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Der erste Verdacht

Der erste Verdacht

Titel: Der erste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Windelpreise. Für Irene war das alles schon sehr weit weg. Nächsten Sommer würden ihre Töchter ausziehen. Dann hatten beide das Gymnasium beendet. Katarina wollte vor dem Studium ein Jahr lang in Australien jobben. Sie wusste noch nicht, was sie machen wollte. Jenny wollte sich ganz ihrer Band Polo widmen, die in Göteborg und Umgebung inzwischen recht erfolgreich war.
    »Åhlén hat auch noch auf was anderes hingewiesen. Die Alarmanlage des Hauses war abgestellt. Er hatte den Eindruck, dass sie noch nicht endgültig installiert ist«, fuhr Irene fort.
    »Nichts wird je rechtzeitig fertig«, meinte Tommy.
    »Gegen Mittag sind Jonny und Fredrik wieder hier und erstatten über den Doppelmord in Långedrag Bericht. Bisher wissen wir nur, dass es sich um zwei erschossene Männer handelt«, sagte der Kommissar.
    »Konnten sie nicht identifiziert werden?«, fragte Birgitta.
    »Nein. Noch nicht.«
    Irene trank den kalten Rest aus ihrem Kaffeebecher und beschloss, ihn rasch noch einmal aufzufüllen. Ihren morgendlichen Koffeinbedarf hatte sie bei weitem noch nicht befriedigt, und das war nötig, wenn sie sich auf ihr eigenes Mordopfer konzentrieren wollte.
    »In dieser Stadt sind eindeutig zu viele Schusswaffen in Umlauf«, murmelte sie auf dem Weg zum Kaffeeautomaten.
    Als Irene in der Wohnung in Vasastan anrief, ging Sanna Kaegler-Ceders Mutter an den Apparat und erklärte, Sanna habe auf Anweisung ihres Arztes am gestrigen Abend und in der Nacht einige Schlaf- und Beruhigungsmittel genommen. Man würde erst im Lauf des Nachmittags mit ihr sprechen können. Sie einigten sich darauf, dass Irene sie um 14 Uhr aufsuchen würde.
    »Das war das. Was machen wir jetzt?«, fragte Irene Tommy.
    Er saß ihr gegenüber und fuhrwerkte mit einem Wattestäbchen in seinem Ohr herum. Diese Angewohnheit war äußerst irritierend, Irene hatte ihn mehr als einmal darauf hingewiesen, dass es gefährlich sein könnte. »Mein Doktor hat früher immer gesagt, dass man nichts Spitzeres als den Ellbogen in den Gehörgang schieben sollte«, ermahnte sie ihn.
    »Klar«, erwiderte Tommy, drehte das Wattestäbchen um und begann, im anderen Ohr herumzupulen.
    Wie ein altes Ehepaar! dachte Irene oft, sprach es aber nicht aus. Sie hatten zusammen an der Polizeihochschule in Stockholm studiert und sich dort angefreundet, da sie die einzigen richtigen Göteborger ihres Jahrgangs gewesen waren. Zwei Typen aus Kungsbacka und eine Frau aus Stenungsund kamen zwar auch aus ihrer Gegend, aber eben nicht direkt aus Göteborg.
    Tommy hielt, das Wattestäbchen im Ohr, inne und sagte nachdenklich: »Ich denke an diese erste Frau von Ceder. Du weißt, die mit dem Segelunfall. Vielleicht sollten wir uns mal darum kümmern.«
    »Glaubst du, dass es was mit dem Mord an Kjell Bengtsson Ceder zu tun haben könnte? Wofür steht übrigens dieses Bengtsson?«
    »Bengtsson. Das habe ich gestern in Erfahrung gebracht. Nein, ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es einen Zusammenhang zwischen diesem Unfall und dem Mord gibt. Ich finde es nur auffällig, dass sie beide keines natürlichen Todes gestorben sind. Du weißt, Statistik. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Eheleute mit fünfzehn Jahren Abstand eines gewaltsamen Todes sterben?«
    Irene dachte eine Weile darüber nach.
    »Du hast Recht. Laut der Stridner hat er eine Menge Geld geerbt. Da erwachen wirklich meine Schnüfflerinstinkte.«
    »Und seinen Instinkten sollte man nachgeben.«
    »Tu das. Ich fahr nach Askim und schau mich dort mal um«, meinte Irene.
     
    Das Haus der Kaegler-Ceders lag auf einer Anhöhe. Etwas unterhalb verlief eine schmale, asphaltierte Straße. Auch die Auffahrt bis zum Garagentor war asphaltiert. Von der Garage führten Steinplatten zur breiten Eingangstreppe. Im Übrigen war alles eine trostlose Schlammwüste. Keine Büsche, von Bäumen ganz zu schweigen, offen in alle Richtungen. Die Lage war ideal, um bei den Nachbarn zu klopfen und Fragen zu stellen; irgendjemand musste was gesehen haben.
    Aber niemand hatte auch nur das Geringste gesehen. Das Haus lag abgeschieden, und bis zum nächsten Nachbarn waren es fast einhundert Meter. Die vier Nachbarhäuser, von Architekten entworfene Luxusvillen aus den achtziger Jahren, lagen gleich am Anfang der schmalen Straße. Die Bewohner der ersten hielten sich seit einigen Wochen irgendwo am Mittelmeer in der Sonne auf. Offenbar handelte es sich um Pensionäre, die laut ihrer mitteilsamen Nachbarin erst Ende des Monats zurückerwartet wurden.

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