Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
in die Rippen verdient. Er beobachtete Macintyre, der sich nun wieder lachend seinem Telefonat zuwandte. Vollkommen unbeschwert, als hätte er keinerlei Probleme. Und derjenige, der dafür sorgen sollte, dass es so blieb, stand mit dem Rücken zu einem riesigen Aquarium mit tropischen Fischen: Sandy Moir-Farquharson. Als Logan den Gesichtsausdruck des Anwalts sah, hätte er beinahe unter seinen Sohlen nachgeschaut, ob er vielleicht in irgendetwas Ekliges getreten war.
»Ah«, sagte Insch, »Mr. Far-Quar-Son!« Er sprach den Namen absichtlich falsch aus; ein kindischer Versuch, den Mann aufzuziehen. »Macintyre hat uns gar nicht gesagt, dass Sie hier sein würden. Wie schön , Sie zu sehen.«
Der Anwalt rümpfte die Nase. »Verschonen Sie mich mit Ihren albernen Spielchen, Insch, dazu bin ich nicht in der Stimmung. Sie sind hier, weil mein Mandant verhindern will, dass Sie aus diesem Überfall in Dundee wieder einmal Ihre üblichen hirnrissigen Schlüsse ziehen. Sie sind nicht hier, um Mr. Macintyre zu verhören, ihn herunterzumachen oder ihn unter Druck zu setzen, ist das klar?«
Das Gesicht des Inspectors verdunkelte sich. »Sie haben mir nicht vorzuschreiben, wie ich einen Verdächtigen zu vernehmen habe!«
»Würden Sie bitte versuchen, Folgendes in Ihren polierten rosa Dickschädel zu kriegen: Mr. Macinytre – ist – nicht – verdächtig. Mit Ihrem letzten lächerlichen Versuch, meinem Mandanten etwas anzuhängen, sind Sie vor Gericht abgeblitzt, schon vergessen? Und im Übrigen …«
Ein Klirren an der Zimmertür – es war Macintyres Mutter, die einen Servierwagen mit Teegeschirr und kleinen Kuchen rückwärts hereinrollte.
»Naa, naa«, meinte Macintyre in seinem gedehnten, monotonen Aberdeenshire-Dialekt, während seine Mama Tassen und Teller verteilte, »nu setzense dem Mann mal nich so zu, der macht doch auch bloß sein’ Job.« Jetzt, da er den Hörer vom Ohr genommen hatte, konnte Logan seinen Rubin-Ohrstecker funkeln sehen, rot wie der Anhänger seiner Verlobten – die Farbe des FC Aberdeen. Die Farbe frischen Blutes. Und zum ersten Mal hatte Logan das Gefühl, dass Macintyre ein wenig zu dick auftrug, wie er hier vor den bösen Polizisten den gutmütigen, naiven Burschen vom Lande markierte. Macintyre wandte sich an Insch und deutete einladend auf eine teuer aussehende Couch. »Fraangse nur ruhich, Inspector. Ich helf Ihnen doch gern, wenn ich kann.«
Sandy die Schlange war offensichtlich nicht begeistert, aber er sagte nichts, als DI Insch sich setzte, einen Zeitungsausschnitt aus der Tasche zog und ihn auf den makellos sauberen Couchtisch in der Mitte des Raumes platzierte. Er strich das Papier glatt und drehte es so, dass der Fußballer die Schlagzeile lesen konnte: Vergewaltigung in Dundee – Nachahmungstäter schlägt zu! »Ich wüsste gerne, wo Sie in der Nacht von Freitag auf Samstag waren.«
»Kein Problem – ich war mit Ashley zusammen, nich’ wahr, Schatz?«
Logan beobachtete, wie sie die rechte Hand nervös zu der Goldkette mit dem funkelnden Rubin hob, die sie um den Hals trug. Sie nickte. »Ja, er war die ganze Nacht mit mir zusammen.« Und dann setzte sie ihr betörendstes Lächeln auf. »Geschnarcht hat er wie eine Kreissäge.«
»Hör’n Sie nich’ auf die«, sagte Macintyre. »Ich hab nich’ geschnarcht!«
»Doch, das hast du, du …«
Insch unterbrach das reizende Geplänkel der Verlobten. »Wo? Wo haben Sie die Nacht zusammen verbracht?«
»Im Bett«, antwortete Macintyre.
»In der Stadt«, antwortete Ashley gleichzeitig. Sie errötete und warf ein Sofakissen nach ihrem Zukünftigen. »Wir sind zuerst etwas trinken gegangen, und dann haben wir noch was zu essen mitgenommen und den Rest der Nacht hier verbracht.«
»Das stimmt«, bestätigte seine Mutter, die gerade die Marmeladentörtchen und die Tunnock’s Tea Cakes herumreichte. »Ich war hier, als sie nach Hause gekommen sind.«
Insch starrte sie an. »Sagen Sie bloß, er wohnt noch zu Hause bei seiner Mama.«
» Ich wohn bei ihm . Das is’ das Haus von meinem Robby. Alles bar bezahlt, ohne Hypothek. Welcher Sohn kann einem das schon bieten?«
Insch fragte die beiden noch, in welchem Pub sie waren und wo sie sich das Essen gekauft hatten. Logan schrieb alles genau mit – er wusste, dass es wahrscheinlich an ihm hängen bleiben würde, ihre Alibis zu überprüfen.
»War’s das, Inspector?«, fragte der Anwalt. »Dann würde ich sagen, dass mein Mandant Ihnen jetzt genug von seiner kostbaren Zeit zur
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