Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
die Augen zusammenkniff und den Schnauzer und das Ziegenbärtchen zu ignorieren versuchte.
Nachdem Logan sich vergewissert hatte, dass jedes Foto auf der Rückseite mit den Titeln der entsprechenden Filme versehen war, machte er sich auf die Suche nach Insch.
Von seinem Fußballergehalt hatte Rob Macintyre sich ein großes Granithaus in einer der exklusiveren Seitenstraßen am nobleren Ende der Great Western Road geleistet, und dazu einen nagelneuen silbernen Porsche 911, der in der Einfahrt stand und den blaugrauen Himmel reflektierte. Laut Auskunft der Zulassungsstelle besaß der 21-Jährige auch noch einen Mercedes und einen Audi Kombi. Alle mit individuellen Kennzeichen. Logan bekam allmählich den Eindruck, dass Macintyre sein Geld genauso schnell ausgab, wie er es verdiente, und mit Begeisterung das in Aberdeen so beliebte Spielchen »Mein Haus, mein Auto, meine Rolex« mitspielte.
Inschs dreckverkrusteter Range Rover wirkte entschieden fehl am Platz. Der Inspector saß am Steuer, starrte zum Haus hinauf und mampfte sich durch eine Rolle Pfefferminzbonbons. »Haben Sie gesehen, was die Zeitung heute Morgen schreibt?«
»Das Übliche. Man sollte meinen, sie müssten es allmählich leid sein, ständig auf uns rumzuhacken.« Die Schlagzeile in der P&J : Achtjähriger Mörder narrt die Polizei! – Colin Miller wieder einmal. Hämisch ließ er sich darüber aus, dass die Grampian Police nicht in der Lage sei, den eigenen Hintern zu finden, geschweige denn Sean Morrison. Selbst für einen Miller war die Kritik ungewöhnlich ätzend.
Logan öffnete sein Fenster einen Spalt breit, um ein bisschen frische Luft hereinzulassen. Das ganze Auto stank nach nassem Hund. »Was zum Teufel sollen wir denn machen – etwa die ganze Stadt mit der Lupe absuchen? Bloß weil er erst acht ist, muss er noch lange nicht …« Das Gesicht des Inspectors hatte sich umwölkt. »Was?«
»Nicht Ihr blödes vermisstes Kind – die Vergewaltigung in Dundee!« Er schüttelte den Kopf und stieg schwerfällig aus dem Wagen. »Na los, kommen Sie – wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Mr. Macintyre hat uns gnädigerweise zwanzig Minuten seiner Zeit gewährt, und die will ich nicht damit vergeuden, hier zu hocken und Ihnen beim Jammern zuzuhören!«
Eine erstaunlich hübsche Messingblondine führte sie in das Macintyre’sche Heim. Sie trug ein Dekolleté zur Schau, das es schwer machte, sich auf ihr Gesicht zu konzentrieren, zusätzlich betont durch einen Rubin an einer Goldkette, der zwischen ihren Brüsten prangte. An ihrer Hand funkelte ein Verlobungsring von der Größe eines Lollis, und Beine hatte sie wie eine Varietétänzerin. Die klassische Fußballerbraut. Sie konnte höchstens im vierten Monat schwanger sein – der kleine Bauch kunstvoll eingerahmt von einer tief sitzenden Hose, einem kurzen, weit ausgeschnittenen T-Shirt und einer offenen Bluse. Im Nabel glitzerte einladend ein Rubin-Piercing. »Ich verstehe nicht, wieso Sie ihn nicht in Frieden lassen können!«, sagte sie, als sie durch den Flur voranging. »Er hat nie einem Menschen etwas zuleide getan! Sie sollten lieber die echten Ganoven fangen, anstatt hier meinen Robert zu belästigen …«
Drinnen sah es aus wie in einer IKEA-Werbung – klassisch schlichte Formen und helles Holz, geschmackvolle Fotografien und Kunstdrucke, Muscheln und merkwürdige kleine Glasobjekte in Holzrahmen. Nichts davon wirkte echt – es schien, als sei das Haus komplett mit allem Drum und Dran aus dem Katalog gekauft worden und nicht über Jahre gewachsen. Seelenlos. Und irgendwie hatte Logan mehr protzigen Schmuck erwartet.
Macintyre saß im Wohnzimmer, die Füße auf den Couchtisch gelegt, eine Dose Cola in der einen und ein Telefon in der anderen Hand, in das er in breitestem Aberdonian hineinsprach. Seine Verlobte knurrte herrisch: »Füße!«, worauf er blitzschnell zusammenfuhr, die Beine anzog und die Füße unter den Tisch stellte, als hätte sie ihn mit kochendem Wasser übergossen. Dann legte er die Hand über den Hörer und entschuldigte sich bei seiner Liebsten. Logan war dem Mann noch nie persönlich begegnet; bis jetzt hatte er ihn nur im Gerichtssaal, im Fernsehen und bei der Arbeit im Pittodrie-Stadion erlebt. Einen Moment lang versuchte er sich vorzustellen, wie der hässliche kleine Kerl diese arme Frau aus Dundee zu Boden zwang und ihr das Gesicht zerschnitt.
Falls er es wirklich gewesen war, hatte Jackie recht: Dann hatte der Kerl mehr als nur einen kräftigen Tritt
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