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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Gitterstäbe und spürte, wie die Nadel in ihn eindrang. „Welchen Tag haben wir heute, Larry? Wenn es Mittwoch ist, muß ich mich feinmachen und bei der Rettungsbrigade melden.“ Ich hatte einen komischen Geschmack im Mund – das kam wohl von meinem Blutkreislauf, in dem die grünen Tranquilizer steckten. Der Raum wirkte größer und wärmer.
    „Es ist nicht Mittwoch.“ Larry musterte mich aufmerksam aus halb zusammengekniffenen, grünen Augen. Er bewegte sich nicht und hatte die tropfende Spritze noch in der Hand.
    „Es gibt überhaupt keinen Mittwoch – bloß Dienstag und Donnerstag.“
    Das hatte seine Stimme schon mal gesagt, so oft, daß ich mich nicht erinnern konnte, wie oft. Der Mittwoch war verschwunden. Wie lustig. Ich fing an zu lachen. Als ich lachte, entspannte Larry sich. Er bewegte sich und lächelte. Dann legte er die Spritze weg und gab mir einen Vierteldollar. „Nimm, damit du aus dem Käfig rauskommst, George. Wir werden in der Stadt noch ein paar große Sachen abziehen, und zwar heute. Ich werd’ dich nicht noch einmal allein hier zurücklassen. Von jetzt an sind wir Kumpels. Egal, was ich auch mache, du wirst mir dabei helfen.“
     
    George wurde seit zehn Tagen vermißt.
    Ahmed verbrachte einen halben Tag mit den üblichen Aufgaben, die ein Agent der Rettungsbrigade zu erledigen hat, wenn er Schwierigkeiten von vornherein unterbinden will, und kehrte dann ins Polizeipräsidium zurück, um seine Dienste beim Aufspüren der Larry-Rubaschow-Bande anzubieten. Man hatte ihn zwar an die Kriminalpolizei überstellt, aber wirkliche Hilfe konnte er noch nicht bieten. Er wartete darauf, daß George sich von der Bande trennte. Erst dann wollte er sie hochgehen lassen.
    Aber wie lange sollte er noch warten? Die Bande war auf Draht, hatte eine Menge Glück und schlüpfte durch alle Netze. Sie hatte eine Reihe unerklärlicher Diebstähle begangen, und Larry hatte überall die Nachricht hinterlassen, daß die Kommunen ihn dafür bezahlen sollten, um seinen Schutz gegen irgendwelche Sabotageaktionen zu bekommen, Das Glück der Bande konnte man sich nur dadurch erklären, daß George sie mit seinen ESP-Fähigkeiten unterstützte. Und mit jedem verstreichenden Tag wurde es wahrscheinlicher, daß Larry irgend etwas bombardieren oder eine größere Sabotagesache durchziehen würde, bevor man ihn zu fassen kriegte.
    Es war Ahmeds Pflicht, die Bande festzunehmen, auch wenn George ihm dabei durch die Lappen ging. Den breiten Mund zu einer schmalen Linie zusammengepreßt, stand er am Schwarzen Brett und starrte gedankenverloren vor sich hin.
    Der Datenkoordinator, der den Fall Larrys Überfallkommando bearbeitete, telefonierte gerade, und auf seinem Schreibtisch stapelten sich die zahllosen Berichte jener Suchtrupps, die nichts gefunden hatten. Er legte eine Hand über die Muschel und sagte: „Ahmed, wühl’ doch mal für mich den eingegangenen Papierkram durch und schau’ nach, ob ’ne heiße Spur dabei ist.“
    Ahmed setzte sich auf den Rand des nächststehenden Tisches, nahm einen Umschlag aus dem Kästchen mit den Eingängen und öffnete ihn. Er schüttelte den Umschlag, und ein Foto fiel heraus. Es zeigte einen hochgewachsenen, ältlichen Unbekannten in einem Anzug Modell 1950, einen gereckt dastehenden, vornehm aussehenden Mann mit steinernen Zügen. Was die Haltung seines Oberkörpers anging, so kam sie Ahmed irgendwie seltsam bekannt vor. Die Arme des Mannes standen leicht von seinem Körper ab, seine Hände waren zu Schalen geformt. Es waren die Hände eines Mannes, der, während er etwas tat, nachdachte; die Hände eines Menschen, der beim Denken die Finger bewegte. Wie George.
    Ahmed öffnete einen Schnellhefter und fand eine maschinengeschriebene Liste all jener Gegenstände, die während der zweiten Welle der die ganze Stadt betreffenden Alarmauslösewelle abhanden gekommen waren. Die Liste war lang und bezog sich auf zwölf verschiedene Orte, da sich möglicherweise noch eine Reihe anderer Diebe ihrer Chancen bewußt geworden waren, nachdem die erste Alarmwelle geendet hatte: Wenn in der ganzen Stadt Alarm ausgelöst wurde, war das für sie ebensogut, als wenn überall die Alarmanlagen ausgeschaltet waren, und deshalb hatten sie sich beim zweiten Mal mit allerlei Sachen aus dem Staube gemacht. Aber trotzdem: Einige der in der Liste verzeichneten Gegenstände waren möglicherweise sorgfältig ausgewählt und von Larry und seinen Leuten mitgenommen worden. Diese Gegenstände konnten

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