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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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hergestellten Waren einer fünfzehnjährigen Gebrauchsgarantie unterliegen sollen, hat bis heute dazu geführt, daß über fünfzehntausend Billiganbieter ihre Produktion eingestellt haben.“
    Ich lag da und lauschte der Rundfunksendung, die den Bericht des Präsidenten zur Lage der Nation übertrug. Seine Worte waren zwar klar zu hören, aber ihre Bedeutung entging mir. „Wir sollten die erfolgreichen Hersteller haltbarerer Waren dadurch belohnen, daß wir die Garantiezeit auf fünfzig Jahre erhöhen.“
    Als ich langsam zu mir kam, stellte ich fest, daß ich mit dem Gesicht nach unten auf meinem Schlafsack lag. Der Zipper des Reißverschlusses stand hoch und drückte schmerzhaft gegen meine Wange. Ich mußte umgefallen sein. An meinem Rücken zog es. Ich fror und hatte Schmerzen. Dann fiel mir auf, daß ich ohne eine Decke oder ein Hemd dalag. Man hatte mir die Hosen bis zu den Knien heruntergezogen, so daß sie wie eine Fessel wirkten. Meine Rückenhaut brannte und tat weh. Ich spürte meine Knochen – wie nach einem harten Kampf. Das Stechen in meinem Rücken deutete auf Ärger hin und erinnerte mich an einen Sonnenbrand, den man besser nicht berührt. Wenn ich mich bewegte, würde es schmerzen. Ich versuchte mich zu erinnern, was geschehen war. Am Dienstag hatte die Bande ein Ding drehen wollen. Ich hatte vorgehabt, es Larry auszureden. Irgendein Witz auf meine Kosten, über den alle lachten. All das schien fern von mir und vage. Das Radio meldete sich wieder: „Sie hörten den Bericht des Präsidenten zur Lage der Nation.“ Und dann: „Gestern wurden die Bewohner der New Yorker Stadtteile Manhattan und Brooklyn dadurch aufgeschreckt, daß all die fast völlig vergessenen Luftschutzsirenen zu heulen anfingen. Noch während dieses Ereignis untersucht wurde, schlugen sämtliche Feuersirenen an und eine Stunde später die Alarmanlagen des größten Teils der großen Fabriken, Lager- und Warenhäuser, die eine halbe Stunde später noch einmal klingelten.
    Die Nachrichtenredaktionen der Rundfunk- und TV-Stationen haben eine Nachricht erhalten, laut der Larrys Überfallkommando für den ohrenbetäubenden Lärm verantwortlich zeichnet. Die Bande will damit demonstrieren, daß sie immer noch Kontrolle über das städtische Dienstleistungsprogramm ausübt und Sabotageanleitungen an den Meistbietenden verkaufen kann. Das Schreiben war mir ‚Larry’ unterzeichnet. Carl Hodges, der Spitzenexperte der städtischen Computeranlage, sagte allerdings gestern in einem Interview, man habe seine Erinnerung an die Zeit seiner Gefangennahme durch die Halbstarkenbande einer umfassenden hypnotischen Verhörtherapie unterzogen und keine Hinweise gefunden, daß er den jugendlichen Kriminellen weitere gefährliche Informationen gegeben habe. Was sie von ihm wußten, haben sie bereits verwendet. ,Soweit ich weiß’, sagte Carl Hodges, ‚kann Larrys Überfallkommando die Stadt in keine neuen Gefahren stürzen.’“
    „Das glaubt aber auch nur ihr“, sagte Larrys Stimme. Das Radio wurde plötzlich abgeschaltet.
    „Geht’s dir gut, George?“
    Das Telefon klingelte. Das Telefon? Mir fiel ein, daß Larry vorgehabt hatte, von der Telefonzelle auf der anderen Seite des U-Bahn-Tunnels eine Leitung in sein Versteck zu ziehen. Ich hörte, wie er mit verstellter Stimme antwortete, bewegte den Kopf, öffnete ein Auge und beobachtete ihn dabei, wie er durch eine Aluminiumfolie sprach, um den polizeilichen Stimmprüfern zu entgehen, die alle Gespräche überwachten. „Geht’s dir gut, George?“
    „Mhm.“ Ich setzte mich hin, ließ den brüllenden Schmerz in meiner gespannten Rückenhaut abklingen (es tat nicht so weh wie ein Sonnenbrand) und stand dann auf. Eilig zog ich mir die Hosen hoch und schlüpfte langsam und vorsichtig in ein Hemd.
    „Klar, alles in Ordnung. Mir geht’s gut. Was war denn überhaupt los?“
    „Hast dich wohl mit Weeny gekloppt. Schätze, du hast verloren. Hast eben Pech gehabt. Bist wohl gestolpert, und da ist’s passiert.“
    Da er nicht die ganze Wahrheit sagte und sich deswegen schämte, sah er weg, um mir nicht in die Augen sehen zu müssen. „Tut mir leid. Ich war nicht da, sonst hätte ich was unternommen.“ Der Junge war dünner geworden. Sein Gesicht und sein Haar sahen schmutzig aus, denn die schwarze Farbe war zerlaufen. Er strahlte Furchtvibrationen aus. „Streck den Arm aus, George. Dein Rücken sieht schlimm aus. Du brauchst ein Antibiotikum.“
    Ich streckte einen Arm durch die

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