Fuß.
»Passt schon. Aber hätten Sie sich nicht die Haare kämmen können? Sie sehen ja aus wie ’ne geplatzte Matratze.« Das musste ausgerechnet sie sagen. Logan behalf sich irgendwie mit den Fingern, und Steel nickte. »Schon besser. Haben Sie eigentlich …« Die Tür am anderen Ende des Raums flog auf, und der Polizeipräsident kam hereinmarschiert. »Ach du dickes Ei – da kommt der Herrgott.« Einmal tief durchgeatmet. »Okay, und nicht vergessen: Wir wissen gar nicht, wie Mistbauen geht …«
Der Tisch war länger als sonst, um zusätzlich Platz zu bieten für eine Betreuungsbeamtin und eine blasse Achtundsechzigjährige mit verquollenen roten Augen und zitternden Händen: Mrs. Cochrane, die Witwe des Opfers. Logan wartete, bis sie sich gesetzt hatte, um dann seinen Platz neben DI Steel einzunehmen. Ganz vorsichtig ließ er sich auf den Stuhl nieder, um sowohl seine geprellten Rippen als auch Rennies Hose zu schonen.
»Nun denn.« Der Polizeipräsident stand auf; sein Silberhaar glänzte im grellen Licht der Fernsehscheinwerfer, als wäre er einer Shampoowerbung entsprungen. »Bevor wir unsere heutige Konferenz beginnen, möchte ich eines unmissverständlich klarstellen: Mrs. Cochrane hat heute einen furchtbaren Schock erlitten. Sie hat ihren Mann verloren, mit dem sie fast fünfzig Jahre verheiratet war. Sie ist hier, weil sie uns helfen will, diejenigen zu fassen, die dafür verantwortlich sind. Und der Erste, von dem ich hier eine unpassende Bemerkung oder eine taktlose Frage höre, fliegt auf der Stelle raus und wird von künftigen Pressekonferenzen ausgeschlossen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?« Unbehagliches
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